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Re: [ox] Presseecho der Konferenz



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On Thu, May 03, 2001 at 01:05:39AM [PHONE NUMBER REMOVED], Dirk Herrmann wrote:
Am 02.05.01, 19:26:57, schrieb LutzH <me privacy.net> zum Thema Re: 
[ox] Presseecho der Konferenz:
Zunächst wäre, wollte man Deine obige Kritik ernst nehmen, zunächst
einmal zu klären, _was_ genau eigentlich die Community erreicht hat. 

Ein stabiles, sicheres, flexibles, erweiterbares, hervorragendes OS
mit dazugehöriger Software. Eine Etablierung auf nahezu allen Märkten
der IT-Branche und eine zunehmend stärkere Verbreitung.

Das ist ein Aspekt. Der andere ist die Entdeckung und vielleicht
unbewusste Ausarbeitung eines neuen Konzepts der Arbeit: die
selbstbestimmte, kollaborative und zunächst von Überlegungen der
Verwertung des Ergebnisses ihrer Arbeit unberührte Auseinandersetzung
mit einem (softwaretechnischen) Problem, an dessen Lösung ein je
konkreter, eigener, nicht marktvermittelter Bedarf besteht.

Der erste, von Dir aufgeführte Aspekt ist kein sehr erstaunlicher. Gute
Software zu schreiben und diese zu etablieren gelingt ja auch Firmen,
die proprietären Code erzeugen. Diese sind jedoch nie in der Lage, die
eben auch in der Community (doofes Wort) liegende neue Form der
selbstbestimmten Zusammenarbeit anzuwenden.

Ist es, von Microsoft als Konkurrent ernst genommen, von IBM und
Konsorten als neues Marktsegment entdeckt und ausgebeutet zu werden? 

Da isser wieder, der böse Kapitalist, diesmal in Form von IBM. Aber
beisst sich das nicht mit Deinem Vorschlag, statt Innominate lieber
IBM als Sponosr zu verwenden oder willst Du Innominate nun auch noch
das Prinzip der Ausbeutung und Versklavung unterjubeln ?!? Bitte tue
mir den Gefallen...

Nochmal zum Mitschreiben: Hier redet niemand, außer Dir, von "dem
Kapitalisten" sondern vom Kapitalismus. Ich denke schon, dass IBM et al
das von der Community geschaffene zum Zwecke der marktwirtschaftlichen
Ausbeutung vereinnahmen. Da diese Firmen ja offensichtlich der Meinung
sind, mit dem Thema Linux ließe sich Profit erwirtschaften, wären sie ja
auch unter kapitalistischen Gesichtspunkten dumm, wenn sie dies nicht
täten. Von "böse" oder "gut" kann hier also keine Rede sein. Die Frage
ist vielmehr, ob dies, nämlich IBM et al ein neues Marktsegment zu
erschließen, ein Ziel der Menschen war und ist, die die Community
ausmachen.

In diesem Zusammenhang ist auch gerne davon die Rede, dass dies oder
jenes "gut für Linux" wäre. Meistens ist damit gemeint, dass Linux im
einen oder anderen Einsatzbereich (Desktop, Embedded, you name it)
konkurrenzfähiger werden würde. Was aber habe ich davon? Was hat der
Hacker, dem es nur um die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse
und um das Wohlleben seiner Mitmenschen davon, dass Linux nach
marktwirtschaftlichen Kriterien konkurrenzfähig ist?

Ist es genug, sich in der Art der FSF mit dem Erreichten
("Information will frei sein") zufrieden zu geben und jeden Gedanken
and die polotischen Implikationen des Erreichten als ideologisch zu
verbannen? Oder sollten nicht gerade die Community und auch
Außenstehende, die vielleicht einen, Verzeihung, intellektuell
umfassenderen Überblick über Politik, Gesellschaft und Wirtschaft
haben, sich dieses Themas annehmen? 

Ein Idealzustand wäre das, aber mich würde hier schon mal
interessieren, wen Du damit meinst :-)

Zum Beispiel diejenige, die Du bisher als "geistige Trittbrettfahrer"
bezeichnet hast: Geisteswissenschaftler, Künstler, etc.

[Rekursion]
Muss ich noch hinzufügen, dass ich diese Form der überflüssigen
?Kümmelkernspalterei? nicht weiter kommentieren möchte ?

Musst Du natürlich nicht. Es hilft aber ungemein, wenn Begriffe so
verwendet werden dass diese Verwendung ungefähr ihren Definition
entsprechen. Ansonsten kommen wir in eine Diskussion, in der zwar
mehrere Leute das selbe Wort schreiben, damit aber ganz unterschiedliche
Dinge meinen. Hinterher wundern sich dann alle, warum der jeweils andere
sich absichtlich so dumm angestellt hat :-)

Warum soll nicht zumindest versucht werden, eigene Gedanken zu
formulieren und sich gerade nicht mit den als unausweichlich
behaupteten Sachzwängen und Naturgegebenheiten zufrieden zu geben?

Irgendwie kommt der Kontext dieser Aussage bekannt vor... 

Das verstehe ich nicht. Der Kontext meiner Aussage ist die Dir hier
vorliegende Diskussion auf der Oekonux-Liste. In welchem anderen Kontext
sollte ich diese Aussage bereits formuliert haben?

Und warum ist dies für Dich "als Mensch" völlig unsinnig? Möchtest
Du behaupten, Du kenntest das Wesen des Menschen, könntest also
sagen, was er aus welchem Motivationen heraus unternimmt oder
unterlässt? Wäre die so, Du könntest Dich als einen weisen Menschen
fühlen.

Aber auch hier vermute ich, dass Du eher auf unhinterfragte
Weisheiten zurückgreifst als Dir eigene Gedanken gemacht zu haben.

Damit stellst Du die gesamte Wissenschaft in Frage, nicht nur mich als
einen unbedeutenden Vertreter dieser.

So etwas nennt man, sich eigene Gedanken machen :-)

Übrigens bezweifel ich, dass wir hier auch nur annähernd einen Begriff
der "gesamten Wissenschaft" gewinnen können. Allerdings wäre vermutlich
auch nicht viel geholfen, wenn ich nun das Schlagwort der "bürgerlichen
Wissenschaft" fallen ließe. Daher verkneife ich mir das ;-)

Na, wenn das so ist, scheint Oekonux ja schon in mindestens einem
Punkt erfolgreich gewesen zu sein. Ich befürchte aber, dass es nicht
so ist.  Die "essentiellen" Bestandteilen nehmen Oekonux
wahrscheinlich kaum wahr, genauso wie auch alle anderen
eigenständigen Denkansätze, die nicht umgehend vereinnahmt und
verwertet werden können. Daher ...

Und wieder ist es der böse Kapitalismus, der Euch ignoriert, weil Ihr
nicht verwehrtbar seid ?!?

Schön wär's. Leider ignoriert mich aber der Kapitalismus keineswegs
sondern zeigt mir jeden Tag seine hässliche Fratze. Ich habe nicht den
Anspruch, als kapitalistisch verwertbar wahrgenommen zu werden,
befürchte aber, dass es eine Außenwahrnehmung, die nicht zumindest
versucht, eine mögliche Verwertung zu denken, kaum gibt.

Vielleicht hätte ja mal jemand den Herrn Leiteritz von Innominate
fragen sollen, bei dem, was ich bis jetzt über ihn weiss, hätte er
Euch nicht nur wahrgenommen, sondern hätte sicherlich auch gerne
referiert.

Klar, warum nicht. Du kannst ja für die nächste Konferenz einen Kontakt
aufbauen. Übrigens würde ich persönlich es bevorzugen, wenn sich Herr
Leiteritz und alle anderen "Referenten" auch mehr an einer Diskussion
teilnehmen als referieren würden.

... halte ich Versuche, auf die von Dir oben genannten Firmen in
irgendeiner Form positiv einzugehen für eine schlechte Idee. Es geht
bei Oekonux nicht darum, irgendeine technische Entwicklung zu
beförden und irgendwelche innerkapitalistischen Notwendigkeiten zu
exekutieren. Diese Firmen machen natürlich genau das. Aber Du redest
ja selbst wohlweislich nicht von Freier Software sondern von Open
Source. Open Source aber ist die Reintegrierung des Gedankens Freier
Software in die Sphäre des Marktes und der Verwertung. 

Ist das jetzt eine These von Dir oder ist das die ?offizielle?
Meinung der Linux-Gemeinde ? Denn ich habe das irgendwie anders in
Erinnerung...  Zumindest habe ich von einem ?Exekutieren
innerkapitalistischen Notwendigkeiten? bis jetzt weder von Stallman
noch von Raymond etwas gelesen. Über einen weiteren Literaturhinweis,
sollte ich tatsächlich etwas überlesen haben, würde ich mich sehr
freuen.

Eine "offizielle" Meinung der Linux-Gemeinde kann es nicht geben, das
weißt Du auch. Und auch RMS und ESR sind zwar exponierte Vertreter ihrer
jeweils eigenen Richtungen, aber kaum in irgendeiner Form als
"offiziell" für die Community zu bezeichnen. Ansonsten empfehle ich Dir
das Archiv dieser Mailingliste oder auch das kurze Büchlein "Linux & Co
- - Freie Software - Ideen für eine andere Gesellschaft" von Stefan
Meretz, ISBN 3-930830-16-7.

Sobald der Profit, den sie [Firmen im OS-Bereich] in diesem
Marktbereich erzielen, nicht mehr ausreicht, werden sie auf einen
anderen ausweichen und ihre Open-Source-Programmieren entweder dazu
zwingen, proprietären Code zu erzeugen oder sie feuern. 

Was ist mit Firmen, deren _Geschäftsbasis_ OSS ist ?? Switchen die
dann um auf Windows2000 ??? :-))

Vielleicht, vielleicht stellen sie sich aber auch, leider, leider, den
unausweichlichen Marktzwängen und stelle ihre Geschäftsbasis auf
proprietäre Software um. Vielleicht wenden sie sich aber auch einer
Branche zu, in der die Profit noch ganz in Ordnung sind, z.B. der
Produktion von Landminen.

Vielleicht hätte man hier mal einen oder mehrere Vertreter dieser
Firmen einladen sollen; ich selbst hatte mit Innominate und
Siemens Gespräche, die wohl einige Missverständnisse hier hätten
beseitigen können.

Welche z.B.?

S.O. z.B. Raphael Leiteritz, Chief Executive Officer, Founder of
innominate AG, Head of Strategy and Communication,Member of the Board
of the German Linux Association, LIVE)

Ich meine nicht die Leute sondern die Missverständnisse. Welche
Missverständisse hätten beseitigt werden können? Und mit welchen
Argumentationen?

[4 GB-Patch]
Das ist mir recht eigentlich egal.

Super ! Und die Verbreitung von Linux auch ? 

Klar. Mir geht es nicht darum, ob eine gute oder schlechte _Software_
verbreitet wird, sondern ob Menschen ein gutes und angenehmes Leben
führen können. Der Zusammenhang zwischen diesem und der Portierung von
Linux auf einen Mainframe ist mir noch nicht ganz klar.

Aussagen und Vorschläge
[...]
gehören sicherlich zu einer politischen Diskussion, können leider
aufgrund mangelnder echter Überlegungen und kreativer Vorschläge, die
über Illusionen und Philosophie hinausgehen,

Jaja, die Philosophen. Kosten nur Geld, bringen aber nichts ein und
stören uns mit ihren kritischen Gedanken auch noch in unserer Ruhe
;-)

Das habe ich weder gesagt noch gemeint.

So? "über Illusionen und Philosophie hinausgehen" kann man aber schon
mit "Philosophen sind Spinner" übersetzen :-)

von einigen (vielen ?) Menschen nur belächelt werden.

Was noch nichts über den Gehalt dieser Überlegungn aussagt.

Es kommt drauf, _wer_ darüber lächelt...

Stimmt. Mich interessiert die Meinung der Menschen, mit denen ich
zusammen lebe, nicht die irgendwelcher Autoritäten oder der
"öffentlichen Meinung".

Das Bravehack-Dokument (www.bravehack.de) ist der Basisbaustein
für meine Überlegungen gewesen und konnte diesem nur in wenigen
Punkten widersprechen. Vielleicht sollten gerade die politisch
angehauchten Mitglieder

Soll ich Deinen Worten entnehemen, dass Du Dich als unpolitischen
Menschen siehts? Wozu dann diskutieren?

Darf ich jetzt schon nicht mehr diskutieren, nur weil ich kein Marxist
bin ?

Moment! Du redest von "politisch angehauchten Mitglieder", meinst aber
"Marxisten"? Es mag zwar sein, dass linke Menschen ein größeres Interesse
an Politk habe, als nicht-linke, aber das bedeutet noch lange nicht,
dass deswegen alle politischen Menschen automatisch Marxisten sind.
Meinetwegen darfst Du gerne konservativ oder liberal sein, Hauptsache,
Dir ist politisches Denken nicht egal.

Von "dürfen" kann auch gar keine Rede sein. Wenn Du aber, was ich nicht
vermute, sagst: "Mein Interesse gilt nicht der Politik, sondern der
Wirtschaft, die unpolitisch ist", dann sehe ich allerdings keinen Sinn
in einer Diskussion.

Ich nehme gleich mal Deine zweite Mail zum Thema und paste sie hier
rein, nur um das ganze etwas zu vereinfachen.

Kein Problem :-)

Das kann durchaus sein, aber meine Scheuklappen lassen sich
wenigstens mit einer existierenden Wissenschaft nicht nur
plausibel erklären, sondern auch noch fundieren.

Haha, das ist wirklich gut! Meinst Du dass wirklich ernst?

Ich habe irgendwie immer noch ein existierendes Vertrauen in die
hiesige Wissenschaft, die bei mir jedoch aufgrund meines
Geburtsjahrganges wohl später beginnt, dafür aber auch weiter in die
heutige Zeit reicht.

Wie soll ich das denn nun wieder verstehen? Lese ich hier etwa versteckt
das Wort "ewig Gestriger"? Da kann ich Dich beruhigen.

<flame>
"Ich bin dumm und stolz drauf!"
</flame>

Muss ich mich dazu äussern ? 

Nö, aber ich hoffe Du weißt, was die komischen Pseudo-HTML-Tags bedeuten
sollen :-)

IBM sieht allerdings Linux wirklich nur mehr oder weniger als eine
Erweiterung ihres Sortiments, Innominate hingegen nicht. 

Was sonst, bitte?

_Warum_ entwickelt dann ein Entwickler von OSS überhaupt, wenn es
nicht gerade zur Befriedigung _seines_ unmittelbaren Bedürfnisses
geht?

Er tut es nicht. Höchstens, um vom verdienten Geld seine Miete bezahlen
zu können. Oder vielleicht auch, weil Öltanks von innen zu schrubben
nicht so lustig ist, wie den ganzen Tag vor Computern zu sitzen.

Jeder Versuch, dieses System der selbsbestimmten Zusammenarbeit
wieder in die Verwertungssphäre zu reintegrieren, wird seiner Essenz
nicht gerecht.

Aber mit einer Integration in den Marxismus funktioniert es ? Ich
glaube, dass sehen selbst die GNU-Väter etwas anders....

Das dürfen sie durchaus. Übrigens ist hier nirgendwo von einer
Integration von Freier Software und allem, was damit zusammenhängt, in
den Marxismus die Rede.

P.S.: Ich weiss gar nicht, wann ich all die vielen Antworten hier
schaffen soll, aber ich denke, das hab ich mir mit meiner
provozierenden Art selbst eingebrockt...

Du schaffst das schon :-)

Ein Hinweis noch: Bitte lasse zwischen dem letzten Wort eines Satzes und
dem Satzzeichen kein Leerzeichen. Das gibt unschöne Zeilenumbrüche.

Gruß
Lutz
- -- 
LutzH <me privacy.net>
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Comment: Weitere Infos: siehe http://www.gnupg.org

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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