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[ox] WIPO-Konferenz



Unter

        http://swpat.ffii.org/cnino/wipo014/

findet sich unten ein Verweis zu einem Heise-Artikel ueber die gerade
laufende WIPO-Konferenz.  Über die für uns interessanten Entwicklungen
wird nichts berichtet.  Allenfalls folgendes lohnt sich zu vermerken: 

  Für die neue Harmonisierungsrunde, in der es jetzt um die schwierigen
  materiell- rechtlichen Fragen geht, rechnen Experten bei einem Turnus
  von jährlich zwei Plenarsitzungen mit einem Zeitraum von etwa fünf
  Jahren bis zur Vorlage eines verabschiedungsreifen Entwurfs.

Das Problem, was auch von dem Heise-Autor nicht angesprochen wurde,
ist, dass die heutigen Patentsysteme viel zu viele Details in viel zu
fragwürdiger Weise regeln, als dass man sie zu einem Weltpatentystem
festzurren und im Völkerrecht hartkodieren könnte.

Der Heise-Schreiber scheint sogar selbst als Kenner der Patentszene
von deren Glauben beseelt zu sein, wonach die Senkung der
Patentierungskosten und die weltweit einheitliche Gültigkeit von
Patenten einen hohen Wert darstellt.  Das passiert leider bislang fast
fast allen Leuten, die in die Kreise der Patentexperten vordringen.
Die Assimilationskraft dieser Bewegung ist erstaunlich.

Dieser Glaube ist keineswegs selbstverständlich.  Als in Deutschland
um 1873 das Patentwesen eingeführt wurde, waren Patentgebühren
sündhaft hoch angesetzt und das aus gutem Grund: es sollten nur
Erfindungen patentiert werden, bei denen sich ein Monopol über die
Industrieproduktion amortisiert.  Es gab auch keinen Erfinder sondern
nur einen Patentanmelder.  Es handelte sich nicht um "geistiges
Eigentum" sondern um ein Instrument der Wettbewerbsregulierung
zwischen Industrieunternehmen.  Man nannte das "konservatives
Patentieren" und der damals führende Patentlobbyist und Vorsitzende
des Deutschen Patentvereins Werner Siemens konnte nur mit diesem
industriepolitischen Begründungsansatz die Skepsis der Volkswirte
gegen das Patentwesen überwinden.

Territorialität und Patentierungskosten fungieren als Korrektive, die
eine Ausuferung des Patentwesens begrenzen können.  Auch das ist ein
Grund, nicht ohne weiteres auf die Übersetzungserfordernisse zu
verzichten.  Territorialität ist zudem bei einem komplexen System
unabdingbar, welches ständige Reformen durch politische Entscheidungen
eines demokratischen Souveräns erfordert.

Die WIPO dreht hier mal wieder an den falschen Hebeln.  Außer
Patentinflation scheint denen nichts einzufallen.

--
Hartmut Pilch                                      http://phm.ffii.org/
Pflege statt Pluenderung der Informationsallmende: http://www.ffii.org/
77800 Unterschriften gegen Logikpatente: http://petition.eurolinux.org/

















________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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