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Re: Oekonux kein linkes Projekt? (was: Re: [ox] "Oekonux - wie weiter?" - Sel...



Im Gegenteil ist der Kapitalismus dabei die Verteilung der
materiellen Ressourcen zu seinem eigenen Untergang voranzutreiben.
Ich verstehe wirklich nicht, wie man einfach die Augen verschliessen
kann vor der sozialen Situation z.B. in Afrika oder den
Klimaveränderungen oder ...

Diese Untergangsfurcht teile icht durchaus, sogar schon seit langem.
Allerdings laste ich das nicht dem "Kapitalismus" an.
Die Probleme sind auf einer anderen Ebene.

Nämlich? Wem lastest Du denn das an? Dem Bösen Menschen an sich?

Niemandem.
Ich sagte ja, ich bin von der Grundstimmung her eher Pessimist.
Ich gehe davon aus, dass die Welt im Normalzustand voller Armut,
Boshaftigkeit und Verzweiflung ist.
Der Normalzustand ist weder das, was ich mir wuensche noch das, was ich
vielleicht auf einer INsel der Seligen aufwachsen als normal zu empfinden
gelernt habe.

Im Falle der
Informationsoekonomie geht es ja um die Ineffizienz des Marktes, waehrend
die Umweltverschmutzung gerade seine Effizienz beweist -- und natuerlich
auch die Notwendigkeit, ordnende Rahmenbedingungen durchzusetzen.

Da kann ich Dir schlicht nicht folgen. Bitte erklären.

Die USA verschmutzen deshalb die Umwelt so viel mehr als alle armen
Laender, weil ihr Wirtschaft so produktiv und effizient ist.  Nicht etwa
weil die armen Laender mehr fuer den Umweltschutz tun oder eine
umweltvertraeglichere Wirtschaftsform haben.  Das Gegenteil ist sogar
der Fall.

Es geht übrigens nicht nur um Umweltverschmutzung sondern auch und
gerade um soziale Katastrophen.

Auch die sehe ich ueberall als Normalzustand.  Der Zustand in den Zentren
des "Kapitalismus" hebt sich noch eher positiv dagegen ab.

Eine nach dem zuvor diskutierten Schema typisch "linke" Denkweise ist
es, aus den eigenen Beduerfnissen ein Wunschbild vom Paradies zu
konstruieren, die Gruppe Gleichgesinnter zu suchen und dann die
Wirklichkeit als Negativ dieses Paradieses ("Kapitalismus") zu begreifen
und zu bekaempfen.

Hm. Klingt für mich wie ein Vorurteil. Sicherlich gibt es auch
solche Leute. Man macht es sich natürlich recht einfach sich eine
Richtung rauszupicken, die sich links nennt, und dann gleich alles
was sich auch so nennt damit in einen Topf zu werfen.

Die von mir oben skizzierte Denkweise finde ich sehr haeufig bei Leuten,
die sich links nennen.  Frueher zu Uni-Zeiten noch mehr. Und es wird auch
leicht zum Vorurteil.  Man glaubt, denen das aus grosser Entfernung am
Gesichtsausdruck und Habitus ansehen zu koennen.

Umgekehrt wird allerdings schon ein Schuh draus. Ich nehme doch
täglich wahr, das was schief läuft und man versucht dahinterzukommen
warum es schiefläuft und wie man es besser machen könnte.

Mein Vorgehen waere eher, nach funktionsfaehigen Ansaetzen zu suchen, wie
man ein paar Dinge verbessern kann.

Klar, warum nicht. Ich bin halt nur zum Schluss gekommen, dass es da
schon grössere Zusammenhänge gibt und man sich oft selbst im Weg
steht, wenn man nur isoliert versucht "ein paar Dinge zu
verbessern". Was nicht heissen muss, das man das sein lassen sollte.

Man kriegt bei der Uebung an den paar Punkten dann ein Gefuehl dafuer, wie
schwer sich Dinge bewegen lassen und wie indirekt, wenn ueberhaupt, die
erzielte Wirkung ist.

Kein Streit gegen eine menschengemachte Lobby ist mir zu
aussichtslos, aber der Streit gegen gewisse unvermeidbare
Gesetzmaessigkeiten des Wirtschaftens und der menschlichen Organisation
sehr wohl.

Zaehl mal die unvermeidbaren Gesetzmaessigkeiten des
Wirtschaftens und der menschlichen Organisation auf. Und dann
muesstest Du auch noch zeigen, dass der Kapitalismus diese besser
berücksichtigt als jede andere gesellschaftilche Formation. Wie
willst Du das schaffen?

Ich sehe ja gar keinen "Kapitalismus", gegen den man irgendwie vorgehen
koennte.  So ein rational konstruiertes System habem wir nicht, dem man
etwa einen Gegenentwurf entgegensetzen koennte.

Die Parole vom "Gesetz der Geschichte" beeindruckt mich nicht,

Mich auch nicht.

die Erfahrung menschlicher Unzulaenglichkeiten und oekonomischer
Gesetzmaessigkeiten sehr wohl.

Ersteres ist sehr wichtig, ja. Es macht keinen Sinn sich einen
besseren Menschen zusammenzubasteln, da geb ich Dir völlig recht.
Nur macht das Gegenteil auch keinen Sinn, sich nämlich ein Monster
zu erschaffen. Genau das macht aber unsere Gesellschaft und mit ihr
scheinbar Du.

Auch hier liegt vielleicht eine Grundidee dessen, was man "links" nennt,
naemlich die Vorstellung, dass der Mensch eigentlich ganz gut ist aber
durch die Gesellschaft / das System verdorben wird.

Ich schliesse nicht aus, dass einiges in Zukunft besser gemacht werden
kann.  Das muss aber an Projekten erprobt werden.  Derzeit gibt es eine
Menge Kooperativen, die produktives Leisten, und ich gehoere eher zu
denen, die das foerdern und sich dafuer kraeftig einsetzen.  Wenn die
Ergebenisse doch nicht wie erhofft ausfallen sollte, dann liegt das nicht
an den Pessimisten.  Man erschlage nicht den Ueberbringer der Nachricht.

viele Gruesse

Hartmut
http://swpat.ffii.org/

Neues: BMJ-Gesetzesentwurf soll Hochschulen zu Patentfabriken und
Wissenschaftler zu Denkknechten machen, Verabschiedung im Eilverfahren
http://swpat.ffii.org/cnino/

Kritik am Lutterbeck-Gutachten
http://swpat.ffii.org/vreji/papri/bmwi-luhoge00/


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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