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Re: [ox] Konferenz-Beitrag: Warum Freie Software dem Kapitalismus nicht viel anhaben kann - aber vielleicht trotzdem etwas mit



Hi, Sabine!

On Saturday, 25. August 2001 11:30, sabine.nuss prokla.de wrote:
Na, Du machst es Dir ja einfach....ein paar kurze Statements
hinschreiben und ich soll dann kommentieren...bin doch kein
Maschinchen... ;-)

Entschuldige bitte, wenn das so rübergekommen ist :o(

Mir ist deine Kritik sehr wichtig, insbesondere, da ich meine 
Ansichten in deinem Text nicht wiedererkennen kann.

1. Freie Software wird erstmal nicht dem Kapitalismus,
sondern dem Monopolkapitalismus etwas anhaben.

Ich kann Dir hier nur entgegenhalten dass Freie Software nicht
unverträglich ist mit Kapitalismus

Sag ich ja gar nicht, siehe oben. (Denk dir das "erstmal" 
erstmal weg).

und wenn Freie Software die
Monopolsituation ein wenig "verwettbewerbisiert" hat das auch
überhaupt gar nichts mit "dem Kapitalismus was anhaben" zu
tun.

OK, hat es nicht.

Wie stark aber wird die Monopolsituation verwettbewerbisiert? 

Einen wirklichen Wettbewerb zwischen den Linuxdistributoren und 
M$ Windows gibt es nicht, da viele Anwender an M$-"Standards" 
gebunden sind. Dies kann sich aber ändern, entweder, indem diese 
"Standards" überflüssig werden, oder, indem sie ihren Weg in die 
Welt der freien Software finden.

Problematisch ist jedoch, daß die kommerziellen Distributionen 
wie SuSE, RedHat usw. ihrerseits auch kleine Monopölchen sind: 
Die CDs von SuSE dürfen als ganzes nur zu nicht-kommerziellen 
Zwecken kopiert und weitergegeben werden (und die von Caldera 
gar nicht). Dadurch ist der einzige kommerzielle Hersteller von 
SuSE-CDs die SuSE GmbH. Wenn also eines Tages Microsoft abkacken 
sollte, und SuSE durch seinen tollen YaST, den keine andere 
Distribution haben darf, zum neuen Betriebssystem-Totalmonopol 
würde, hätte die ganze Aktion IMHO nichts gebracht (statt SuSE 
könnte man auch jeden anderen kommerziellen Distributor 
einsetzen).

Andererseits gibt es aber die Debian-Distribution, die wie freie 
Software entsteht, und deren CDs jeder materiell herstellen und 
verkaufen darf. Für den Anwender ist daher vor der Installation 
Preisvergleich angesagt:

http://www.debian.org/distrib/vendors

Und das schöne ist: Debian ist nicht irgendeine Distribution, 
sondern die beste :o)

Daher sehe ich es eher so, daß freie Software nicht nur "ein 
wenig" gegen Monopole angeht, sondern ganz massiv.

2. Aus dem geistigen Bereich (d.h. der Entwicklung von
Software, einer Software-Sammlung, Büchern, Musik, Filmen,
Bauplänen) wird der Kapitalismus schrittweise verdrängt.

Puhhh...ja also. Dazu kann ich jetzt nur auf den Text von
Michael und mir verweisen, wo wir das gerade versuchten, zu
widerlegen. Was Du als Verdrängung wahrnimmst, ist
Integration.

Ah, jetzt kapier ich das erst!

Wenn z.B. der Kapitalist M.G. aus Hamburg in seiner Firma LinISO 
mitm CD-Brenner Debian-CDs brennt und verkauft, integriert er 
damit die Arbeit nahezu jeglicher Programmierer freier Software 
kostenlos in den Kapitalismus und macht dabei 250% Profit, 
richtig?

| Die völlig kostenlose Aneignung fremder Arbeit (nicht einmal
| Lohn ist zu zahlen) dient als Mittel für einen ganz normal
| kapitalistischen Verwertungsvorgang. Hier dreht sich der
| positive Bezug auf Freie Software gewissermaßen um: Die
| unbezahlte Aneignung von fremder Arbeit wird hier von der GPL
| legitimiert ("allen frei zugänglich").

Mir scheint, daß du darauf einen Vorwurf erhebst. Das wird mir 
aber nicht ganz klar -- wer etwas unter die GPL stellt, der weiß 
schließlich vorher, daß ein Verkauf der Software durch jedermann 
möglich ist, der will doch *genau das*! Sonst hätte er ja eine 
andere Lizenz gewählt. Welche Alternative siehst du bezüglich 
der Verteilung der Software, wenn ein Verkauf nicht zulässig 
sein soll?

OK. Dann gibt es also tatsächlich eine Integration. 

Dann noch zum anderen Teil der These: 

  Die Prinzipien freier Software werden schrittweise auf alle
  Informationsgüter ausgedehnt.

Wie siehst du das?

3. Nach vollendeter Umgestaltung des Kapitalismus sind
wichtige Voraussetzungen (Monopole weg, hohe Transparenz,
billige Produktionsmittel) für eine Überwindung des
Kapitalismus geschaffen.

Hm. Naja. Klingt wie der Fünf-Jahresplan.

Genau. Der Kapitalismus wird, wenn überhaupt, durch einen 
Fünf-Jahresplan überwunden oder bricht von selbst zusammen oder 
sonstwas, aber wird keinesfalls durch freie Software allein 
beseitigt. 

- - -

Pegasus kann zwar zur Zeit kostenlos heruntergeladen werden,
aber nichts gibt dir z.B. das Recht, es weiterzuverbreiten.

So ein Blödsinn. Steht doch sowieso im Netz,
wieso soll ich es dann nicht weitergeben?

Weil es urheberrechtlich geschützt ist. Du kannst nicht einfach 
etwas, was im Netz steht, ohne Einverständnis des Urhebers 
weiterverbreiten.

Das finde ich auch blödsinnig. Alles, was veröffentlicht wurde, 
sollte gefälligst frei sein!

siehst: Am fertigen Programm selbst kann ich es nicht
sehen.

Unsinn. Wenn das Programm frei ist, liegt entweder eine
Bemerkung, daß es nicht geschützt ("public domain")

Ja eben. Am fertigen Programm, an der _rein technischen_
_Funktionalität_, kann ich es nicht sehen.

Stimmt. Wenn ein zuvor proprietäres Programm unter die GPL 
gestellt wird, gibt es erstmal keine technischen Unterschiede, 
obwohl es mitm Mal frei geworden ist.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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