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Oekonuxsches konkretes Handeln (was: Re: [ox] Zur Kritik der Freien Kooperation)



Hi Benni und alle!

Da ist noch was in meinem Kopf hängengeblieben.

2 weeks (15 days ago) Benni Bärmann wrote:
On Sat, Sep 29, 2001 at 06:03:01PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
Insbesondere scheint mir - auch
gerade nach der Lektüre von Christophs Paper -, daß diese Fragen im
kapitalistischen Kontinuum von Bedeutung sind. Ja sie sind ja geradezu
die Geschäftsgrundlage einer (idealen) kapitalistischen Ordnung. Für
eine Utopie wie ich sie heute in Ansätzen denke, wären diese Fragen
aber tendenziell gegenstandslos, zumindest aber nicht mehr dominant.

Du verstehst die freie Kooperation falsch, wenn Du sie als Utopie deutest.
Für mich hat sie die Funktion von "Realpolitik" mit utopischer Ausrichtung.
Also etwas was mir einen Rahmen gibt, über mein konkretes hiesiges Handeln
nachzudenken ohne dabei eine bessere Gesellschaft aus den Augen zu
verlieren. Sprich: genau die Fallen der Realpolitik zu umschiffen und
trotzdem Handlungsfähig zu bleiben.

Gut, den Rahmen haben wir hier m.E. durchaus auch. Allerdings scheinst
mindestens du das nicht ohne weiteres in konkretes, alltägliches
Handeln ummünzen zu können. Ok, ich werfe mal ein paar Gedanken in die
Runde.

Ich denke der entscheidende Hintergrund für ein konkretes Handeln muß
der Versuch, Wunsch, ja eigentlich das Bedürfnis sein, eine andere
Kultur zu etablieren, von der wir denken, daß diese für eine utopische
Gesellschaft vernünftig wäre. In unserem Rahmen hieße das also, eine
Kultur der Selbstentfaltung zu schaffen. So platt, so gut. Was könnte
das heißen?

Zunächst vielleicht zur individuellen Selbstentfaltung. Hier fällt mir
vor allem der Begriff authentisch werden ein. Das tun, was mensch für
richtig erachtet. Seine Freiheit in Verantwortung entfalten. Handeln
nicht in Abhängigkeit von sachfremden Gründen - z.B. mit Blick auf
Andere oder dritte Zwecke. D.h. Handeln um der Sache wegen und nicht
instrumentalisierend. Selbst-bewußt-sein ist sicher eine Komponente
von Selbst-entfaltung. Ein Bewußtsein über sich selbst, über eigene
Schwächen, aber auch über Stärken genauso wenig. Eigene Standpunkte
beziehen wäre noch ein Terminus.

Zur kollektiven Selbstentfaltung würde mir vor allem gegenseitige
Achtung in einem sehr ganzheitlichen Sinne einfallen. Zu
Entscheidungsverfahren fällt mir natürlich Konsens ein, wozu ich auch
mal in einer weiteren Mail ein entsprechendes Paper rumschicken
könnte. Konsens ist auf dem Sektor der Entscheidungsfindung m.E. das
Verfahren, das Achtung institutionalisiert. Zur Achtung anderer gehört
ganz natürlich auch, daß mensch sie nicht für eigene Zwecke
instrumentalisiert. Deals / Kuhhandel / Kompromisse haben keinen Raum
in einer selbstentfalterischen Kultur. Zwang selbstredend genauso
wenig. Sowohl Bindung als auch Unabhängigkeit in selbstgewählter
Entscheidung leben.

So weit erstmal ein paar halbvergorene Gedanken. Wie du das in dein
konkretes Leben runterbrichst, kann ich dir nicht beantworten. Aber
vielleicht kann es auch gar nicht darum gehen, Rezepte aufzustellen.
Für eine tragfähige neue Dominanzkultur, wie ich sie in der Freien
Software keimförmig heranwachsen sehe, sind Rezepte auch nicht das,
was gefragt ist. Die Rezepte müssen sich vielmehr aus der Kultur
ableiten.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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