Re: [ox] Re: Herangereifte Widersprueche in der buergerlichen Gesellschaft (w...
- From: RalfKrae aol.com
- Date: Thu, 16 Nov 2000 07:07:37 EST
Hallo Thomas,
In einer eMail vom 16.11.00 01:51:06 (MEZ) Mitteleuropäische Zeit schreibt
sloyment gmx.net:
und die Frage, wie man zur gewerkschaftlchen
> Interessenvertretung von UrheberInnen und zur GEMA etc. steht.
Nein, darum geht es nicht. Die Gewerkschaften sollen die Interessen aller
Menschen vertreten und sich für geringere Arbeitszeit und höhere Löhne
einsetzen, solange diese Menschen noch Zeit mit Lohnarbeit verbringen
müssen,
weil Löhne ihre Lebensgrundlage sind. Ferner sollten sie aber auch ein
Überwinden dieses Zustandes anstreben.
Darum ging es in der Bezugsmail durchaus. Die UrheberInnen, um die es mir
hier v.a. geht, sind überwiegend nicht lohnabhängig beschäftigt bei einem
Verlag oder so, sondern als Freie im Sinne von mehr oder minder freiwillig
Selbständige tätig und verkaufen ihre Werke gegen Honorar an Verlage oder
andere. Ich finde sinnvoll, dass Gewerkschaft sich auch um solche abhängig
Selbständigen kümmert. Die Höhe des durchsetzbaren Honorars hängt oft auch
von der Auflage ab (v.a. bei Büchern und Musik), die durch Kopiererei,
elektronische Verbreitung etc. negativ betroffen ist. Es ist m.E. völlig in
Ordnung, dass sie also auch von den diesen NutzerInnen ihrer Werke auf
irgendeine Weise ein Entgelt haben wollen. Und das scheint mir das Verfahren
bei VG Wort und GEMA zumindest praktikabel zu sein. Wenn man das ändern will,
muss man eine andere Honorierung allgemein durchsetzen, also z.B. ausreichend
hohe pauschale Entgelte, die nicht auflagenabhängig sind. Fragt sich dann,
wer die zahlen soll, denn bei kleinen Auflagen können die Verlage das dann
nicht tragen. Also müssten entweder die UrheberInne direkt oder die Verlage
entsprechend öffentlich subventioneirt werden. Das läuft letztlich darauf
hinaus, den gesamten Mediensektor quasi in öffentlich-rechtliche Formen zu
überführen, eine wohl auch nicht unproblematische Vorstellung. Da das dann
über Steuern finanziet werden müsste, wäre das auch noch pauschaler als jetzt
(allerdings vielleicht sozialer, wenn die Besteuerung einkommensprogressiv
wäre). Jedenfalls so einfach wie du es dir machst ist das eben alles nicht.
Deine Beispiele sind keineswegs allgemein übertragbar.
>
> Aber gerade wenn künftig hier Verbreitung übers Netz immer wichtiger wird
> und dann zumindest in Teilbereichen erheblich zu Lasten der
Papierauflagen
> geht, wird es nicht mehr funktionieren, dass dies wie bisher von den
> KäuferInnen der Printausgaben unfreiwillig mitfinanziert mit.
Die Zeitungen im Web (z.B. www.bild.de) sind großteils vom Aufbau her
total
vermurkst. Es ist kaum möglich, sich die ganze "Zeitung" von vorn bis
hinten
durchzulesen.
Betrifft weniger Tageszeitungen als Fachpublikationen, die eh nicht
regelmäßig von vorne bis hinten gelesen werden. Ich meine, wenn niemand diese
neuen Medien nutzt, weil alle, die Interesse an den Texten etc. haben, sich
eh die Printausgaben kaufen, warum reden wir dann darüber? Das ist einfach
nicht so.
Insgesamt "nur" ein paar hunderttausend Leute.
Wie im Steinkohlebergbau? Ich habe gehört, es wäre billiger, allen
Arbeitern
in diesem Bereich eine Sofortrente zu verpassen, als diesen
Industriebereich
künstlich am Leben zu erhalten.
Das ist ein anderer Thema, über das wir auch streiten könnten, trifft hier
aber nicht, weil der Mediensektor, um den hier geht, ein expandierender ist
und alles andere als künstlich am Leben erhalten. Du vertritts faktisch ein
Programm, eine große Zahl von Leuten um relevante Teile ihres Einkommens zu
bringen, für deren Produkte durchaus gesellschaftliches Bedürfnis da ist
(egal, ob du oder jemand sonst persönlich die Produkte für Schrott hältst).
Grüße
Ralf Krämer
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