Message 02702 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT02409 Message: 21/35 L3 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Wissensordnung, was: notizen zur keimform



hallo zusammen,

lang nicht mehr gepostet...

"technisierung des wissens"
wird so dargestellt als sei das mit dem computer etwas neues.
neu ist vielleicht die elektrifizierung des wissens. der
prozess der technisierung ist jedenfalls so als wie das
wissen selbst, und das zeigt ja foucault an der bedeutung
der architektur z.b. (die ja auch der m.e. der
technik zuzurechnen ist)

helmut spinner
hat wiederum ein universalwerk geschaffen das derartig den geist
vergangener buchwelten atmet, vom punkt null (autor?) ausgehend
baumartig organisiert ein umspannendes system von wissensaesten
aufmacht, dass es einem nur grauen kann ob der institutionen die sich
trachten daraus ableiten zu koennen. (so ganz aus der ferne
betrachtet)

es ist exact dieser geist ueber den sich der foucaultianer
lustig macht, dass er tableaux nennt in anlehnung
an die zoologischen schmetterlingsammlungen, und mit
dem man (siehe yahoo) dem netz nun wirklich schlecht
beikommen kann. es gibt sicherlich viele verschiedene
wissensbaeume der netzwissenschaften, wovon die
meissten eher 'entartete baeume' wenn nicht gar
'ungeordnete wolken' von daten bilden....

schade dass der vortrag nur im abstract verfuegbar
(dazu noch 'copypastegeschuetzt')

mag sein dass mir etwas entgangen ist (der originaltext des vortrags
z.b.) was naemlich in zukunft nicht mehr auf dem netz zitierfaehig
sein wird, koennte schwierigkeiten haben noch zitiert zu werden.
(zumindest von den zeitgeplagten wissensarbeitern der
oeffentlichen meinungsproduktion)

naja bei soviel geschmaecklerischer noergelei:

ein schoenes weil praktisches beispiel fuer die moeglichkeiten
technisierter wissensordnungen ist der dissertationsserver
der hu berlin

http://dochost.rz.hu-berlin.de/


oder ein altes vorbild aus dem los alamos lab in new mexico

http://www.arxiv.org/

ebenso wie bei hypertext scheint mir die theorie hier auf
dem holzweg der technischen evolution. projekte wie
slashdot.org , apache, php usw usw. zeigen doch wo
es langgeht, oder?









Thursday, June 07, 2001, 5:05:58 PM, you wrote:

HGG> Hallo allerseits!

HGG> Es ist zwar schon 6 Wochen her, dass Lorenz und Stefan Mz hier über
HGG> die "Keimformen" disputiert haben, aber ich greife den Faden noch
HGG> einmal auf, um den Gedanken der "Wissensordnung" hineinzubringen, der
HGG> hier seit Dortmund brach liegt. 

HGG> Aktueller Anlass ist ein Vortrag von Wolfgang Coy gestern in Leipzig
HGG> unter dem Titel "Von der Ordnung des Wisens zu einer neuen
HGG> Wissensordnung" (Abstract auf
HGG> http://www.informatik.uni-leipzig.de/theo/RV2001/RV_vo08.html), wo er
HGG> den Bogen von Foucault zu Helmut Spinner spannte, um dem Phänomen
HGG> 'Wissen' auf die Spur zu kommen. Dabei hat er versucht, die
HGG> Wissensordnung als ähnlich komplexes gesellschaftliches Konstrukt
HGG> aufzureißen, wie das Stefan Mz für die PKE gefordert hat, als er in
HGG> Erwiderung auf Lorenz am 09 May 2001 schrieb

HGG>    IMHO liegt das an der verengten Vorstellung von PKE als
HGG>    "Produktivitätsentwicklung" resp. noch enger "Technikentwicklung".
HGG>    Diese (ver)dingliche(nde) Sicht hat mich doch bei Norbert arg
HGG>    verwundert, wo Krisis sozusagen "Dinglichkeitskritik" par
HGG>    excellance betreiben. Das was sie an der Wertvergesellschaftung
HGG>    kritisieren (Fetischismus/Verdinglichung/Ontologisierung) heben sie
HGG>    genau an dieser Stelle unhinterfragt in die Theorie. In diesem
HGG>    dinglichen PKE-Begriff sind sie übrigens völlig einig mit dem
HGG>    Altmarxismus - der Unterschied ist "nur", dass der Altmarxismus den
HGG>    dinglichen PKE-Begriff naturgesetzlich (also überhistorisch) fasst,
HGG>    während Norbert die begrenzte Geltung für den Kapitalismus betont.

HGG>    So wie ich das versuche zu denken, liegt es sozusagen quer zu
HGG>    alledem: PKE als Verhältnisbegriff, PKE als "Inhaltsseite" und
HGG>    Vergesellschaftsform als "Formseite" gesellschaftlich-historischer
HGG>    Entwicklung. "Alt" ist darin nurmehr mein Festhalten am historischen
HGG>    Materialismus - Naturgesetzlichkeit, Determinismus, historische
HGG>    Mission usw. sind da aber raus.

HGG> Ich kann in dem Zusammenhang nur immer wieder auf den Abschnitt
HGG> "Discourse of Machines and Machines of Discourse" in Fortiers Aufsatz
HGG> "Virtuality Check - A Political Economy of Computer Networking", siehe
HGG> http://dkglobal.org/crit-ict/ff1.htm, hinweisen, wo dies am Beispiel
HGG> des Technologiebegriffs gut durchdekliniert wird. 

HGG> Auf diesem Level werden wir auch über die "Wissensordnung" reden
HGG> müssen, wenn wir den entsprechenden Ansatz aus Stefans Vortrag in
HGG> Dortmund weiter verfolgen wollen. Allerdings ist für analytische
HGG> Zwecke zunächst eine gewisse Komplexitätsreduktion erforderlich, so
HGG> dass ich es für sinnvoll erachte, zwischen Sozialisierungsformen und
HGG> Vergesellschaftungsformen zu unterscheiden. Unter ersterem verstehe
HGG> ich die Art, wie die "Diskurse" (Foucault) in verschiedenen
HGG> funktionalen Sphären der Gesellschaft (verschieden) organisiert sind,
HGG> also bei Foucault wohl die entsprechenden Bindestrich-Ordnungen (NB:
HGG> Sind das eigentlich die Bolos?).  Die Vergesellschaftungsform ist dann
HGG> die Gemengelage, die sich aus der Interaktion dieser verschiedenen
HGG> Sozialisationsformen ergibt (in einem ebensolchen ko-evolutionären
HGG> Verständnis wie von Stefan für die PKE-Betrachtung gefordert). Wobei
HGG> heute sicher die Geldordnung eine sehr dominante Ordnung ist.

HGG> Allerdings gibt es auch große Konflikte zwischen der Wissensordnung
HGG> (Wissenschaftsordnung?) und der Geldordnung, die, siehe die
HGG> Softwarepatentdiskussion, die Grundlagen der Wissensordnung so weit
HGG> untergraben, dass die Funktionalität von Teilen der Wissenssphäre in
HGG> Frage gestellt wird.  Ich verweise dazu etwa auf das
HGG> Stallman-Interview vom 5.12.2000 im Spiegel, siehe
HGG> http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,106278,00.html

HGG> Die Differenz Sozialisierungsform - Vergesellschaftungsform halte ich
HGG> für analytisch wichtig. Sozialisierungsformen (Bolos?) gibt zu in
HGG> jeder Zeit in der Gesellschaft viele - und in einer funktional relativ
HGG> ausdifferenzierten Gesellschaft reproduzieren sie sich auch relativ
HGG> autonom.  Vergesellschaftungsformen gibt es zu jeder Zeit nur eine,
HGG> die aber (wie die Sozialisierungsformen natürlich auch) einer
HGG> historischen Dynamik unterliegt.

HGG> Weiter zu Stefan:

HGG>    Freie Selbstentfaltung ist nicht bloß eine nette Idee, sondern auch
HGG>    Ergebnis eines widersprüchlichen Entwicklungsprozesses der
HGG>    Wertgesellschaft selbst. Dass diese Tendenz "in die Form" genommen
HGG>    wird, ist klar (darauf weist Sabine stetig hin, und ich teile das),
HGG>    sie birgt aber eben auch Potenzen einer neuen
HGG>    Vergesellschaftungsform, die sich nur in Aufhebung der
HGG>    Wertgesellschaft zeigen kann. Als solche ist sie nicht bloss
HGG>    Handlungsmöglichkeit (das ist sie auch, aber davon gibt es viele),
HGG>    sondern "Keimform" einer neuen Gesellschaft. Diese Aussage
HGG>    impliziert mitnichten, dass das so kommen muss, dass es jetzt
HGG>    passiert usw. Sie bedeutet "nur", dass die "Vergesellschaftung"
HGG>    ("Produktion und Verteilung") in der Freien Software ansatzweise
HGG>    "anders" verläuft. Was das so "anders" ist, gilt es zu kapieren -
HGG>    gerade, weil nix von alleine kommt.

HGG> Genau hier wird die obige Unterscheidung wichtig. Ist "Freie
HGG> Selbstentfaltung" (in all ihrer verschwommenen Begrifflichkeit) primär
HGG> Element einer neuen Vergesellschaftungsform oder 'nur' Element einer
HGG> anderen Ordnung als der Geldordnung, die es schon lange gibt? Wir
HGG> hatten hier ja schon festgestellt, dass die Elemente, die Frei im
HGG> Sinne des GNU-Manifests konstituieren, essentiell für das
HGG> Funktionieren des Wissenschaftsbetriebs im heutigen Verständnis sind.

HGG> Wenn "Freie Selbstentfaltung" wesentliches Moment der Wissensordnung
HGG> ist, dann folgt daraus methodisch 

HGG> 1) dass sie nicht so einfach losgelöst von der Wissensordnung
HGG>    verstanden werden kann und

HGG> 2) ihre Dynamik eng mit der Gesamtdynamik der Wissensordnung verbunden
HGG>    ist. 

HGG> Was heißt das für unsere Diskussion?




-- 
Best regards,
 Pit                            pit klubradio.de



________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT02409 Message: 21/35 L3 [In index]
Message 02702 [Homepage] [Navigation]