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Re: [ox] Re: Herangereifte Widersprueche in der buergerlichen Gesellschaft (w...



Hallo, Ralf!

On Die, 14 Nov 2000, RalfKrae aol.com wrote:
sloyment gmx.net:
Es ist m.E. falsch [...], wenn [...] grundsätzlich der Anspruch von

 > UrheberInnen auf angemessene Vergütung negiert wird.

 Das hat auch niemand von uns vor. Die Welt des geistigen 
Eigentums soll nicht
 enteignet, sondern zurückgelassen werden und dann verkümmern. Dazu 
gibt es die Freien Informationsgüter, egal ob mit oder ohne Copyleft.
 Problematisch wird es erst, wenn Fremdeinflüsse uns die Grundlage
entziehen, diese neue Welt des Freien Wissens weiter aufzubauen. 
Mit zusätzlichen fünf DEM GEMA-Abgabe auf CD-Rohlinge wird es 
ein teurer Spaß werden, sich mal eben die
 neuste Distribution (i.d.R. 9 CDs) vom Nachbarn auszuleien und zu
brennen. Damit hätte sich Freie Software erledigt.

Dies
  ^^^^ Bezug?
ist m.E. sehr wohl ein Negieren der Vergütungsansprüche von
UrheberInnen, die erst dann akzeptabel ist, wenn nicht nur geistiges,
sondern alles Eigentum "verkümmert" ist.

Falls das "Verkümmern" gemeint ist:
  Hiermit ist gemeint, daß keiner mehr den Proprietären Ramsch kauft, 
  wenn das Freie überlegen ist. Dies sehe ich nicht als "Negieren der
  Vergütungsansprüche" an, denn diese gibt es nur, solange noch jemand
  den Krempel haben will.

Falls das Brennen Freier Software gemeint ist:
  Bei Freier Software hat der Urheber klargemacht, daß er keine Ansprüche
  auf Vergütung stellt. Ansonsten hätte er seine Software nicht Frei 
  gemacht, sondern als Shareware vertrieben o.ä.

Das werden wir nach meiner
Einschätzung alle nicht mehr erleben. bis dahin jedenfalls besteht dieser
Anspruch m.E. zu Recht.

Wessen Anspruch? Und Gegen wen?

 Man sollte wissen, daß die Verwertungsgesellschaften ihre Einnahmen
nicht gleichermassen an alle schöpferisch tätigen Menschen verteilen,
sondern lediglich an zahlende Mitglieder. Somit haben jene keinerlei
Anspruch auf Gemeinnützigkeit. Mitglieder solcher Strukturen sind wohl
auch kaum diejenigen, die sich von der Welt des geistigen Eigentums
bereits verabschiedet haben, etwa indem sie nur noch Freie
Computerprogramme laufen lassen.

Die Mitglieder, genauer: Wahrnehmungsberechtigten, der GEMA oder VG Wort
zahlen nicht, sondern empfangen Zahlungen.

LÜGE, LÜGE! Auf http://www.gema.de/publik/faq/faq.html steht:

"Die einmalige Aufnahmegebühr beträgt für Komponisten und/oder Textdichter 
100,- DM, für Musikverleger 200,- DM zuzüglich 16% Mehrwertsteuer. Darüber 
hinaus ist ein jährlicher Beitrag von 50,- DM zu entrichten." 

Jede Wette, dass darunter auch
welche sind, die auf ihrem Computer Freie Programme laufen haben. 

Hast *du* denn Programme auf dem Computer laufen, die Frei i.S.d. FSF sind? 
Wenn ja, nenn mir mal bitte ein paar... (nur zur Kontrolle)

Ich glaub das gern, daß Befürworter des Urheberrechts Freie Software 
verwenden, denn ihre Qualität ist attraktiv, und man kann bei Software ja 
auch problemlos "bei ihnen und bei uns geniessen", ohne daß dadurch 
Ressourcen draufgingen. Der umgekehrte Fall ist nur kaum vorstellbar, 
nämlich, daß einer, der den Grauen proprietärer Software vor Augen habend 
Freie verwendet, voranbringt oder verteidigt, das Urheberrecht befürwortet.

Je mehr
elektronische, also nicht an den Verkauf einzelner Druckwerke oder
Tonträger gebundene Vervielfältigung zunimmt, schmälert das die aus deren
Verkauf resultierenden Erlöse

Damit spielst du wahrscheinlich auf illegale Vervielfältigungen an. Dann 
erklär mir mal bitte, warum die Softwareindustrie keine Pauschale fordert. 
Die ist ja schon zehn Jahre länger von diesem Phenomen betroffen.

und stellt sich auch hier die Frage des Entgelts.

Wenn die Leute Bücher und CDs an der Kasse vorbeitragen, stellt sich die 
Frage auch nicht. Da kommt dann die Polizei, verhaut alle, und dann macht das 
keiner mehr.

Mach andere Vorschläge. Soll jedes mal einzeln erfasst und gemeldet werden,
wer welches Werk kopiert hat? Das ist wohl wirklich eine Horrorvorstellung,
aus Datenschutzgrüden und wegen unverhältnismäßigem Aufwand.

Pauschalen sind schon wegen des unterschiedlichen Volumens nicht haltbar. 650 
MB Daten (1 CD-Rohling) entsprechen 162.500 Seiten Text, einer Tonaufnahme 
einer Länge von einer Stunde und 84 Sekunden (bei Stereo und einem 
Rauschpegel von 2^-16) oder etwa 20 Sekunden Video (bei voller PAL-Auflösung 
und 2^-8 Grauwerten pro Kanal). Wie soll man nun dem Videoamateur das 
erklären, daß er für 20 Sekunden Video so viel zu zahlen hat wie einer, der 
sich dafür tausende Bücher kopieren "darf"(?). 

 Ich will aber gar keine Nutzerin proprietärer Informationsprodukte sein.
 Wenn die Kolumnisten von mir kein Geld kriegen, dann, weil ich ihre 
 Zeitung nicht kaufe und nicht, weil ich sie mir heimlich selbst 
 ausdrucke. Also, wenn ich lasterweise Reprodrucke von abgelaufenen 
 Büchern drucken wollte, warum sollte ich dann freudestrahlend 
 monatsgehaltweise aufsummierte Pfennigbeträge an Kopiergeräteabgabe 
 abdrücken, ohne daß mir das wehtun soll???

Kann ja sein, dass du nur uralte Schinken liest und hörst oder solche, die
ausdrücklich frei sind, kein TV guckst und Radio hörst etc., also fast
überhaupt keine aktuellen Medien nutzst,

Zunächst eine kleine Anmerkung: Ich habe noch nie gehört, daß man für das 
Lesen, Hören oder Ansehen ansich bezahlen müßte, zumindest nicht bei den 
genannten Medien (beim Kino schon -- aber selbst da heißt das "Eintritt" und 
nicht "Schaugeld" o.ä.). Gewöhnlich bezahlt man für die Exemplare, bzw. für 
das Recht, weitere herstellen zu dürfen. Lediglich von Computerprogrammen 
kennt man Nutzungseinschränkungen (Anzahl Nutzer, Prozessoren, Monitore, 
zeitliche Begrenzung usw.).

Wenn ich unFreie Inhalte über die genannten Medien konsumiere, dann weiß ich, 
was ich vor mir habe, wozu diese Inhalte gemacht wurden, was ich damit tun 
darf, ohne mich strafbar zu machen usw. Entsprechend sehen meine 
Nutzungsgewohnheiten aus, die du tendenziell schon richtig umreißt. Auf dem 
Computer habe ich z.B. nur noch sehr wenige unFreie Programme, z.B. das Bios.

Daß mit der Nutzung eines aktuellen Medium automatisch der Konsum 
proprietärer Inhalte einhergehen soll, kann ich nicht nachvollziehen. Wie du 
leicht feststellen kannst, benutze ich regelmässig und intensiv das Medium 
Internet. Da ich mich über einen normalen ISP verbinde, geht das theoretisch 
auch völlig Frei -- anders, als wenn ich das Internet indirekt über einen 
Onlinedienst wie AOL nutzen müßte, wo man eine proprietäre "Einwahlsoftware" 
verwenden muß, die die Verbindung über ein proprietäres Protokoll herstellt 
und sofort danach mit der Übertragung proprietären Schunds beginnt.

aber dann bist du eine extreme Ausnahme, über die man nicht diskutieren 
muss.

Man *muss* über gar nichts diskutieren. Es gibt aber Richard Stallman, die 
extreme Ausnahme, die zufällig recht berühmt ist und viele Anhänger hat. 
Darüber sollte man schon diskutieren...

 > GEMA und VG Wort sind m.E. erst mal sinnvolle Einrichtungen, um
 > Entgeltansprüche von UrheberInnen durchzusetzen.

 Falsch. Sie vertreten lediglich die Ansprüche ihrer Mitglieder. (Das ist
 übrigens auch gut so -- ich will gar nicht, daß die mich vertreten.)

Du scheinst da falsche Vorstellungen zu haben. Ich bekenne: ich bin
Mitglied der VG Wort. 

Dann erzähl mir erstmal, welche Verwertungsansprüche du dir auf deine Mails 
vorbehältst und vor allem gegen wen. Gegen Stefan Merten (als Verleger)? Oder 
gegen uns alle?

Das sind außer mir schlappe über 180.000 AutorInnen
und über 5000 Verlage. Die durchschnittliche Ausschüttung pro aktivem Autor
betrug für 1999 gewaltige 583,- DM für das ganze Jahr. Dafür muss man je
nach Sparte erhebliche Mengen Text veröffentlicht haben. Würde man daraus
einen Stundenlohn berechnen, läge der weit unter 1,-DM. Die Verlage
bekommen mehr, aber anteilig zu ihren sonstigen Umsätzen ist das auch bei
denen eher geringfügig.

Ich habe nicht behauptet, daß es viel ist, sondern nur, daß es prinzipiell 
falsch ist.

 > Was die Einnahmequellen angeht, wäre es m.E. nötig, hier über konkrete
 > Alternativen zu diskutieren, wenn man z.B. Abgaben auf Hardware
 > ablehnt

 Sinniger wäre aber, überhaupt keine Pauschalabgaben zu betreiben,
sondern bei
 jedem Fall die Information an die VGs mitzuübermitteln, was kopiert
wurde (z.B. Autor u. Titel oder ISBN). Werke ohne Verwertungskennung sind
überhaupt
 nicht zu besteuern. Die Kennung könnte z.B. auf jeder Buchseite als

Barcode

 eingedruckt sein und vom Kopierer automatisch ausgelesen werden...

Außerdem müsste die Person registriert werden, damit von ihrem Konto
abgebucht werden kann. Na ja, ob das die besserer Lösung ist ....

Was soll denn der Unsinn? Ist das etwa heute in Fotokopiergeschäften der Fall?

 > Oder sollen nur noch Reiche schreiben
 > können oder Leute, denen Sozialhilfe reicht, oder die "was Richtiges
 > arbeiten" und das dann in ihrer Freizeit tun? Finde ich weder
 > realistisch noch wünschenswert.

 Das ist heute Realität. Wer im Akkord dichtet, etwa
Groschenromanschreiber oder Zeitungsfritzen, produziert nur Schrott. Das
kann man nicht wirklich mitzählen. Und wer nur selten etwas geniales
schreibt, macht das ja wohl kaum beruflich. Wünschenswert ist die 
finanzielle Situation letztgenannten Falles
 natürlich nicht, eine staatliche Berentung aller Bürger vom ersten Tag
des Lebens an könnte aber hierbei helfen. Damit sollten sich die
Gewerkschaften  mal beschäftigen!

Erst mal hast du oder sonstwer (zum Glück) nicht zu entscheiden, ob
irgendwas Schrott ist und bezahlt gehört oder nicht,

Das hab ich wohl -- und ausser mir jeder andere auch!

Aber diese Wertung war nur eine Randbemerkung. Worum es ging, war, daß 
Autoren, die *ergebnisorientiert* (s. meine Mails vom 19. u. 20.01.2000, 
"Definitionen") arbeiten, nicht regelmässig Ergebnisse vorweisen können, 
wodurch sich ihr Autorendasein ohnehin nicht als Erwerbstätigkeit eignet.

Zur staatlichen Berentung wieder die profanen Fragen: welche Höhe[1],
welche Kosten[2], wer bezahlt es[3]?

Wie wärs mit...
1. halbes Durchschnittseinkommen
2. halbes Einkommen
3. alle 

Natürlch könnte man Kohlesubvention und Bundeswehr abschaffen und so noch ein 
paar zusätzliche Gelder locker machen, ausserdem müßten heutige Regelungen 
(Sozialhilfe, Kindergeld, Rente), die überflüssig würden, noch sinnvoll 
umverteilt werden, aber als grobe Orientierung sollte die obenstehende 
Antwort erstmal reichen (über den genauen Anteil läßt sich auch noch 
diskutieren...).

Tschüß,
Thomas
 }:o{#

_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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