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Re: [ox] Freie Kooperation & Wertkritik



Hi Benni,

ein sehr schöner Text:-) Viel leichter lesbar als z.B. mein abgehobenes
Zeug... Halt anders.

Hab' ich gleich an die Krisis-Liste weitergegeben  (war doch ok, oder?)
- aber ob die Wertkritiker/innen reagieren werden?

Meine Idee ist auch, den Text in ot zu veröffentlichen, und vielleicht
hat auch die "Contraste" Interesse - da würde es gut passen.

Ein paar Fragen/Anmerkungen habe ich da noch....;-)

Benni Bärmann wrote:

> Im Alienbuch und im nachfolgenden ``Gleicher als Andere'' in denen das
> Konzept der Freien Kooperation vorgestellt wird, geht es zunächst um
> was anderes, es geht um das allgemeine Konzept von Emanzipation, um
> die Frage was erzwungene von freien Kooperationen unterscheidet und
> vor allem immer wieder darum, was wir tun sollen.

...tun sollen oder tun _können_?

> Für mich als Softwareentwickler zeigt sich dieser Trend auch schon
> ganz gegenständlich und nachvollziehbar: Es gibt den Fall, dass ich
> in einem Lohnarbeitsverhältnis Freie Software produziere. Was dann?
> Jetzt stimmt der Scheidungspreis. Wenn ich gehe kann ich zumindestens
> große Teile meiner Arbeit mitnehmen, nämlich den Sourcecode meiner
> Programme, da das Ergebnis meiner Arbeit von Begin an als Freie
> Software der Algemeinheit zu Gute

Ich kann nicht nur meine Programme "mitnehmen", sondern das gesamte
freie Softwareprojekt - also auch die Teile, zu denen ich nicht
beigetragen habe. Denn mit "meinen" Teilen kann ich u.U. gar nix anfangen.

> kommt. Solche Jobs sind zwar noch rar, aber das Freie Software auch
> innerhalb von Firmen produziert wird, greift immer weiter um sich.

Tut es das? Ist das gut oder schlecht?

> So langsam steht die Freie Kooperation wirklich mit dem Rücken gegen
> die Wand. Eine einfache Lösung sich aus der Affäre zu ziehen, wäre,
> sich am Ende doch auf angebliche Naturnotwendigkeiten, ala ``wer nicht
> arbeitet, soll auch nicht essen'' zurückzuführen. Nun, für mich und
> den Rest der Zielgruppe wäre sie damit natürlich unten durch und
> deswegen orientiert sie sich hier lieber an ``sozialen
> Sicherungssystemen''. Doch wenn mir das auch für eine
> Übergangszeit eine durchaus gangbare Lösung scheint, die auch eine
> positive Dynamik im emanzipatorischen Sinn entfalten kann (aber nicht
> muß), so ist es für mich doch keine dauerhafte Lösung, denn auch diese
> ändern nichts an der grundlegenden Wertvergesellschaftung. Denn auch
> solche sozialen Sicherheitssysteme funktionieren abstrakt, ein
> Überschuß wird irgendwie ``umverteilt''. Dabei interessieren die
> konkreten Bedürfnisse der Einzelnen notwendig nicht mehr, denn was
> zählt ist nur das umverteilte Geld (oder wahlweise auch Land).

Die sozialen Sicherungssysteme sind nicht nur abstrakt, sondern sie
speisen sich auch aus dem, aus dem du raus willst.

> Dennoch denke ich, dass Freie Kooperation, wenn man sie denn zu Ende
> denkt, auch hierfür einen Weg zeigen kann oder zumindestens mal einen
> Kompaß, damit wir die ungefähre Richtung rausfinden. Denn: Sind denn
> diese Schlußfolgerungen nichts anderes als die Erkenntnis, dass unter
> den Bedingungen der Wertvergesellschaftung zwangsläufig alle
> Kooperationen erzwungene sind?

Alle? Nein IMHO. Aber alle, die mit Existenzerhaltung zu tun haben.

> * Wer ist das eigentlich, der oder die Freie Kooperationen eingeht?
>   Was unterscheidet ihn oder sie vom ``bürgerlichen Subjekt''. In
>   der Ökonuxdiskussion ist in diesem Zusammenhang oft von
>   ``Selbstentfaltung'' die Rede. In Gleicher als andere heisst es,
>   die einzige Möglichkeit ``jemand zu sein'', sei es in Freien
>   Kooperationen zu sein. Das geht auch in die Richtung.

Das scheint mir eine wichtige Frage zu sein, auf die wir mehr und mehr
stossen. Ich frage mich nur wie wir an die systematisch rangehen können,
so dass ein blosses Nebeneinanderstellen von verschiedenen
"Menschenbildern" überschritten wird.

> * Soziale Sicherungssysteme sind eine Möglichkeit auf dem Weg Freier
>   Kooperation, aber sie taugen nicht für den letzten notwendigen
>   Schritt: Die Abschaffung des Wertsystems. Insbesondere ist darauf
>   zu achten, dass diese Systeme einerseits Emanzipation fördern, was
>   nicht selbstverständlich ist, und andererseits das Wertsystem nicht
>   noch verfestigen.

Können soziale Sicherungssysteme unter unseren Bedingungen Emanzipation
fördern? Da habe ich so meine Zweifel, mir scheinen sie eher die
staatlich-repressive Kehrseite der Wertmedaille zu sein - also genuin
anti-emanzipativ.

> * Was genau sind die Eigenschaften der Wertvergesellschaftung im
>   vokabular Freier Kooperation? Eine erste Formulierung könnte so
>   aussehen:
>
>     Die Wertvergesellschaftung ist eine gesamtgesellschaftliche
>     verdeckte Kooperation mit Zwangsmitgliedschaft unter
>     existentiellen Bedingungen mit verselbstständigten Regeln.
>
>   Das genauer anzugucken wäre vielleicht eine Möglichkeit Wertkritik
>   mit Freier Kooperation ins Gespräch zu bringen

Jep.

Ciao,
Stefan

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