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Re: [ox] Die Anwendbarkeit der Wertkritik in der Informationsgesellschaft



Hi rhizom!

BTW: Warum traust du dich eigentlich nicht, deinen richtigen Namen in
deine Mail-Adresse aufzunehmen?

Vielleicht vorweg eine kleine Warnung: Deine Ignoranz regt mich auf -
spiegelt sich sicher in meiner Mail.

4 days ago rhizom 00 wrote:
Politik ist genauso wenig wie Ökonomie eine rein kapitalistische Kategorie.
Sondern zunächst gibt es allgemeine Definitionen (bei Ökonomie die
Produktion, Allokation und Distribution von Ressource, für Politik siehe
mein Politik-Posting), und dann konkrete Definitionen für jede
Gesellschaftsform.
Was ich sage ist, daß es im Kapitalismus kapitalistische Ökonomie und
kapitalistische Politik gibt. Und auch innerhalb des Kapitalismus eine
emanzipatorische Politik (Selbstorganisation),

Kannst du mir erklären, wo diese emanzipatorische Politik sich in den
150 Jahren durchgesetzt hat? Der politizistische Ansatz scheint mir da
doch ganz erhebliche Probleme aufzuweisen. Und berauschende neue
Konzepte, die das ändern könnten, kann ich auch nirgends entdecken.

Ich behaupte mal - vielleicht etwas gewagt - : Das, was du uns hier
als emanzipatorische Politik verkaufen willst, ist alles im Alten
verhaftet. Die neue Politikform einer Gesellschaft jenseits des
Kapitalismus - der GPL-Gesellschaft - ist heute höchstens in der
Keimform da. Genausowenig wie du im 16. Jahrhundert Demokratie als
*die* Politikform der kapitalistischen Zentren vorhersehen konntest.

deren Ziel die UNMITTELBARE
Aufhebung des Kapitalismus als Ganzes sein muß, da es ansonsten zu neuen
Herrschaftsformen kommt, die noch immer mit bürgerlichen Kategorien
operieren.

Da stimme ich dir zu. Und ich denke, es läßt sich darauf reduzieren,
den Tausch abzuschaffen - also auch Leistung gegen Lebenschancen. Aber
da sind wir mitten in dem, was du vermutlich als Ökonomie bezeichnen
würdest.

Ein Fortschritt ist nur eine Gesellschaft ohne diese Kategorien,
nicht eine mit veränderten. Wenn Du also z.B. das Leistungsprinzip
beibehalten willst, so ist das zutiefst bürgerlich. So eine Gesellschaft ist
dann notwendigerweise noch bürgerlich.
Und ich stelle in Frage, daß es innerhalb des Kapitalismus eine
emanzipatorische Ökonomie gibt.

Und ich stelle in Frage, daß es innerhalb des Kapitalismus eine
emanzipatorische Politik gibt.

Sag' mal, hast du dich eigentlich schon mal mit unseren Gedanken
auseinandergesetzt? Nach dem, was du von dir gibst, habe ich eher
nicht den Eindruck. Unter `http://www.oekonux.de/texte' gibt's einiges
und unter `http://www.kritische-informatik.de/' ebenso. Du kannst fast
alle Texte auch in den entsprechenden OpenTheory-Projekten direkt
kommentieren. Vielleicht sollten wir erst dann weiterreden...

Daher Primat der emanzipatorischen Politik
um unmittelbar eine herrschaftsfreie Gesellschaft zu erreichen, in der es
einen Primat der Politik über die Ökonomie gibt und Selbstorganisation in
allen gesellschaftlichen Bereichen.

Wie soll das gehen?

Entweder du willst wie Ralf den Kapitalismus reformerisch an die Leine
nehmen - was nicht geht wie du selbst sagst - oder du brauchst auch
ökonomisch eine Keimform, auf die sich dein Primat der Politik
beziehen müßte - und die lehnst du ab weil es die nicht geben kann.
Übersehe ich was oder schlägst du einfach Unmöglichkeiten vor?

Das, was von vielen als ökonomische Keimform bezeichnet wird, ist letzten
Endes oft nur ein Kapitalismus neu mit noch intensiver Ausbeutung im Sinn
der relativen Mehrwertproduktion und geistiger Integration der
Ausgebeuteten. Damit meine ich vor allem partizipatorisches Management und
neue Managementmethoden, die von manchen als emanzipatorisch angesehen
werden.

Ich hoffe, dir ist klar geworden, daß *wir* *davon* nicht reden.

Emanzipation bedeutet die Aufhebung von Herrschaftsverhältnissen. Eine
Keimform muß bereits nach diesen Kategorien der Herrschaftsfreiheit und der
Aufhebung der bürgerlichen Kategorien angelegt sein. Politisch geht das
wesentlich einfacher als ökonomisch.

Wo? Wo siehst du eine politische Keimform, die nennenswerte Größe und
Bedeutung erreicht hat, wo bürgerliche Kategorien aufgehoben sind? Und
komme mir nicht mit den besseren(?) Familienzusammenhängen, die in der
linken Subkultur so üblich sind. Ich rede von gesellschaftlicher
Bedeutung - nicht (selbstgewollter?) Marginalität.

Die ökonomischen Zwänge des
Kapitalismus sind eben nicht transzendierbar.

Aber die politischen oder was?

Und das Resultat jener, die
dann meinen, es gebe eine ökonomische Keimform, ist, daß sie kapitalistische
Prinzipien beibehalten und das als fortschrittlich bezeichnen.

Nochmal: Wo ist das bei Freier Software so? Wo werden da im Kern der
Bewegung kapitalistische Prinzipien beibehalten? Hast du dich
überhaupt schon mal mit der Grundlage dessen befaßt worüber wir hier
reden?

Mein Tip: Vergiß mal deinen ganzen alten Begriffsapparat und die
ganzen immanenten Diskussionen, auf die du dich scheinbar beziehst.
Wir machen hier etwas völlig Neues.

Auch wenn Du Modzilla nicht als Freie Software siehst.

Das ist keine Frage der Sichtweise. Mozilla *ist* keine Freie Software
im Sinne der FSF - auch wenn's dir noch so sehr nicht in den Kram
paßt. Kritisieren doch mal den `gcc' - der ist wirklich Frei - und BTW
ein schönes Beispiel für den Linux-Umbruch in der
Freien-Software-Szene.

Es zeigt, wohin diese
ganze Begeisterung für diesen Bereich führt - Subsumtion unter das Kapital.
Und Menschen, die sich daran beteiligen, denken sich dann evtl. auch noch,
sie handeln emanzipatorisch. Das ist dann schon eine ganz schöne
ideologische Integrationsleistung des Kapitalismus, wenn er Menschen so
manipuliert, daß sie denken, emanzipatorisch zu handeln, aber tatsächlich
den Kapitalismus reproduzieren helfen.

Andersherum wird ein Schuh draus: Es ist schon eine ganz schöne
ideologische Integrationsleistung des Kapitalismus, wenn er auf seinem
ureigensten Feld - der Ökonomie - von seinen schärfsten KritikerInnen
für prinzipiell unbesiegbar gehalten wird. Zieh' deine Scheuklappen
aus.

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Sag mal, bist du ein U-Boot?


						Mit Freien Grüßen

						Stefan


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Organisation: projekt oekonux.de



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