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[ox] Knappheit und andere Einsprüche



Ralf Krämer schreibt:
Materielle Güter sind nicht nur (wie ggf. Informationsprodukte) künstlich 
knapp gehalten, sondern tatsächlich knapp. Ich kann sie nicht einfach
ohne 
Aufwand kopieren bzw. runterladen. Und auch nicht weggeben, denn wenn ich 
mein Brot weggebe, kann ich es nicht selber essen. Gesellschaftliche 
Arbeitsteilung und Austausch (muss nicht zwingend ökonomischer Tausch
sein, 
sondern allgemein Geben und Nehmen) von Tätigkeiten und Produkten sind 
ständig notwendig und eben nicht jederzeit und von allen frei
verhandelbar 
und aufkündbar. Und wenn das so ist, wird die Auffassung, die für den 
gesellschaftlichen Lebensprozess der Menschen notwendigen Qualitäten und 
Quantitäten der verschiedenen Arbeiten und Verteilung der Produkte würde
sich 
irgend wie von selbst auf Grundlage freier Selbstentfaltung der Einzelnen 
ergeben, schlicht Wunderglaube. 

Mir erscheint die prinzipielle Bestimmung materieller Güter als "knapp"
im Verhältnis zum Bedürfnis eine sehr problematische Angelegenheit.

Der Sinn von Arbeit wäre es, diese Knappheit aufzuheben und durch Ziel-
gerichtete Tätigkeit dafür zu sorgen, daß genug für die Bedürfnisse da ist.

Die Sonne lädt jeden Tag soviel Energie auf unserer Erde ab wie die Hälfte
der
fossilen Brennstoffvoräte ausmacht !!

Die Natur ist voll von Beispielen selbstreproduktiver und -vermehrender
Zyklen,
die unter den richtigen Bedingungen (wenn sie nicht zusammenbrechen) 
enorme stoffliche Durchsätze zuwege bringen.

"Knapp" sind heute eher schon die Möglichkeiten und Mittel, an die
Realisierungs-
bedingungen von Systemen der Selbsterhaltung und der Eigenarbeit auf einem
anständigen technischen Niveau zu kommen! 

Stattdessen wird für den Markt produziert, was das Zeug hält - und zwar
unabhängig von jeder realen Relation auf das Bedürfnis, sondern um die
Konkurrenz aus dem Feld zu schlagen. Schlagendes Fakt ist, daß zumindest
gemessen am zahlungskräftigen Bedürfnis von allem und jedem ZUVIEL da
ist - Milchseen, Butterberge, Fleischmassen. Für nicht zahlungsfähiges
Bedürfnis ist das natürlich alles zu schade. Das ist doch die heutige,
zeitgemäße
Elementarerfahrung!

Was mir ein wenig auf den Keks geht ist die permanente Rede von der 
"freien Selbstentfaltung des Einzelnen".... stimmt doch überhaupt nicht....
95 von 100 Selbstverwirklichern brauchen Gleichgesinnte! Da sehe ich
uns selbst als bestes Beispiel....

Der Schluß liegt nahe, daß "Selbstverwirklichung" eine durchaus 
gesellschaftliche Bestimmung ist. Ich als Einzelner, und darauf
zielte wohl auch der Holzkamp-Hinweis, bin aufgeschmissen mit
meiner Selbstverwirklichung ohne Organisation und Kooperation.

Also hat "Selbstentfaltung" vielleicht einen etwas anderen Inhalt 
als den, permanent ungesellschaftliche, unwichtige, nebensächliche
Dinge zu tun. Das ist übrigens wunderschön in "bolo'bolo" dargestellt:
Weil Selbstverwirklichung, deswegen auch Stämme, Differenzierungen,
Nuancen, Vorlieben, Kulturen. Deswegen aber auch Kooperation, 
Netzwerke, Austausch etc. etc. - und letztlich wird daraus sogar
eine planetare Kultur.....

fn



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Organisation: projekt oekonux.de


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