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Re: [ox] Re: Kooperation



On Wed, May 09, 2001 at 12:39:23PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Meretz wrote:
Verwertungslogik impliziert kein Verhalten, daraus ist also nichts
erklärbar, weil es keinen Determinationszusammenhang zwischen den
Bedingungen und dem Verhalten gibt. Menschen haben _immer_
Handlungsmöglichkeiten. Das bedeutet aber nicht - so klingt es mir
bei dir -, dass ich dann lieber gleich nur noch auf die Handlungen
der Personen gucken brauche. Das ist IMHO eine Vereinseitigung genau
in die andere Richtung.

Nein, nein. Ich will schon beides sehen. Das war jetzt wieder der
Fall wo ein Widerspruch zwangsläufig die andere Seite betohnt.

Der Link gelingt dann, wenn ich "Verwertungslogik" als etwas
begreife, zu dem ich mich ständig direkt oder indirekt verhalten
muss (unabhängig, ob ich den Begriff im Kopf habe oder nicht). Da
kommt ziemlich unterschiedliches raus - Christoph beschreibt es sehr
anschaulich. Ich bewege mich sozusagen im Medium permanenter
Anforderungen, die als verschiedene Zumutungen an mich herangetragen
werden - von Menschen gemachte Dinge, die sie tun, weil sie sich im
gleichen Medium bewegen. Wenn ich da jetzt den "dynamischen Kern der
Verwertungslogik" weglasse, dann erscheint Gesellschaft nur als
Ansammlung von personalen Arschlöchern. Arschlochsein ist aber kein
persönlicher Defekt, sondern Resultat begründeten Handelns als
sich-zu-den-Bedingungen-ins-Verhältnis-setzen.

Ja, ist ja alles richtig. Auch der gelöschte Rest.

Ich sehe es umgekehrt: Das alienistische Programm ist eine
Implementierung der Verwertungslogik. Und dann gibt's da noch andere
ugly things, die auch ihre Rolle im Spiel haben (Kirchen, Unis
etc.), obwohl sie selbst nicht direkt nach Verwertungslogik
funktionieren (Kirchen? Warum bedauern sie die Austritte? Könnten
doch froh sein, die Ungläubigen los zu sein! - Ja, die Kohle.).

Mir _klingt_ das zu sehr nach Hauptwiderspruch. 

Und was die Kirche angeht: Die bedauern die Austritte natürlich
wegen ihres Missionsauftrags. Jeder Ungläubige ist schliesslich eine
Niederlage ;-)

IMHO kann es nicht darum gehen, Handlungen (v.a. anderer) als gut
oder böse oder sonstwas zu beurteilen. Es geht für mich darum, sie
zu verstehen, weil ihre subjektiven Begründungen potenziell auch
meine Gründe sein können. Darüber sollten wir uns unterhalten: Was
haben wir für Gründe bestimmte Dinge mitzumachen, bei anderen aber
zu widerstehen? 

Ja. Völlig korrekt. Aber irgendwann muss man sich auch entscheiden
und das ist keine beliebige Entscheidung.

Du schreibst, das Du diese Wörter nicht magst, aber letzten Endes
geht es doch genau darum: Rauszufinden, wie man handeln _soll_. Das
ist eine ganz altmodisch moralisch normative Frage. Und da geht es
eben auch um Personen.

Wieso soll? Du sollst gar nix. Die Frage ist doch warum willst Du
wie handeln? Das bedeutet statt normativem Diskurs, der immer
ausgrenzend ist, ein einschliessender Gründediskurs. Wäre meine Idee
dazu.

Ja, solange man _diskutiert_ kann man das so handhaben. Irgendwann
kommt es aber zu Handlungen und dann braucht man auch ein "soll".
Natürlich keines, das man jemandem aufdrückt, sondern ein gemeinsam
Getragenes.

Ich bin auch Materialist aber trotzdem glaube ich, dass man ohne
Moral nicht auskommt. Denn das allerwichtigste ist immer: Die
Menschen können entscheiden.

Moral kann in meiner Sicht immer nur Resultat, nie aber
Voraussetzung von Handlung sein. 

Ich wuerde sagen: Beides. Ich kann gar nicht Handeln ohne Moral
sowohl als Vorraussetzung als auch als Resultat zu haben. Moral
entsteht im Prozeß des Handelns und leitet ihn gleichzeitig. 

Bürgerliche Müllpolitik 

Beim ersten Lesen hab ich ja tatsächlich an unsere städtische
Müllabfuhr gedacht ;-)

propagiert
ständig das Umgekehrte: orientiere an "Werten" (hier: Moral). Ja,
klar, praktisch ist in meiner Erfahrung immer schon Erfahrung und
Moral als Resultat vorgängiger Handlungen da - doch die Frage ist:
orientiere ich mich daran? Auch da habe ich die gleichen Einwände
wie beim normativen Diskurs.

Völlig Deiner Meinung so geht es nicht. Aber es reicht eben auch
nicht aus, nur die guten Gründe des Arschlochs zu verstehen und ihn
ansonsten Arschloch sein zu lassen. 

Wenn man nur analysiert landet man irgendwann im Elfenbeinturm. 

Das war doch gerade der Witz worum es in "Reibung erzeugt Wärme"
ging. Theorie und Praxis sind gegenseitig aufeinander angewiesen.
Praxis ist aber immer normativ (oder?) und dazu muss die Theorie
sich irgendwie verhalten. Und da sehe ich eben ein Defizit Deiner
Theorie (immer nur soweit ich sie bisher rezipiert und verstanden
habe).

Gruesse, Benni

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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