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Re: [ox] Maintainership-Konflikte jenseits von Software



Hi Benja und alle!

So, jetzt mal wieder ein bißchen in Deutsch ;-) . Weil's so lange her
ist, zitiere ich mal wieder ausführlicher.

3 weeks (27 days) ago B Fallenstein wrote:
Stefan Merten schrieb:
Ich versuche dein Beispiel mal in etwas abstrakteren Begriffen zu
fassen.

Schön :-)

:-)

Last week (7 days ago) B Fallenstein wrote:
Ich versuche mal, mir das an dem Beispiel vorzustellen. Wir haben da
also eine "freie Schule/Uni" (free as in speech and free as in time ;-))
und verschiedene Leute mit ziemlich verschiedenen Zielen. Hmm... erst
mal ja noch kein Problem: wenn sie sich gegenseitig respektieren, können
sie ja auch mit unterschiedlichen Zielen und auf unterschiedliche Weise
zusammenarbeiten. Es wird ja z.B. keins gezwungen, sich irgendwelche
Veranstaltungen anzutun, die es blöd organisiert findet.

Dann macht sich die Begrenzung nicht als Knappheit bemerkbar, sondern
sie ist zwar da, mensch kann sich aber damit arrangieren.
...
Wie wird das RaummaintainerIn Maintainer? Vermutlich dadurch, dass es
sagt, "ok, ich mache das." Wenn mehrere Leute mitmachen wollen, machen
sie's zusammen. Wenn keins es macht, machen es alle, d.h. irgendwer wird
wohl alle paar Monate ein großes Pow-wow organisieren, wo die Probleme
gemeinsam bequatscht werden. Oder eine Webseite.

Das diskutiert jetzt die Frage, wie organisieren wir die Lösung eines
bestimmten Sachproblems, das im Zusammenhang mit einer bestimmten
Aktivität auftritt. Hier dürften die Antworten schon sehr
unterschiedlich sein - wie du andeutest.
...
und wer sich
mir widersetzt, das kriegt gar keinen Raum ("sorry, aber das ging jetzt
echt nicht", betont bedauerndes Grinsen).

Ja, das wäre der Fall von Verrücktheit. Abstrakt gesprochen würde ich
sagen, die gefundene Problemlösungsstrategie - in diesem Fall einE
personifizierte RaummaintainerIn - versagt.

Ich finde "Problemlösungsstrategie" hier irreführend. Das klingt nämlich
so, als ob es da eine Gruppe gibt, die hat ein Problem (Raumverteilung).
Jetzt setzt sie sich zusammen und überlegt: Wie können wir dieses
Problem lösen? Sie entscheidet, dass der effizienteste Weg ist, ein
RaummaintainerIn einzusetzen.

Das ist aber genau, wie es im guten Fall _nicht_ funktioniert. Ein
RaummaintainerIn wird nicht eingesetzt: es übernimmt die Aufgabe, weil
sie _seiner_ Selbstentfaltung entspricht. Das können wir mal wieder bei
freier Software sehen-- die Gruppe entscheidet nicht, dass sich jemand
um Problem X kümmern sollte, sondern es meldet sich jemand, das das übernimmt.

Auch wenn ich dir zum konkreten Ablauf zustimmen würde, würde ich es
dennoch abstrakt als ein Problem bezeichnen - hier: die Räume müssen
bedürfnisgerecht / bedarfdeckend verteilt werden - und das macht sich
nicht von alleine.

Für ein Problem braucht es aber eine Problemlösung und eine kohärente
Auswahl an Mitteln würde ich dann als Problemlösungsstrategie
bezeichnen - unabhängig davon, ob das jemensch konkret so bezeichnet
oder nicht. Ich würde also sagen, daß die Problemlösungsstrategie hier
darauf beruht, daß genügend Leute das Problem als Herausforderung an
ihre Selbstentfaltung auffassen können und sich deswegen darum
kümmern. Die heutige Strategie wäre im Gegensatz dazu, jemenschen per
Geld strukturell zu zwingen - oder eine Abstimmung wenn's halt
demokratisch zugehen soll.

Insofern gibt es ein Problem, aber es gibt auf der Gruppenebene keine
Problemlösung, d.h. die Gesamtgruppe *löst* das Problem *nicht*. (Okay,
auf der Ebene drunter geht das RaummaintainerIn das Problem
Raumverteilung natürlich in Rückkoppelung mit der Gesamtgruppe an, aber
es selbst ist jedenfalls keine Problemlösung.) Und eine
"Problemlösungs*strategie*" ist das Ganze schon gar nicht, denn es
handelt sich ja nicht um einen Handlungsplan, sondern ist aus
Gruppenperspektive sozusagen schieres Glück, dass sich jemand findet,
das sich um die Aufgabe kümmert.

Ein konkreter Handlungsplan wäre auch eine Problemlösungs*taktik* ;-) .

Erst wenn es dazu nicht kommt, wenn sich kein RaummaintainerIn findet,
wird die Situation für die Gesamtgruppe überhaupt zum Problem, das sie
lösen muss. *Dann* entwickelt sie eine Problemlösungsstrategie.

Würde ich nicht sagen. Vielmehr gibt es für eine bestimmte menschliche
Kultur für typische Problemlagen typische Problemlösungsstrategien.
Heute z.B. Geld oder Abstimmung. Solche typischen Strategien sind oft
so fundamental in den Köpfen eingebaut, daß die Menschen schon gar
nicht mehr darüber nachdenken. Das ist einerseits gut - wegen der
Entlastungswirkung - und andererseits schlecht - wegen der Gefahr der
Inadäquatheit.

Aber andererseits: die Macht ist nur Macht, wenn die anderen auf sie
hören.

Na ja, es ist schon so, daß die "Macht aus den Gewehrläufen" kommen
kann - dann klingt das "ich verweigere einfach" ein bißchen hohl. Das
können wir uns hier vielleicht - glücklicherweise - nicht mehr so
recht vorstellen, aber in vielen Gegenden der Welt ist das immer noch
sehr real und unsere MitdiskutantInnen in den USA kennen das womöglich
noch alles hautnah.

Vielleicht macht es hier Sinn, zwischen sozialer und physische (oder so)
Macht zu unterscheiden.

Glaube ich nicht. Außerdem sprechen wir hier vor allem von
Gewaltmitteln, die der Macht zur Verfügung stehen.

Wenn ich eine Pistole habe, habe ich physische
Macht.

Nein. Auch dann können Leute sich verweigern. Sie bezahlen nur einen
(nach unserer Wahrnehmung) höheren Preis.

Wenn ich zwanzig Leuten mit Pistolen befehlen kann, was sie zu
tun haben, habe ich soziale Macht über diese Leute, und indirekt
physische Macht über alle anderen. Die Leute, über die ich soziale Macht
habe, können im Prinzip einfach aufhören, mir zu gehorchen, die Leute,
über die ich physische Macht habe, nicht.

Ich denke, daß es wenig Sinn macht, zwischen verschiedenen Macht- /
Gewalttypen zu unterscheiden. Jeder Gewalttyp kann brutal sein und es
gibt genug Fälle, in denen (fast) jede physische Gewaltanwendung
weniger üble Folgen hätte, als eine psychische.

Es sein denn die MaintainerIn hat irgendwelche Machtmittel - wie z.B.
Gewehrläufe. Wie gesagt: Die strukturelle Abwesenheit von Machtmitteln
scheint mir ein ganz wichtiger Punkt.

Ok.

Und das ist übrigens auch noch mal etwas ganz anderes als Macht und
Gegenmacht. Dieses Macht-Gegenmacht-Konzept scheint mir das zu sein,
das klassisch verfolgt wurde und das ich auch in der Freien
Kooperation erkenne.

Um's im Beispiel zu sagen: Hätte die MaintainerIn irgendwelche
Gewaltmittel gegen die Gruppe in der Hand, dann könnte sich die Gruppe
dadurch aus der Gewalt befreien, wenn sie Gewaltmittel gegen die
MaintainerIn in der Hand hat. Wenn wir als strukturelles Gewaltmittel
jetzt mal Geld hernehmen, dann sind wir bei der klassischen
Lohnarbeit: Du tust, was ich will, oder ich zahle dir keinen Lohn
mehr.

Und aus dieser Gewalt- und Aufrüstungsspirale müssen wir raus!

Die Alternative dazu wäre wohl eine gesellschaftliche Ächtung von
Machtmitteln, die sich zur Struktur verdichtet--

Das sehe ich mittlerweile anders. Dein Vorschlag wäre letztlich auch
wieder nur ein moralischer. Da aber bekanntlich "erst das Fressen und
dann die Moral" kommt, ist das wenig tragfähig - gerade in Krisen, wo
es am meisten gebraucht würde.

Ich tendiere inzwischen sehr stark dahin, mir eine Gesellschaft
vorzustellen in der es *nicht mehr in irgendjemensches Interesse
liegt* Gewalt anzuwenden. In der Freien Software können wir das m.E.
schon ein ganzes Stück weit sehen. Jedenfalls kann ich nicht erkennen,
daß Gewaltanwendung da irgendwem etwas bringen würde.

d.h. z.B., Waffen zu
bauen und andere damit zu bedrohen, wäre so undenkbar wie es heute
undenkbar ist, einen Computer zu bauen ohne dass Geld fließt. Es würden
einfach zu wenig Leute beim Waffenbauen mitmachen, als dass gefährliche
Waffen zu Stande kommen könnten.

Ich denke, wir können ziemlich sicher sagen, dass es immer gewalttätige
Leute geben wird. Aber im Gegensatz zur Rhetorik der Kriegstreiber heute
könnten wir zu einem Punkt kommen, wo Machtmittel wie
Massenvernichtungswaffen *strukturell* unmöglich werden-- ohne dass alle
Menschen plötzlich "gut" werden müssten. --

Nicht strukturell unmöglich - strukturell blödsinnig reicht schon :-) .

Wenn ich darüber nachdenke:
ich glaube, das ist die *einzige* Möglichkeit, wie Pazifismus
funktionieren kann. Dass sich mal alle Menschen _aus eigenem Antrieb_
weigern, "mitzumachen", das glaube ich nicht. Jetzt, wo ich's von der
Perspektive betrachte, kann ich mir zum ersten Mal vorstellen, wie es
funktionieren *könnte*.

Einen möglichen Weg dahin habe ich aber noch nicht klar. Kann mir jemand helfen?

Nun, ich mag die Rede vom Kompromiß in unserem Zusammenhang nicht,
weil ein Kompromiß eben letztlich auf Tauschbasis beruht: Ich gebe
genausoviel ab wie du. Wir "zahlen" quasi mit gleich vielen
Abstrichen. Auch wenn hier das menschliche Maß der Bedürfnisse
vielleicht eher ins Spiel kommen kann - weil die Abstriche eher
persönlich als im gesellschaftlichen Durchschnitt bewertet werden -,
so ist es dennoch strukturell ein Deal. Aber das nur BTW.

Hm, das ist mir noch nicht ganz klar. Im Beispiel haben ja zwei Gruppen
jeweils eine (ganz selbstverständliche) Vorstellung davon, wie es
weitergehen soll: die jeweilige Gruppe möchte ungestört die bisher
gemeinsamen Räumlichkeiten benutzen, an die sich alle gewöhnt haben (die
also alle intuitiv als 'ihre' ansehen). Und diese Vorstellungen sind
erst mal (wenn die Gruppen sich trennen wollen) völlig unvereinbar.

Zunächst mal zeichnest du hier ein monadisches Bild: Die Gruppen sind
an sich völlig unabhängig ("ungestört") und betrachten die vorhandenen
Ressourcen als "ihre". Da wäre für mich schon mal die Frage, ob das so
sein muß oder ob es überhaupt real so ist.

Gerade in dem von dir gewählten Beispiel begegnen sich die Leute ja
mehr oder weniger täglich, sind aber auf jeden Fall mit der
Anwesenheit "der Anderen" konfrontiert. D.h. die getrennten, autonomen
Parteien - wie der Begriff "Partei" übrigens schon sagt - sind
realiter gar nicht so stark getrennt.

Beide Gruppen müssen also von ihrer Vorstellung etwas aufgeben. Was ist
da die Alternative zum Kompromiss?

Der Unterschied besteht im (hier weniger) entfremdeten
Äquivalententausch vs. einer freien Entscheidung. Ein Kompromiß
zeichnet sich ja gerade dadurch aus, daß alle sich gleichweit
entgegenkommen *um zu* einer gemeinsamen Lösung zu kommen. D.h. es ist
kein Kompromiß mehr, wenn eine Partei nach irgendwelchen Maßstäben
mehr aufgibt als die andere und es ist kein richtiger Kompromiß mehr,
wenn die Aufgabe nicht *zum Zweck* der Erzielung eines Kompromisses
stattfindet.

Wenn also eine Partei entscheidet, in andere Baulichkeiten umzuziehen,
so kann das aufgrund einer Entscheidung geschehen, bei der das
Knappheitsproblem nur eine untergeordnete Rolle spielt. Oder auch eine
wichtige, aber es geht jedenfalls nicht darum, die andere Partei mit
einem Verzicht zu einer gleichartigen Leistung zu bringen. Dann wäre
der eigene Verzicht nämlich schon entfremdet motiviert und wir hätten
den alten Mist wieder in voller Blüte.

Was du beschreibst ist ein eskalierter Konflikt. Angeheizt - wenn
nicht ausgelöst - wird der Konflikt durch die Knappheit, zu der die
Begrenzung an dieser Stelle definitiv geworden ist.

Ja.

Wichtig daran auch: Hier verläßt das Projekt seinen eigenen Rahmen und
braucht definitiv Ressourcen von außen. Deine Problemlösung ist
letztlich eine Überwindung der Knappheit indem die Begrenzungen
ausgeweitet werden.

Wieder ja.

Was mir auch auffällt: Während des ganzen Vorgangs hat ein paar Mal
die Problemebene gewechselt.

Genau, während ich schrittweise versucht habe, den Konflikt eskalieren
zu lassen. ;-)

Die Hoffnung ist ja immer, das eine konkrete Situation sich auf der
ersten Problemebene löst; wenn das nicht klappt, auf der zweiten; usw.
Aber man will sich ja wenigstens vorstellen können, was passiert, wenn
es zum Schlimmsten kommt ;-)

Na, wenn es zum Schlimmsten kommt, dann fliegt uns immer alles um die
Ohren. Ich denke nicht, daß es keine unlösbaren Probleme gibt. Das ist
aber ein Feature der Welt und nicht der Menschen. Wenn die lösbaren
Probleme gewaltärmer gelöst würden, wäre ich schon superglücklich.

* In diesen ganzen unterschiedlichen Problemfeldern sind ebenso
  unterschiedliche SpezialistInnen gefragt. Insbesondere wäre an
  einigen Stellen vielleicht Hilfe von externen SpezialistInnen
  gefragt.

* Da die Problemfelder so unterschiedlich sind, geben sie vielen
  unterschiedlichen Menschen Raum, dort ihre Selbstentfaltung zu
  finden.

Ja.

* Nur ein differenzierter Prozeß kann die unterschiedlichen
  Problemlagen adäquat angehen. In unseren Demokratien werden uns für
  so komplexe und vielschichtige Problemlagen gewöhnlich zwei, drei
  Alternativen angeboten und das war's. Insbesondere werden große
  Teile des multidimensionalen Lösungsraums schon deswegen nicht
  erörtert, weil nur relativ wenige Leute überhaupt beteiligt sind.

* Pfiffige Lösungen sind bei einer differenzierten Betrachtung oft
  viel eher möglich, als wenn ganze Problemkomplexe als ein Problem
  betrachtet werden. Das Problem mit den Räumen kann ja vielleicht
  dadurch gelöst werden, daß eine Gruppe lieber im Freien unterrichten
  mag - um mal ein etwas blödes Beispiel zu bringen.

Wichtig ist m.E. vor allem, dass so lange wie irgend möglich das Problem
nicht als Konflikt zwischen zwei Lagern, "wir gegen euch", gesehen wird,
sondern pragmatisch von allen nach Lösungen für alle gesucht wird.

Ja, ganz wichtig. Schon um das Problem genauer zu explorieren.

So,
dass man hinterher nicht sagen muss (wie im demokratischen Prozess):
"Ok, ihr habt gewonnen und das akzeptieren wir jetzt",

Ein Kompromiß ist nämlich genau: "Wir haben alle gleichviel verloren
und das akzeptieren wir jetzt."

sondern: "Wir
haben es gemeinsam geschafft, eine Lösung zu finden, die für alle
passt-- d.h. wir haben gemeinsam etwas positives erreicht!"

Ganz genau. Das muß das Ziel sein und das funktioniert (nach meiner
Wahrnehmung ;-) ) oft erstaunlich gut - nur einlassen muß mensch sich
darauf.

Mal nebenbei: Trifft das deine Vorstellung von Konsensverfahren?

Deutlich :-) .

Wie
wird da mit Mißbrauch umgegangen? Wenn also jemand so lange
widerspricht, bis die anderen nicht mehr können und nachgeben? (IMHO das
Hauptproblem von formellen Konsensverfahren, wo "bis keiner mehr
widersprechen muss" zum praktischen "bis keiner mehr widerspricht"
wird... und damit zu dem Machtmittel führt, andere totzureden :-/...)

Deswegen die feine Formulierung "bis keineR mehr widersprechen *muß*".

Wenn jemensch aus sachfremden Gründen widerspricht - z.B. um Macht zu
erlangen -, dann ist das eine Störung des ganzen Verfahrens und muß
als solche behandelt werden. Günstig ist es oft, größere Störungen
sofort zu behandeln.

Klar, gibt es hier keine harten, schnellen Regeln, wann etwas als eine
Störung abzugehen ist und wann etwas ein "legitimes" Bedenken ist.
Aber nach meiner Erfahrung kriegst du da relativ schnell ein Gefühl
dafür. Störungen sind überhaupt ein eigenes Thema, das gewöhnlich auch
recht unbeliebt ist, weil mensch dabei u.U. anderen auf die Zehen
treten muß...

5 days ago Stefan Meretz wrote:
Es gab eher die Tendenz, um der
Harmonie willen, Konflikte klein zu halten. Mir zuviel "Konsens".

So wie du es schilderst, hätten da Leute widersprechen müssen. Also
eben *kein* Konsens sondern unterdrückte Konflikte. Es muß ja nicht
jeder Konflikt riesig aufgebauscht werden, aber unterdrücken ist auch
Mist.

Wichtiger Punkt: die gängige Vorstellung von Konsens ist genau nicht
"wenn keiner widersprechen muss", sondern "wenn keiner widerspricht",
und deshalb werden Dinge als "Konsens" verkauft bzw. Dinge im Interesse
eines "Konsens" nicht gesagt, die bzw. der gar kein Konsens ist.

Ja. Wir leben aber auch angeblich in einer Demokratie und es der
sogenannte Realsozialismus war eben auch nur ein sogenannter...
Vielleicht wäre ein unbesudelter Begriff günstiger, aber ich kenne
keinen, der es so gut trifft.

Wie können wir in der Praxis dafür sorgen, dass wir zu echten und nicht
zu Scheinkonsensen kommen? Sich auf Verfahrensregeln zu verlassen,
scheint eher kontraproduktiv, denn die formale Formulierung
(Regelungsebene) zu "wenn keiner widersprechen muss" ist ja gerade das
falsche "wenn keiner widerspricht."

Wie immer können Techniken helfen - machen mußt du es schon selbst.

Eine wichtige Voraussetzung ist sicher eine wohlverstandene Offenheit.
Leute müssen sich einerseits trauen zu widersprechen und andererseits
dürfen StörerInnen es nicht zu leicht haben. Gerade in Gruppen ist
hier jedeR Einzelfall wichtig, da jedeR, die den Einzelfall
beobachtet, selbst in die entsprechende Situation kommen könnte und
sich dann einer gleichartigen Behandlung gewärtig sein muß. Ein dünner
Grat - gewiß. Aber in der Praxis scheint es mir leichter als es sich
anhört :-) .

Diesen Bericht sehe ich im Kontrast zu der Schilderung von StefanMn über
seine Erfahrungen mit "Leitungsproblemen" bei proprietären und
kommerziellen Software-Projekten:
http://www.oekonux.de/liste/archive/msg04237.html
Ich kann diese Erfahrungen (in eher noch drastischerer Form) nur
bestätigen. Deswegen bin ich schon hin und wieder überrascht, wenn es
anders geht. Das zeigt mir: Es _kann_ gehen.

Ja, es kann. Und es ist angenehm - wie wohl auch von dir empfunden.
(Mensch muß sich natürlich auf einen solchen Prozeß einlassen können,
ihm vertrauen können. Wenn dich dauernd die Frage umtreibt, wer hier
eigentlich den Laden schmeißt, dann wirst du wenig Freude daran haben
können.)

Also: probieren! Im Zweifelsfall: selber organisieren! :-)

Definitiv. Das Machen ist durch nichts zu ersetzen :-) .

(Das Beispiel freie Schule/Uni kommt übrigens nicht von ungefähr: ich
überlege mir sehr konkret, ob ich so was nach dem Abi machen kann...)

Ähm - du gehst noch zur Schule? Wow!


						Mit Freien Grüßen

						Stefan
___________________________
Unread: 35 [ox], 10 [ox-en]

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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