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Re: [ox] Re: [ox] Re: Übergang in die GPL-Gesellschaft



Hallo, Lutz!

Nach langer, langer Zeit (irgendwie hab ich zur Zeit einen Emailstau 
fabriziert) nun der versprochene zweite Teil der Antwort:

On Fre, 06 Okt 2000, LutzH wrote:
On Thu, Oct 05, 2000 at 06:05:50PM [PHONE NUMBER REMOVED], Thomas Uwe Gruettmueller wrote:

Wenn wir Freie Güter nur konstruieren und copyleften, brauchen wir uns um
die Herstellung nicht weiter zu kümmern. In diesem Bereich können die
Regeln des Kapitalismus ruhig noch eine Weile weitergelten. Dieser
Bereich, die materielle Produktion, wird nämlich dann, dank hoher
Konkurrenz, zum einen einen immer geringeren Mehrwert erzielen und zum
anderen so sehr rationalisieren, bis die Zahl der in diesem Sektor
Beschäftigten einen Stand wie in der Landwirtschaft angenommen hat, wo
die Sichel durch den Mähdrescher abgelöst wurde. So würde sich das
Problem Kapitalismus von selbst lösen.

Hmm, das klingt zwar nach Kurzscher Zusammenbruchs-Theorie, scheint mir
aber nicht genau das selbe zu sein. Allein die Verringerung der Anzahl
der Beschäftigten kann ja wohl noch nicht der Auslöser für den
Zusammenbruch des Kapitalismus sein.

Bürgergeld-Jungrentner (s.u.) sind weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer. Sie 
stehen einfach ausserhalb dieses Systems. Der einzige Kontaktpunkt ist das 
Geld. Wer sich daran stört, kann ja dann eine andere Form der Wirtschaft 
aufbauen. Genug Zeit hat man ja als Rentner.

Warum soll sich dieser nicht mittels der diversen Modelle, im OS-Bereich 
Geld zu verdienen, weiter halten können?

Na und? Ist doch eine nette Übergangslösung, bis es was besseres gibt. Und 
die Teilnahme ist auch freiwillig. Wo siehst du das Problem?

Auch zu Oscar wird es "Support" geben müssen, der sich
sicher prima Mehrwert-erzeugend anbieten lässt.

Hast du den Support deines Distributors schonmal in Anspruch genommen?

Was ist mit LUGs?

Das ganze bringt natürlich einige Probleme mit sich. Wieviel Leute
arbeiten heute noch am Band? 20%? Dann kämen bei einem erwünschten Wert
von 5% also etwa 15% Arbeitslose zu den jetzigen hinzu. Mit einem
veränderten Kaufverhalten der Menschen würden ferner Werbegrafikdesigner
und ähnliche Berufsgruppen arbeitslos, wodurch die Zahl der Arbeitslosen
nochmals hochginge. Da stellt sich die Frage, ob unser nicht gerade
demokratischer Staat fähig ist, darauf richtig zu reagieren, also das
Bürgergeld einzuführen und den Bildungsetat aufzustocken.

Wie kommst Du denn auf die Idee, dass ausgerechnet ein Bürgergeld hier
die richtige Reaktion wäre?

Ein Bürgergeld ist die unter den jetzigen Bedingungen am einfachsten 
durchzuführende Maßnahme. Der soziale Abstieg bei Langzeitarbeitslosigkeit 
fiele dann weg. Somit wäre gegen diese nichts mehr einzuwenden. "Schaffung 
von Arbeitsplätzen" wäre kein Thema mehr, ebensowenig irgendwelche 
Subventionen unrentabler Wirtschaftszweige (z.B. Steinkohleförderung).

Wenn der von Dir beschriebene Prozess erst
einmal eingetreten wäre, wäre es doch zu hoffen, dass die Loslösung vom
Geld als dem zentralen Medium der Gesellschaft weiter gediehen wäre, als
es unter den heuteigen Umständen der Fall ist.

Die jetzige Regelung (sozialer Abstieg bei Langzeitarbeitslosigkeit) ist 
schlecht. Daran ändert aber der oben beschriebene Prozess (mehr Arbeitslose 
durch Automatisierung) nichts. Daher muß die jetzige Regelung geändert 
werden, um Arbeitslosigkeit nicht länger als Schreckgespent dastehen zu 
lassen.

Warum also für das
positive Szenario (Keine Werbun mehr :-) mit solch unoriginellen Mitteln
aufwarten?

Das Szenario, daß keiner mehr auf Werbung hört, ist eins mit ganz anderen 
Vorbedingungen.

Tut er das nicht, ermöglicht er den
Wissenshortern, für die entstandenen sozialen Probleme dem technischen
Fortschritt, vor allem der Freien Softwarebewegung,

?? Wie kommst Du denn darauf, dass Freie Software etwas mit technischem
Fortschritt zu tun hat? Oder ist mein Begriff von diesem zu eng?

Freie Software => Freie Produkte => viele Hersteller => hohe Konkurrenz =>
Automatisierung => weniger Arbeit => soziale Probleme

Automatisierung ist doch technischer Fortschritt, oder?

die Schuld in die Schuhe
zu schieben. Dies ist natürlich Schwachsinn, allerdings müssen das die
Leute ja nicht merken.

Was nicht merken? Das "in die Schuhe schieben" oder das "Schuld sein"?

Daß das "in die Schuhe schieben" Schwachsinn ist. Solche Parolen wie "Freie 
Software ist schuld an sozialen Problemen" werden von einzelnen herausgehauen 
und dann von allen nachgequatscht. Daß der Zwischenschritt "weniger Arbeit => 
soziale Probleme" nicht naturgemäß so gegeben ist, geht dabei leicht unter.

Jetzt ist noch die Frage, wie die Forschungsarbeit finanziert werden
soll, ohne, daß dabei ein materielles Produkt herauskommt, auf das man
die Exklusivrechte hat. Angenommen, es würde nichts weiter benötigt als
Freie (CAD-)Software, sowie einen Rechner mit Netzzugang, und letzteres
beides sei in naher Zukunft in jedem Haushalt vorhanden, so fehlt
immernoch Zeit und eine gewisse Lebensgrundlage. Beides könnte ein
Bürgergeld bringen, aber es sieht nicht nach dessen baldiger Einführung
aus. Also bleiben vorerst nur die Möglichkeiten, die heute verwendet
werden:

Dieses Bürgergeld ist mir wirklich nicht angenehm. Warum soll denn
ausgerechnet mit einem solch systemtragenden Mittel der Mensch in die
Lage versetzt werden, Freie Forschung zu betreiben, sich aus den Zwängen
der Selbst-Vermarktung zu lösen?

Weil er mehr Zeit hat.

o Man lebt auf Kosten der Eltern oder eines Freundes (so wie Karl Marx)
oder ist von Natur aus reich. Diese Methode ist nicht gerade im Sinne von
Kant.

Klär mich bitte auf: Was sagt Kant wo zum Thema Finanzierung von
Forschung? (ernst gemeinte Frage)

Ich glaube nicht, daß diese Methode mit dem kategorischen Imperativ vereinbar 
ist.

o Man geht nebenbei lohnarbeiten. Das hat zur Folge, daß die Freien
Projekte zweitrangig werden.

ACK

o Man bietet Forschung an Freien Produkten als Dienstleistung an. Dies
ist zwar entfremdete Lohnarbeit, aber die Produkte sind Frei. Der
Vorschlag stammt aus dem GNU-Manifest von RMS.

Und hier ist ein Punkt, an dem RMS leider vor den eigenen Konsequenzen
zurück scheut. Freie Forschung und Lohnarbeit schließen sich ja wohl
gegenseitig aus.

Ich habe nicht behauptet, daß dies freie Forschung ist, wobei "frei" im Sinne 
von "vom Forscher frei bestimmt" gemeint ist. Wohl aber kann es Forschung an 
Freien Produkten sein. Ob das Produkt "Frei" i.S.d. Kriterien der FSF ist, 
hat nichts damit zu tun, ob der Forscher frei ist.  

o Eine Firma sponsort als Eigenwerbung, und um das Produkt evtl. 5 min
früher anbieten zu können, ein bereits bestehendes eigenverantwortlich
geführtes Projekt. Auf diese Weise ist der Projektleiter nicht länger auf
andere Einnahmen angewiesen. Als Beispiel fällt mir Plex86(FreeMWare)
ein, das von Mandrake gesponsort wird.

Diese Verfahren gehören ja wohl eher zum noch notwendigen Randbereich
der Berührung zwischen der vom Wert befreiten Sphäre und der diesem noch
verhafteten. Der Unterschied zum voherigen scheint mir nur ein
gradueller zu sein, nämlich wann der Dienstleister/Projektleiter sagen
kann: Mir reicht es, ich will keine weitere Einflussnahme. Das dies
wirklich nur für eine Übergangszeit ein sinnvolles Modell sein kann,
dürfte klar sein.

ACK.

Beim Bürgergeld hast du übrigens von vornherein keine äussere Einflußnahme 
auf deine Aktivitäten. Also müßte das doch für eine Übergangszeit ebenso ein 
sinnvolles Modell sein, oder?

Tschüß,
Thomas
 }:o{#

PS: noch 48 ungelesene Oekonux-Mails :o((( Aaaaargh!

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http://www.oekonux.de/



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