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Re: [ox] Freie Software und Eigentum an Informationsguetern



hallo stefan, hallo liste

On Mon, 28 Jul 2003 14:02:00 [PHONE NUMBER REMOVED], Sabine Nuss <sabine.nuss prokla.de> wrote:

Könntest Du das noch näher ausführen, wieso am Eigentum "materieller Konsum" und "Geheimnisse" positiv sind, bzw. was das bedeuten soll?

Nun ganz simpel den Apfel, der mir per Rechtstitel gehört, kann ich
ungestörter konsumieren, da der Rechtstitel mir quasi die Gewaltmittel
in die Hand gibt, wenn andere mich davon abhalten wollen. Das finde
ich ein nützliches Ding am Eigentum, das auch in einer
emanzipatorischen Vision auf irgend eine Weise gegeben sein sollte.

Naja, das setzt ja aber stillschweigend schon voraus, dass es Leute gibt, die Dir den Apfel wegnehmen wollen. Wenn wir schon von einer "emanzipatorischen Vision" ausgehen, dann ist das doch gerade nicht die Regel, oder? .....

sabine zweifelt die unausgesprochenen voraussetzungen an. das ist immer eine möglichkeit, mit kritik anzusetzen. eine zweite ist: genauer hinzuschauen. bei der positiven bezugnahme auf gewaltmittel bei ebenso positiver bezugnahme auf eigentum möchte ich diese (soviel nehme ich vorweg: vermeintliche) möglichkeit der nutzung von gewaltmitteln genauer angeschaut haben.

welche gewaltmittel hast du als kleiner apfeleigentümer denn in der hand? meinst du direkte notwehrmaßnahmen, beabsichtigst du dich zu bewaffnen, um deinen apfel zu verteidigen - dieser notstandsituation zieht der gesetzgeber wohlweislich enge grenzen (§34 stgb)? bleibt als gewaltmittel die polizei zu hilfe zu rufen. wenn letzteres, dann möchte ich das apfelbeispiel ins autoradiobeispiel transformieren und an die erfolgsbemühungen und -quoten der polizei bei radioklau erinnern. die sind ja schon so genervt auf der wache, dass ich mich schuldig fühle auch nur anzeige zu erstatten in so einer sache...

damit will ich auf den eigentlichen zweck der polizei als staatlichem gewaltapparat zu reden kommen: zweck der polizei ist zunächst die staatsicherheit (bürgerlicher staat als garant für die rahmenbedingungen kapitalistischer wirtschaft) und dann eben die tatsächliche gewährleistung der wichtigsten institutionen der vom staat geregelten wirtschaftsform: u.a. das privateigentum.

in unserem falle genauer: zweck der polizei ist die aufrechterhaltung des eigentumsregimes als ganzem und nicht die prävention und aufklärung jedes noch so kleinen einzelnen delikts. daher sind autoradio-und eben auch apfeleigentumsdelikte tendenziell egal. entscheidend ist, dass sie sich nicht zu einem maß häufen, das die eigentumsordnung im ganzen ins wanken bringt. oder dass sie zu einem beispiel werden, wie die eigentumsordnung unterlaufen werden kann. das wäre der fall, wenn äpfel und radios mit politischem bewußtsein und organisiert gestohlen oder vielmehr umverteilt würden. und daher reagiert die polizei auch so allergisch auf hausbesetzungen. noch die harmloseste besetzerInnengruppe in der letzten bruchbude provoziert sofort mehrere hundertschaften. könnte ja jeder kommen...

ums nochmal anders zu sagen: autoradio-und wohnraumdiebe werden nicht etwa mit zweierlei mass gemessen - es geht nicht etwa 'ungerecht' zu. sie werden, was den repressionsdruck angeht, zwar 'ungleich' aber eben beide (aus staatlicher sicht) angemessen behandelt, weil sie die eigentumsordnung auf zwei ebenen attackieren: im ersten autoradiobeispiel nämlich gar nicht und im häuserbeispiel fundamental.

zurück zur bemerkung, die meinen einspruch provozierte: ich halte es nicht nur für naiv und gefährlich, bei der suche nach 'wie komme ich aus der eigentumsordnung hinaus' ausgerechnet auf apparate zu setzen, deren zweck die letztendlich mit allen mitteln gewaltsame aufrechterhaltung des eigentumsregimes ist. sondern ich halte es auch für analytisch zu kurz gegriffen, die 'gewaltmittel' als mittel zum schutz von eigentümern zu sehen. das passiert nur nebenbei. der zweck dieser mittel ist der schutz der eigentumsordnung. und da ist dann plötzlich ein eigentümer gleicher als der andere.

gruss
markus ________________________________
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