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Re: [ox] TCPA/Palladium



On Wednesday 04 December 2002 13:31, tian075 gmx.net wrote:
Thomes Uwe Gruettmueller möchte einen universell
programmierbaren PC erhalten.

So, wie es ihn jetzt noch gibt.

Dies bedeutet jedoch, dass
dieser PC immer auch von "Audio-, Video, Softwarepiraten" und
"Crackern" in ihrem Sinne programmierbar ist.

Nicht unbedingt. Daß man CDs und DVDs so einfach rippen kann, 
liegt daran, daß es Laufwerke gibt, die man in den PC einbauen 
kann, mit denen diese Medien auslesbar werden. 

Ich könnte mir Medien und Geräte vorstellen, die einen 
Kopierschutz implementieren, indem gare nicht erst Daten durch 
den PC geschaufelt werden. Dann wären "Raubkopien" nur noch 
möglich als Scans von 35mm-Kinofilmen oder als unprofessionell 
vom Bildschirm abgefilmter, bzw. per Mikrofonen abgelauschter 
Kram.

Die Sache hätte nur zwei Nachteile für die Content-Industrie:

 * Sie müßte sich innerhalb sehr kurzer Zeit von CD und DVD
   verabschieden und alle Leute "überreden", sich die neuen
   Geräte anzuschaffen. (Das ist vielleicht nich ganz einfach:
   CDs gingen mir z.B. lange am Arsch vorbei und DVDs tun es
   noch heute.)

 * Mit dem Vorgehen lassen sich nur zukünftige Werke "schützen"
   (und die Qualität nimmt momentan nicht gerade zu).

Und genau dies
ist die Unterhaltungsindustrie nicht mehr bereit hinzunehmen.
Demnach ist es immer weniger möglich, sich in eine kuschelige
Ecke zurückzuziehen und ansonsten das Feld der
Unterhaltungsindustrie zu überlassen. Ich denke, dass die
Suche nach neuen Prozessortypen letztendlich in die Irre
führt, denn selbst im Erfolgsfall werden einfach Gesetze wie
der CBDTPA verabschiedet, die ihren Einsatz verbieten.

Der Gesetzesentwurf ist blödsinnig. Darin ist nämlich z.B. keine 
Ausnahmeregelung für die Content-Macher vorgesehen. D.h. die 
können dann ihre eigenen Werke nicht kopieren.

Insofern wird man um eine Konfrontation mit den Interessen der
Unterhaltungsindustrie kaum herumkommen. Hierfür wäre es
jedoch sinnvoll, sich möglichst Gedanken über ein
Alternativmodell zu machen und nach Verbündeten zu suchen.
Dies könnten z.B. die P2P-User, aber auch
globalisierungkritische Gruppen wie attac sein.
Als Alternartivmodell schlage ich vor, dass die kulturelle
Produktion in zukunft genauso wie die sozialen
Sicherungssysteme (noch) durch Steuern und Pausachalabgaben,
nicht aber durch Einzelabrechnung finanziert werden.

Pauschalabgaben sind IMHO problematisch aus zwei Gründen:

 * Sie sind im Prinzip steuer-ähnlich, nur landen sie nicht im
   Staatshaushalt, sondern bei privaten Organisationen, wie der
   GEMA. Dies ist in einer Demokratie fragwürdig.

 * Wenn der Staat irgendetwas besteuert, z.B. Alkohol, Tabak,
   Benzin, Fenster etc., dann sind das gewöhnlich Dinge, die als
   verwerflich gelten, und die Steuer dient als Anreiz, weniger
   vom Besteuerten zu konsumieren. Eine Steuer (oder sonstige
   Abgabe) auf Computerhardware erscheint mir daher
   fortschrittshemmend.

Die Finanzierung aus dem allgemeinen Steuersack scheitert BTW an 
der... -> http://www.staatsverschuldung.de

Ich finde es übrigens wichtig, wenn von einer Finanzierung durch 
allgemeine Abgaben die Rede ist, ob damit Projekte unterstützt 
werden, die gerade etwas künstlerisches am Schaffen sind oder ob 
dadurch etwas bereits existierendes bezahlt wird (z.B. in Form 
von Tantiemen). Letzteres finde ich problematisch, da es 

 * eine Verpflichtung darstellt, die sich zukünftiger
   demokratischer Kontrolle entzieht (ähnlich der
   Staatsverschuldung) und

 * nicht als Anreiz für zukünftige Werke dient.

Das staatliche Bezuschussen gerade aktiver Projekte finde ich 
grundsätzlich eine gute Idee, allerdings ist dabei auch die 
Gefahr der Willkür oder sinnlosen Verschwendung vorprogrammiert.

Dies ist
meiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, wie man der
Tyrannei des TCPA entkommen kann. Dieser Vorschlag wirft
allerdings eine ungelöster Probleme auf. Allerdings wird das
Argument, man müsse für etwas bezahlen, wofür man nicht sofort
eine Gegenleistung bekommt, auch dafür genutzt, die sozialen
Sicherungssysteme zu zerschlagen, die ja auf ähnliche Weise
finanziert werden.

Guter Punkt.

Ich sehe einen wesentlichen Unterschied darin, daß die sozialen 
Sicherungssysteme einen ethischen Anspruch haben, nämlich dafür 
zu sorgen, daß hier möglichst niemand aus der Mülltonne essen 
oder unter der Brücke schlafen muß. Dabei sind vermutlich auch 
arbeitslose Künstler mit im System integriert, so daß es bei den 
besprochenen Pauschalabgaben gerde nicht um das 
Nicht-hungern-müssen der Künstler geht.

Daß es auch zukünftig Kinofilme und Konservenmusik geben soll, 
halte ich nicht für einen nicht-hinterfragbaren, ethischen 
Anspruch. D.h. für manche Leute sind diese Sachen Dinge, die das 
Leben schöner machen, so wie es Briefmarken für einen Sammler 
sind; für andere sind sie hingegen möglicherweise so überflüssig 
wie der Steinkohlebergbau. Daß Kinofilme und Konservenmusik 
überlebenswichtig seien, sozusagen ein Menschenrecht, also ein 
unbedingt aufrechtzuerhaltender Wirtschaftszweig, versucht uns 
hingegen bloß die Content-Industrie weiszumachen. Dabei 
argumentiert sie nicht einmal, daß Deutschland im Falle eines 
dritten Weltkrieges daraus Stahl herstellen könne. ;o)

(BTW: (OT) Momentan wird das soziale Sicherungssystem aus einem 
ganz anderen Grund zerschlagen, nämlich, da der Staat meint, 
sich jährlich in der Höhe seiner Militärausgaben¹ neuverschulden 
zu müssen und nicht mehr weiß, woher mit dem ganzen Geld. Statt 
der sozialen Sicherung könnte man aber IMHO auch das Militär 
abschaffen; diese Fehlinvestition wird sich eh nie auszahlen, 
denn wie seit der Spiegel-Affäre bekannt ist, ist es eh nicht in 
der Lage, mal so richtig loszuplündern. ;oþ )

Der Musikgeschmack ist natürlich individuell unterschiedlich
und man sollte nicht den eigenen Geschmack zum Masstab für
andere machen.

Vieles von dem, was heute gekauft und gehört wird, hat nichts 
mit Musikgeschmack zu tun. Z.B. wird manche Musik gehört, weil 
die Leute den Interpreten süß finden; das ist bei Aaaron Carther 
nicht anders als bei Stefanie Hertel. Die dazugehörige Musik 
klingt hingegen ziemlich einfallslos. 

Anderes Beispiel: Im September 1995 habe ich vom Radio ein Lied 
auf Kassette aufgenommen, das mir gut gefallen hat (Das kommt 
seit Mitte der 80er nur noch selten vor). Es war das Stück 
"Macarena" (keine Ahnung von welcher Band), und alle, denen ich 
das Lied vorgespielt habe, meinten dazu: "Bäh, igitt, was ist 
das denn für Musik?" Als einige Monate später (im Frühjahr d.J. 
1996) der (übrigens schlecht gemachte) Videoclip dazu herauskam, 
fanden das Lied plötzlich alle geil. Da wird sich ja wohl kaum 
so schnell der Geschmack geändert haben. Vermutlich lag das nur 
an dem Tanz, der in dem Video vorgestellt wurde... 

Wenn sich jedoch P2P durchsetzen würde, wird
dies den Superstars massiv schaden und langfristig zu einer
diversifizierung des musikalischen Schaffens führen.

Was meinst du mit "durchsetzen"? Das erinnert mich an den 
Spruch: "Linux wird sich nicht durchsetzen"... Die 
Verbreitungsart "Peer-to-Peer" existiert und wird genutzt. Was 
willst du mehr? 

Auch
würde die freie Software von einem solchen Voschlag viel mehr
profitieren als MS, die ein solches System in keinster Weise
akzeptieren würde.

Freie Software wird doch bereits P2P verbreitet...


cu,
Thomas
 }:o{#

¹) 
http://www.bundesfinanzministerium.de/wwwroot-BMF/BMF-.336.15030/.htm
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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