Re: [ox] notizen zur keimform
- From: Benni Baermann <benni cs.uni-frankfurt.de>
- Date: Tue, 8 May 2001 16:43:33 +0200
Hallo!
On Tue, May 08, 2001 at 04:07:17PM [PHONE NUMBER REMOVED], Casimir Purzelbaum wrote:
Ich würde doch zu der These neigen, daß die Entwicklung der
Produktivkräfte hier eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt hat.
Und daß das Papstwort, ungeachtet seines Wertes (und seiner
unbestreitbaren Kosten!), nur einen Umstand bildet, der dem
institutionellen Rahmensystem, m.a.W. den Produktionsverhältnissen,
zugeschrieben werden kann.
Das mit dem Papstwort war natuerlich etwas überspitzt ausgedrückt.
Was ich aber schon für richtig halte, ist:
Es gibt keine historische Gesetzmäßigkeit der
Produktivkraftentwicklung _außerhalb_ des Kapitalismus. Das hat N.
Trenkle gesagt und da hat er in meinen Augen völlig recht.
Der Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus geschah also in keinem
Sinne zwangsläufig und der Übergang vom Kapitalismus in irgendwas
anderes ist auch in keinem Sinne zwangsläufig. Innerhalb des
Kapitalismus gibt es jedoch schon eine gewisse Zwangsläufigkeit,
weil es das kapitalistische System ja gerade auszeichnet, dass es
nach abstrakten Prinzipien funktioniert.
Natürlich gibt es historische Zusammenhänge, die haben aber nicht
nur was mit Produktivkräften zu tun, sondern auch mit kulturellen
Fragen. Nein - ich halte nix von der Basis-Überbau-These.
Keine Ahnung ob Marx diese Gesetzmäßigkeit irgendwann und irgendwo
mal behauptet hat, ist mir auch egal. N. Trenkle richtete sich ja
auch hauptsächlich gegen gewisse alte Arbeiterbewegungsmarxisten die
von einer solchen Gesetzmäßigkeit ausgehen. Ich fand das zwar etwas
bizarr, dass sie diesen Streit ausgerechnet bei Oekonux ausfechten
wollten, aber bitte ... ;-)
Jetzt doch noch mal das Papstwort: Sein "Deus le Volt", dass die
jahrhundertelange Kreuzzugsbewegung ausgelöst hat, hat Europa
mindestens so geprägt, wie es der Kapitalismus später getan hat. Und
möglicherweise wäre dieser sogar ohne diesen Wahnsinn niemals
entstanden (Orienthandel, arabische Kultureinflüsse, ...). Auch die
Kreuzzüge haben sicherlich ihren materiellen Bodensatz - sie jedoch
darauf zu reduzieren dürfte eine gewagte These sein. Sogar Stefan
Mz. "algorithmische Revolution" würde zumindestens nicht so heissen
ohne die Kreuzzüge ;-)
Grüße, Benni
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