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Re: [ox] Zum Begriff der Herrschaft



Hi ThomasUG, Liste!

Ich versuche mal mich in diesen Thread wieder einzufädeln. Beim Lesen
meines eigenen Krams in den Zitaten fällt mir auf, dass ich vieles
schon wieder vergessen habe :-( .

Last month (40 days ago) Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
Ich habe deinen Diskussionsbeitrag nun zweimal gelesen und komme
damit nicht klar. Irgendwie scheint ihm eine seltsame, nicht dem
alltäglichen Gebrauch entsprechende Definition des Begriffs
"Herrschaft" zu Grunde zu liegen.

Sicher hatte ich darauf schon hingewiesen. Dieser Thread ist zeitlich
sehr weit gespannt und der erste Anfang findet sich in

	http://www.oekonux.de/liste/archive/msg04726.html

Daraus stammt zunächst mal die Basisbedeutung des Begriffs Herrschaft,
die ich als Diskussionsgrundlage gewählt habe. Einfach, weil ich diese
Definitionen nicht uninteressant fand. Ein Stückchen sind wir
vielleicht schon darüber hinaus - aber m.E. nicht weit.

Unter "Herrschaft" verstehe ich eine Teilung der Gesellschaft in
"Herrscher" und "Beherrschte", wobei erstere die Möglichkeit
haben und auch davon Gebrauch machen, letztere zu irgendetwas zu
zwingen, indem irgendwelche Greueltaten angedroht werden (z.B.
beim Militär: Hinrichtung bei Befehlsverweigerung). Diese nennst
du "Machtmittel" und schreibst selbst, daß es sie in
FS-Projekten, sowie im Oekonux-Forum (nahezu) nicht gibt.

Das ist die (m.E.) verkürzte Sicht auf Herrschaft, die ausschließlich
den Einsatz von Machtmitteln (aka Domination) betrachtet. Noch dazu
betrachtest diese Variante den Einsatz von Machtmitteln ausschließlich
als negativ - und kommt sofort in Argumentationsschwierigkeiten, wenn
"die Guten" Machtmittel einsetzen. Der Höhepunkt dieser Argumentation
war irgendwann mal, dass nur der Staat Gewalt ausübt, die RAF aber
nicht.

Die etwas weitergedachte Variante dieser Sichtweise, die auch hier
schon öfter vertreten wurde, ist sich dieser Schwierigkeit bewusst.
Ein Versuch ist dann, Macht in Potentia und Potestas zu zerteilen und
das erste ist gut und das zweite ist schlecht. Dies ist aber m.E. nur
die etwas abstrahierte Version der ersten Variante. Im Zweifelsfall
handelt es sich bei der Tötung eines Menschen immer um einen Gewaltakt
und der ist immer schlimm.

Dieser zweite Ansatz verweist aber im Kern schon auf die Lösung des
Problems, wie es in der oben Darstellung zum Thema Herrschaft dann -
zumindest auf eine Weise - zu Ende gedacht wird: Es gibt legitimen
(aka Potentia) und illegitimen (aka Potestas) Einsatz von
Machtmitteln. Wenn mensch das Problem in dieser Nüchternheit
betrachtet, dann stellt sich natürlich sofort die Frage, wann
Machteinsatz als legitim betrachtet werden kann.

Die Gruppenstandpunktswolke, kommt in der ersten Version gar nicht und
in der zweiten Version nur als amorphe Masse "der Guten" vor. Ob
dieser Begriff der Gruppenstandpunktswolke nötig, sinnvoll, und ggf.
wie zu füllen ist, ist ja noch in der Diskussion. M.E. verweist dieser
Gedanke aber auf eine Möglichkeit, die Frage der Legitimität von
Machteinsatz auf eine Weise zu beantworten, die zumindest jenseits der
persönlichen Willkür liegt. Diese persönliche Willkür ist nämlich
ansonsten die einzige Richtschnur, nach der sich Machteinsatz richtet.
Und das Faustrecht wollten wir doch glaube ich nun wirklich hinter uns
lassen - oder?

Die Frage ist nun, wenn es keinen Machtgebrauch gibt, was bleibt
dann noch von der Herrschaft übrig? Nur der Herrschertitel, so
wie heutzutage der Adelstitel bei Adligen als Namensbestandteil?
Was ist deiner Definition von "Herrschaft" noch zusätzlich
enthalten???

Der Faktor der Repräsentation. Das ist in dem genannten Thread
ausführlich dargestellt.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Organisation: projekt oekonux.de


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