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[ox] Re: pro "zensur" plus



On Friday 12 September 2003 14:05, Casimir Purzelbaum wrote:
Es scheint mir wichtig festzustellen: wenn nach "Zensur" gerufen
wurde, dann gibt es offenbar 'in der Community' ein Bedürfnis nach
Zensur.

Ja. Das nehme ich auch ernst.

Diesem Bedürfnis sollte eigentlich, einige Millionen Jahre nach
Erfindung der Arbeitsteilung, direkt befriedigt werden können, ohne
daß jeder Einzelne den damit verbundenen Aufwand treiben muß. Wichtig
ist dabei höchstens die Wahlmöglichkeit -- wer seine Klamotten selber

Arbeitsteilung ist IMHO gar kein Argument. Hier geht es um die (Streit-) 
Frage: Repräsentative Zensur oder individueller Schutz ohne Zensur.
[Mal ausgeklammert, dass Arbeitsteilung vielleicht einige tausend und 
nicht einige Millionen Jahre alt ist - aber vielleicht wolltest du ja nur 
ein "Bild" für "ewig her" machen...]

Fazit: Wer "Zensur" will, soll sie haben können! Warum auch nicht? Im
Gegenteil zur wirklichen Zensur zeichnet sich eine solche "Zensur"
dadurch aus, daß sie nicht absolut ist.

Wer Schutz haben will, soll den haben.

Daher halte ich eine Parallelität von vier Ansätzen mit entsprechender
individueller Wahlmöglichkeit für durchaus sinnvoll:

- Überflutung (alles was die Software hergibt, inkl. Spam, Schrott
(...)
- "Zensur" (ein oder mehrere "Zensoren" sortieren das Rohmaterial in
(...)
- Ranking (jeder, der Lust hat, gibt seine Meinung ab..., in
(...)
- Web of trust (wie bei Ranking, außer daß die Schwellwert-Skala
(...)

Eines fehlt: Individueller Schutz. Das ist niedrigschwelliger als ein (von 
mir bevorzugtes) Web-of-trust.

Da alle diese Mechanismen Vor- und Nachteile haben, sollten sie 1)
kombiniert eingesetzt und 2) permanent geändert oder 3) temporär
ausgeschaltet werden können. (2. und 3. sollten eigentlich kein
Problem sein, 1. ist "nur" ein technisches Problem (bzw. Aufwands~).)

Ja, aber auch das nehme ich ernst, ganz sicher;-)

Weder Ranking noch Web-of-Trust heben den Effekt auf, daß sich jemand
schämt, selbst ein Projekt bei OT zu laufen zu haben. (Kann man
sich zwar drüber lustig machen, kann man aber auch ernst nehmen.)

Ja, nehme ich auch ernst.

 > Um es allgemeiner zu fassen: Den Leuten Mittel in die Hand zu
 > geben, damit sie selbst handlungsfähiger werden und das auch selbst
 > entscheiden, unterscheidet sich von dem Ansatz, Repräsentanten zu
 > haben, die für die Leute den Job machen.

Halte ich für rückschrittlich -- siehe Erwähnung der Arbeitsteilung:

<Fundamentalargument>
  <!-- bitte nicht so ernst nehmen! -->
  genauso wie die Idee (utopisch oder nicht), jedem soundsoviele
  Hektar Land zuzuteilen, auf deren Grundlage er dann seine Werkzeuge
  und Nahrung angeblich selber herstellen kann.
</Fundamentalargument>

Dein Argument halte ich für rückschrittlich: Wir leben nicht mehr in der 
"Agrar-Epoche", sondern befinden uns im Übergang von der "Mittel-Epoche" 
zur "Epoche der Selbstentfaltung der Menschen". Technisch bedeutet es im 
günstigen Falle einen Mausklick.

Aber lieber ein konkretes Beispiel: Warum sollte es sinnvoll sein,
jedem die Konstruktion von Spam-Filtern selber zur Last zu legen:

Im Debian-Projekt kann man das den Entwicklern wohl zumuten, bei ot den 
Leuten eher nicht - Zustimmung.

Belästigung bleibt Belästigung, auch die Beschäftigung mit der Abwehr
von Belästigungen ist lästig.  Warum sollte man das nicht delegieren
dürfen?!

Web-of-trust wäre eine Delegation. Im Unterschied zur allgemeinen 
Zensorengruppe suchst du dir hier dein passendes Vertrauensnetz jedoch 
selbst aus.

Sind zentral erstellte Spam-Erkennungs-Mechanismen oder
Anti-Virus-Programme, die nach Belieben dezentral eingesetzt werden
können oder nicht, schlecht?

Nein, aber wie ich anderenmails erwähnte, arbeiten diese auf der 
syntaktischen Ebene. Wer welches Projekt als Spam _empfindet_, ist von 
der Bedeutung bestimmt, was du nicht automatisieren kannst.

Sollte jeder darauf angewiesen sein,
seine Spamfilter selber zu basteln? ... und seine Antivirusprogramme
selber zu schreiben? ... und Sicherheitslücken in den von ihm
benutzten System selber zu schließen?

Oh, sorry, jetzt wirds schon wieder ein wenig "fundamentalistisch" ;-)

Du bist ungenau, nicht fundamentalistisch.

-- aber im Ernst: ich halte es für absolut unabdingbar, daß bspw. auch
bei Debian ein zentraler Mechanismus für die Schließung von
Sicherheitslücken existiert. Und der funktioniert genauso, wie die von
mir charakterisierte "Zensur": entweder du führst
Sicherheitsaktualisierungen durch oder nicht -- ohne Ranking, ohne
Web-of-Trust, ohne Schnickschnack. Das ist eine binäre Vorgabe. (Soll
heißen: eine Vorgabe mit binärer Entscheidungsmöglichkeit.) Und sie
ist in der Community sehr beliebt! ;-)

Ungenau: Das ist nicht das Thema. Im übrigen nennst du gerade das 
Gegenbeispiel: Entweder _du_ führst individuell die 
Sicherheitsaktualisierungen durch oder nicht. Willst du das auf deinem 
Rechner von jemandem anderes machen lassen - am besten remote?
Debian stellt dafür die Mittel, aber entscheidet nicht für dich.

 > [...] ich ... [habe] gesagt, dass ich was ganz einfaches haben will.

Und das einfachste ist: ... ;-)

Jedenfalls nicht die platte Zensur mit Rausschmeissen. Mein Gegenargument 
ist hier jedoch bloß praktischer Natur (Offenheit von ot) und nicht 
"fundamentalistisch" (sowas wie "niemals Zensur" oder so). Dein Vorschlag 
des "Zensorenteams" halte ich auch für wenig praktikabel (wer sollte das 
machen?). Ausserdem willst du das optional halten. da bekommst du wieder 
das Lernproblem rein, weil die Sache komplizierter wird.

Hinwiederum der Vergleich mit Betriebssystem undso: je einfacher,
desto unflexibler, je flexibler (i.S.v. an die eigenen Bedürfnisse
anpassbar), desto abschreckender/ausgrenzender.  Deshalb ist der
Versuch, beides miteinander zu kombinieren und dem "Opfer" wenigstens
die Wahl zu lassen ob einfach oder flexibel, ein Grundmotiv (nicht
nur) der GNU/Linux-Entwicklung.

Ja.

Daher meine Betonung der Kombination aller vier genannten Mechanismen:
Die Kombination(smöglichkeit) würde es auch für den einen oder anderen
erleichtern, sich von der Zensurentscheidung hin zur
selbst-gestaltenden Nutzung von Informationsangeboten zu entwickeln.

Wenn du es optional hältst, ist es kompliziert, wenn du es zwangsweise 
machst, dann endet ot - IMHO.

Mit anderen Worten: wenn OT nicht "zensiert" ist, wird es u.U. von
potentiell interessierten Leuten als Ganzes weg-"zensiert" -- dadurch
verlören sowohl sie als auch, die die mitmachen, -- und das Interesse,
sich mit Ranking- und Weboftrust-Mechanismen usw. zu befassen, wird
erst gar nicht geweckt. Vertane Möglichkeiten :-(

Diese Logik verstehe ich nicht: Zensur als Verausetzung für Nicht-Zensur?

Dagegen hilft Quarantäne: Neue Projekte landen in einer stillen Zone
(-- lieber kurz alle neuen Projekte einfrieren als DAS Projekt
einzufrieren :-); "Zensoren" werden über diese neue Projekte
informiert; wer von ihnen als erster Zeit hat, guckt kurz drauf und
entscheidet: entweder er verschiebt es auf den OT-Schrottplatz oder
ins OT-Reservoir. (-- Oder er ruft um (Entscheidungs-)Hilfe oder läßt
es links liegen; und was nach sechs oder zwölf oder 24 Stunden immer
noch in Quarantäne liegt, erzeugt eine erneute Nachricht an die
"Zensoren"-Gemeinde. Wenn es mehrere sind, dann schaffen sie es
vielleicht, eine gute Durchschnitts-Abarbeit!ungszeit zu
gewährleisten).

Im Unterschied zum Web-of-trust entscheiden hier die Zensoren für alle.

Wonach der "Zensor" entscheidet, ist seine Sache: Author oder
Titel oder Inhalt... -- völlig schnuppe! Es soll ja keine
Interessantheitswertung sein, sondern eine Spam-Entscheidung. Der
Schrottplatz ist öffentlich zugänglich und kann sowohl in Ranking als
auch WebofTrust-Bewertungen einbezogen werden. Wenn eine Entscheidung
fragwürdig ist, wird diskutiert.  Eine Zuweisung kann revidiert
werden, aber nicht ohne vorherige Diskussion (öffentlich oder unter
den "Zensoren").

Was aber ist Spam? Dafür gibt es keine objektivierbaren Kriterien.

Selbst in dieser sicher an sich schon sehr umstrittenen Modellierung
stellen sich zwei spannenden Fragen:

1) Woher kommen die "Zensoren"?

- Ernennung durch Maintainer;
- Selbsternennung 8-) (sollte'n Witz sein)
- Wahl (womit wir wieder bei der Verkomplizierung wären!)

Ja, kompliziert.

2) Sind Ihre e-mail-Adressen öffentlich? bzw.: wie kann verhindert
   werden, daß sie sich dann persönlich von den Spammern zumüllen
   bzw. vollpöbeln lassen müssen?

Noch mehr Kompliziertheit.

(aber wer das hier noch liest, ist vielleicht auch nicht so entsetzt
ob dieser "Dreistigkeit" ;-) Das hätte ich glatt gern als OT-Projekt
zur Diskussion gestellt, aber das ist ja gerade eingefroren ;-(

Na, wir können ja hier diskutieren - oder sollen wir nach [chox] ins Exil 
gehen?

Ciao,
Stefan

-- 
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