Re: [ox] Re: Übergang in die GPL-Gesellschaft
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Thu, 5 Oct 2000 18:05:50 +0200
Hallo!
On Die, 03 Okt 2000, Stefan Merten wrote:
2 weeks (16 days) ago Benedikt Huber wrote:
Schafft er das nicht, dann wird er zwar nicht gleich ganz verschwinden
aber er wird schrumpfen und sich auf den Teil der Ökonomie zurück
ziehen müssen wo Kapital noch in der Form von Hardware, Maschinen,
Immobilien usw. festgelegt ist.
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| Es ist also NICHT unbedingt nötig das GPL Prinzip auf Hardware oder |
| andere knappe Ressourcen zu übertragen um eine GANZ ENTSCHEIDENDE |
| gesellschaftliche und politische Veränderung herbeizuführen! |
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Das würde ich ähnlich sehen. Tatsächlich sind ja die realexistierenden
Freien Projekte, deren Thema materielle Produkte sind, - ganz
pragmatisch - an deren Konstruktionsgrundlagen tätig und nicht an
Freien Produkten im engeren Sinne.
Ich denke, daß das ein entscheidender Zwischenschritt in die
GPL-Gesellschaft ist: Die Konstruktionsunterlagen, Pläne,
Dokumentation, Schnittstellen eines Produkts sind Frei, die
konkrete Herstellung findet aber noch in kapitalistischen Bahnen statt
und muß konventionell bezahlt werden. Das ist dann so ähnlich, wie die
CDs einer Gnu/Linux-Distribution,
Das ist nicht nur so ähnlich, das ist es exakt, jedenfalls bei Debian
Gnu/Linux: Debian entwirft die CDs und stellt die Images bereit. Herstellen
kann die Dinger dann aber wer will (z.B. Linuxland).
die du auch kaufen kannst - nur daß
du das Freie OSCar eben nicht auch aus dem Internet ziehen kannst.
Doch, das kann man, allerdings kann man es sich ohne entsprechende Perepherie
nur auf dem Bildschirm angucken (mit CAD-Software), aber nicht brennen oder
ausdrucken oder wie man das bei Autos nennt...
Leider dümpeln Freie Hardwareprojekte aber bisher mangels Freier
CAD/CAM-Technik noch ziemlich in theoretischen Überlegungen herum, so daß man
sich bisher das OSCar oder die F-CPU dann doch noch nicht herunterladen kann.
Also bleiben die Debian-CDs und das Debian-Handbuch bislang die schönsten
Beispiele für ein materielles Freies Produkt. :o(
Wenn wir Freie Güter nur konstruieren und copyleften, brauchen wir uns um die
Herstellung nicht weiter zu kümmern. In diesem Bereich können die Regeln des
Kapitalismus ruhig noch eine Weile weitergelten. Dieser Bereich, die
materielle Produktion, wird nämlich dann, dank hoher Konkurrenz, zum einen
einen immer geringeren Mehrwert erzielen und zum anderen so sehr
rationalisieren, bis die Zahl der in diesem Sektor Beschäftigten einen Stand
wie in der Landwirtschaft angenommen hat, wo die Sichel durch den Mähdrescher
abgelöst wurde. So würde sich das Problem Kapitalismus von selbst lösen.
Das ganze bringt natürlich einige Probleme mit sich. Wieviel Leute arbeiten
heute noch am Band? 20%? Dann kämen bei einem erwünschten Wert von 5% also
etwa 15% Arbeitslose zu den jetzigen hinzu. Mit einem veränderten
Kaufverhalten der Menschen würden ferner Werbegrafikdesigner und ähnliche
Berufsgruppen arbeitslos, wodurch die Zahl der Arbeitslosen nochmals
hochginge. Da stellt sich die Frage, ob unser nicht gerade demokratischer
Staat fähig ist, darauf richtig zu reagieren, also das Bürgergeld einzuführen
und den Bildungsetat aufzustocken. Tut er das nicht, ermöglicht er den
Wissenshortern, für die entstandenen sozialen Probleme dem technischen
Fortschritt, vor allem der Freien Softwarebewegung, die Schuld in die Schuhe
zu schieben. Dies ist natürlich Schwachsinn, allerdings müssen das die Leute
ja nicht merken.
Jetzt ist noch die Frage, wie die Forschungsarbeit finanziert werden soll,
ohne, daß dabei ein materielles Produkt herauskommt, auf das man die
Exklusivrechte hat. Angenommen, es würde nichts weiter benötigt als Freie
(CAD-)Software, sowie einen Rechner mit Netzzugang, und letzteres beides sei
in naher Zukunft in jedem Haushalt vorhanden, so fehlt immernoch Zeit und
eine gewisse Lebensgrundlage. Beides könnte ein Bürgergeld bringen, aber es
sieht nicht nach dessen baldiger Einführung aus. Also bleiben vorerst nur die
Möglichkeiten, die heute verwendet werden:
o Man lebt auf Kosten der Eltern oder eines Freundes (so wie Karl Marx) oder
ist von Natur aus reich. Diese Methode ist nicht gerade im Sinne von Kant.
o Man geht nebenbei lohnarbeiten. Das hat zur Folge, daß die Freien Projekte
zweitrangig werden.
o Man bietet Forschung an Freien Produkten als Dienstleistung an. Dies ist
zwar entfremdete Lohnarbeit, aber die Produkte sind Frei. Der Vorschlag
stammt aus dem GNU-Manifest von RMS.
o Eine Firma sponsort als Eigenwerbung, und um das Produkt evtl. 5 min früher
anbieten zu können, ein bereits bestehendes eigenverantwortlich geführtes
Projekt. Auf diese Weise ist der Projektleiter nicht länger auf andere
Einnahmen angewiesen. Als Beispiel fällt mir Plex86(FreeMWare) ein, das von
Mandrake gesponsort wird.
Tschüß,
Thomas
}:o{#
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