Message 01313 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT01291 Message: 7/11 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Re: Herangereifte Widersprueche in der buergerlichen Gesellschaft (w...



Hallo Thomas und allerseits

In einer eMail vom 14.11.00 00:58:27 (MEZ) Mitteleuropäische Zeit schreibt 
sloyment gmx.net:

Es ist m.E. falsch [...], wenn [...] grundsätzlich der Anspruch von 
 > UrheberInnen auf angemessene Vergütung negiert wird.
 
 Das hat auch niemand von uns vor. Die Welt des geistigen Eigentums soll 
nicht 
 enteignet, sondern zurückgelassen werden und dann verkümmern. Dazu gibt es 
 die Freien Informationsgüter, egal ob mit oder ohne Copyleft.
 Problematisch wird es erst, wenn Fremdeinflüsse uns die Grundlage 
entziehen, 
 diese neue Welt des Freien Wissens weiter aufzubauen. Noch problematischer 
 wird es, wenn die reaktionären Forderungen von der Seite der 
Gewerkschaften 
 kommen. In den 80ern hieß es etwa, Industrieroboter und Computer seien 
 schlecht, da sie ja Arbeitsplätze abbauen. Mit zusätzlichen fünf DEM 
 GEMA-Abgabe auf CD-Rohlinge wird es ein teurer Spaß werden, sich mal eben 
die 
 neuste Distribution (i.d.R. 9 CDs) vom Nachbarn auszuleien und zu brennen. 
 Damit hätte sich Freie Software erledigt.

Dies ist m.E. sehr wohl ein Negieren der Vergütungsansprüche von 
UrheberInnen, die erst dann akzeptabel ist, wenn nicht nur geistiges, sondern 
alles Eigentum "verkümmert" ist. Das werden wir nach meiner Einschätzung alle 
nicht mehr erleben. bis dahin jedenfalls besteht dieser Anspruch m.E. zu 
Recht.
  
 Man sollte wissen, daß die Verwertungsgesellschaften ihre Einnahmen nicht 
 gleichermassen an alle schöpferisch tätigen Menschen verteilen, sondern 
 lediglich an zahlende Mitglieder. Somit haben jene keinerlei Anspruch auf 
 Gemeinnützigkeit. Mitglieder solcher Strukturen sind wohl auch kaum 
 diejenigen, die sich von der Welt des geistigen Eigentums bereits 
 verabschiedet haben, etwa indem sie nur noch Freie Computerprogramme 
laufen 
 lassen. 

Die Mitglieder, genauer: Wahrnehmungsberechtigten, der GEMA oder VG Wort 
zahlen nicht, sondern empfangen Zahlungen. Jede Wette, dass darunter auch 
welche sind, die auf ihrem Computer Freie Programme laufen haben. Je mehr 
elektronische, also nicht an den Verkauf einzelner Druckwerke oder Tonträger 
gebundene Vervielfältigung zunimmt, schmälert das die aus deren Verkauf 
resultierenden Erlöse und stellt sich auch hier die Frage des Entgelts. Da 
erwarte ich dann konstruktive Vorschläge zu Alternativen, wenn Abgaben auf 
Hardware, Casetten, CDs-Rohlinge etc. nicht gewünscht sind.
 
 Es bezollt also die proprietäre die Freie Welt. Dies ist bereits der Fall 
bei
 öffentlichen Musikaufführungen (GEMA) oder Fotokopieen (VG Wort). Solange 
es 
 noch einen Ausgang gibt, wie bei den Musikaufführungen, ist das OK. Dort 
ist 
 es möglich, durch Formulare voranzumelden, daß man keine Rechte von 
 GEMA-Mitgliedern verletzt. Dadurch wird die Aufführung gebührenfrei. Ich 
habe 
 aber noch nichts davon gehört, daß ein die Gebühren auf Kopierer 
wegfielen, 
 wenn man nachweislich nur Schriften von Nicht-{{VG-Wort}-Mitgliedern}, 
z.B. 
 über 70 Jahre alte Bücher damit vervielfältigen wolle. Noch mehr 
Pauschalen 
 wären fatal.

Mach andere Vorschläge. Soll jedes mal einzeln erfasst und gemeldet werden, 
wer welches Werk kopiert hat? Das ist wohl wirklich eine Horrorvorstellung, 
aus Datenschutzgrüden und wegen unverhältnismäßigem Aufwand.
 
 Ich will aber gar keine Nutzerin proprietärer Informationsprodukte sein. 
Wenn 
 die Kolumnisten von mir kein Geld kriegen, dann, weil ich ihre Zeitung 
nicht 
 kaufe und nicht, weil ich sie mir heimlich selbst ausdrucke.
 Also, wenn ich lasterweise Reprodrucke von abgelaufenen Büchern drucken 
 wollte, warum sollte ich dann freudestrahlend monatsgehaltweise 
aufsummierte  
 Pfennigbeträge an Kopiergeräteabgabe abdrücken, ohne daß mir das wehtun 
 soll??? 

Kann ja sein, dass du nur uralte Schinken liest und hörst oder solche, die 
ausdrücklich frei sind, kein TV guckst und Radio hörst etc., also fast 
überhaupt keine aktuellen Medien nutzst, aber dann bist du eine extreme 
Ausnahme, über die man nicht diskutieren muss. By the way bezweifle ich das 
aber auch.
 
 > GEMA und VG Wort sind m.E. erst mal sinnvolle Einrichtungen, um
 > Entgeltansprüche von UrheberInnen durchzusetzen.
 
 Falsch. Sie vertreten lediglich die Ansprüche ihrer Mitglieder. (Das ist 
 übrigens auch gut so -- ich will gar nicht, daß die mich vertreten.)

Du scheinst da falsche Vorstellungen zu haben. Ich bekenne: ich bin Mitglied 
der VG Wort. Das sind außer mir schlappe über 180.000 AutorInnen und über 
5000 Verlage. Die durchschnittliche Ausschüttung pro aktivem Autor betrug für 
1999 gewaltige 583,- DM für das ganze Jahr. Dafür muss man je nach Sparte 
erhebliche Mengen Text veröffentlicht haben. Würde man daraus einen 
Stundenlohn berechnen, läge der weit unter 1,-DM. Die Verlage bekommen mehr, 
aber anteilig zu ihren sonstigen Umsätzen ist das auch bei denen eher 
geringfügig.
 
 > Was die Einnahmequellen angeht, wäre es m.E. nötig, hier über konkrete
 > Alternativen zu diskutieren, wenn man z.B. Abgaben auf Hardware ablehnt

 Sinniger wäre aber, überhaupt keine Pauschalabgaben zu betreiben, sondern 
bei 
 jedem Fall die Information an die VGs mitzuübermitteln, was kopiert wurde 
 (z.B. Autor u. Titel oder ISBN). Werke ohne Verwertungskennung sind 
überhaupt 
 nicht zu besteuern. Die Kennung könnte z.B. auf jeder Buchseite als 
Barcode 
 eingedruckt sein und vom Kopierer automatisch ausgelesen werden...

Außerdem müsste die Person registriert werden, damit von ihrem Konto 
abgebucht werden kann. Na ja, ob das die besserer Lösung ist ....

 > Oder sollen nur noch Reiche schreiben
 > können oder Leute, denen Sozialhilfe reicht, oder die "was Richtiges
 > arbeiten" und das dann in ihrer Freizeit tun? Finde ich weder realistisch
 > noch wünschenswert.
 
 Das ist heute Realität. Wer im Akkord dichtet, etwa Groschenromanschreiber 
 oder Zeitungsfritzen, produziert nur Schrott. Das kann man nicht wirklich 
 mitzählen. Und wer nur selten etwas geniales schreibt, macht das ja wohl 
kaum 
 beruflich. Wünschenswert ist die finanzielle Situation letztgenannten 
Falles  
 natürlich nicht, eine staatliche Berentung aller Bürger vom ersten Tag des 
 Lebens an könnte aber hierbei helfen. Damit sollten sich die 
Gewerkschaften  mal 
 beschäftigen!
 
Erst mal hast du oder sonstwer (zum Glück) nicht zu entscheiden, ob irgendwas 
Schrott ist und bezahlt gehört oder nicht, sondern wenn es genutzt wird, 
finden es zumindest die NutzerInnen anscheinend nicht Schrott. Zur 
staatlichen Berentung wieder die profanen Fragen: welche Höhe, welche Kosten, 
wer bezahlt es? Ich hab den Eindruck, dass da sogar sicher suboptimale 
Pauschalagaben die gerechtere und billigere und angemessere Lösung sind.

Freundliche Grüße

Ralf Krämer
Fresienstr. 26
44289 Dortmund
Tel. 0231-3953843
Fax 0231-3953844

_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT01291 Message: 7/11 L1 [In index]
Message 01313 [Homepage] [Navigation]