[ox] Re: [ox] Re: Übergang in die GPL-Gesellschaft
- From: LutzH <me privacy.net>
- Date: Fri, 6 Oct 2000 00:19:33 +0200
On Thu, Oct 05, 2000 at 06:05:50PM [PHONE NUMBER REMOVED], Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
On Die, 03 Okt 2000, Stefan Merten wrote:
Ich denke, daß das ein entscheidender Zwischenschritt in die
GPL-Gesellschaft ist: Die Konstruktionsunterlagen, Pläne,
Dokumentation, Schnittstellen eines Produkts sind Frei, die
konkrete Herstellung findet aber noch in kapitalistischen Bahnen statt
und muß konventionell bezahlt werden. Das ist dann so ähnlich, wie die
CDs einer Gnu/Linux-Distribution,
Das ist nicht nur so ähnlich, das ist es exakt, jedenfalls bei Debian
Gnu/Linux: Debian entwirft die CDs und stellt die Images bereit. Herstellen
kann die Dinger dann aber wer will (z.B. Linuxland).
Nein, das ist nicht exakt das gleiche. Bei Debian-GNU/Linux geht es
nämlich nicht in erster Linie um das Erstellen von CD-ROMs, die etwa auf
Grund von ISO-Images hergestellt werden können, sondern darum, dass auf
einem Ziel-System ein Debian-GNU/Linux-System installiert wird. Ob dies
per CD-ROMs, NFS oder Installation per Boot-Diskette und FTP geschieht,
ist dabei egal. Dass die Debian-Leute ihre Pakete als ISO-Images
zusammenstellen, ist nur ein Weg zu diesem Ziel.
Es ist daher durchaus ein Unterschied, ob ich nur _Konstruktionspläne_
oder das _Produkt_ an sich frei mache. Im ersten Fall muss noch ein
dritter hinzu kommen, der das eigentliche Produkt aus den Plänen
erstellt. Im zweiten Fall, also dem con Debian-GNU/Linux, liegt das
Produkt, nämlich die Daten, bereits im Endzustand vor. Ich muss es mir
nur noch, in welcher Form auch immer, besorgen.
die du auch kaufen kannst - nur daß
du das Freie OSCar eben nicht auch aus dem Internet ziehen kannst.
Doch, das kann man, allerdings kann man es sich ohne entsprechende Perepherie
nur auf dem Bildschirm angucken (mit CAD-Software), aber nicht brennen oder
ausdrucken oder wie man das bei Autos nennt...
Eben, da liegt der Unterschied. Sofern ich eine Netzuzugang habe,
brauche ich _keine_ zusätzliche Peripherie, noch nicht einmal einen
CD-Brenner mehr, um Debian-GNU/Linux zu installieren. Beim Oscar wird
mir das nicht gelingen.
Leider dümpeln Freie Hardwareprojekte aber bisher mangels Freier
CAD/CAM-Technik noch ziemlich in theoretischen Überlegungen herum, so daß man
sich bisher das OSCar oder die F-CPU dann doch noch nicht herunterladen kann.
Also bleiben die Debian-CDs und das Debian-Handbuch bislang die schönsten
Beispiele für ein materielles Freies Produkt. :o(
ACK
Wenn wir Freie Güter nur konstruieren und copyleften, brauchen wir uns um die
Herstellung nicht weiter zu kümmern. In diesem Bereich können die Regeln des
Kapitalismus ruhig noch eine Weile weitergelten. Dieser Bereich, die
materielle Produktion, wird nämlich dann, dank hoher Konkurrenz, zum einen
einen immer geringeren Mehrwert erzielen und zum anderen so sehr
rationalisieren, bis die Zahl der in diesem Sektor Beschäftigten einen Stand
wie in der Landwirtschaft angenommen hat, wo die Sichel durch den Mähdrescher
abgelöst wurde. So würde sich das Problem Kapitalismus von selbst lösen.
Hmm, das klingt zwar nach Kurzscher Zusammenbruchs-Theorie, scheint mir
aber nicht genau das selbe zu sein. Allein die Verringerung der Anzahl
der Beschäftigten kann ja wohl noch nicht der Auslöser für den
Zusammenbruch des Kapitalismus sein. Warum soll sich dieser nicht
mittels der diversen Modelle, im OS-Bereich Geld zu verdienen, weiter
halten können? Auch zu Oscar wird es "Support" geben müssen, der sich
sicher prima Mehrwert-erzeugend anbieten lässt.
Das ganze bringt natürlich einige Probleme mit sich. Wieviel Leute arbeiten
heute noch am Band? 20%? Dann kämen bei einem erwünschten Wert von 5% also
etwa 15% Arbeitslose zu den jetzigen hinzu. Mit einem veränderten
Kaufverhalten der Menschen würden ferner Werbegrafikdesigner und ähnliche
Berufsgruppen arbeitslos, wodurch die Zahl der Arbeitslosen nochmals
hochginge. Da stellt sich die Frage, ob unser nicht gerade demokratischer
Staat fähig ist, darauf richtig zu reagieren, also das Bürgergeld einzuführen
und den Bildungsetat aufzustocken.
Wie kommst Du denn auf die Idee, dass ausgerechnet ein Bürgergeld hier
die richtige Reaktion wäre? Wenn der von Dir beschriebene Prozess erst
einmal eingetreten wäre, wäre es doch zu hoffen, dass die Loslösung vom
Geld als dem zentralen Medium der Gesellschaft weiter gediehen wäre, als
es unter den heuteigen Umständen der Fall ist. Warum also für das
positive Szenario (Keine Werbun mehr :-) mit solch unoriginellen Mitteln
aufwarten?
Tut er das nicht, ermöglicht er den
Wissenshortern, für die entstandenen sozialen Probleme dem technischen
Fortschritt, vor allem der Freien Softwarebewegung,
?? Wie kommst Du denn darauf, dass Freie Software etwas mit technischem
Fortschritt zu tun hat? Oder ist mein Begriff von diesem zu eng?
die Schuld in die Schuhe
zu schieben. Dies ist natürlich Schwachsinn, allerdings müssen das die Leute
ja nicht merken.
Was nicht merken? Das "in die Schuhe schieben" oder das "Schuld sein"?
Jetzt ist noch die Frage, wie die Forschungsarbeit finanziert werden soll,
ohne, daß dabei ein materielles Produkt herauskommt, auf das man die
Exklusivrechte hat. Angenommen, es würde nichts weiter benötigt als Freie
(CAD-)Software, sowie einen Rechner mit Netzzugang, und letzteres beides sei
in naher Zukunft in jedem Haushalt vorhanden, so fehlt immernoch Zeit und
eine gewisse Lebensgrundlage. Beides könnte ein Bürgergeld bringen, aber es
sieht nicht nach dessen baldiger Einführung aus. Also bleiben vorerst nur die
Möglichkeiten, die heute verwendet werden:
Dieses Bürgergeld ist mir wirklich nicht angenehm. Warum soll denn
ausgerechnet mit einem solch systemtragenden Mittel der Mensch in die
Lage versetzt werden, Freie Forschung zu betreiben, sich aus den Zwängen
der Selbst-Vermarktung zu lösen?
o Man lebt auf Kosten der Eltern oder eines Freundes (so wie Karl Marx) oder
ist von Natur aus reich. Diese Methode ist nicht gerade im Sinne von Kant.
Klär mich bitte auf: Was sagt Kant wo zum Thema Finanzierung von
Forschung? (ernst gemeinte Frage)
o Man geht nebenbei lohnarbeiten. Das hat zur Folge, daß die Freien Projekte
zweitrangig werden.
ACK
o Man bietet Forschung an Freien Produkten als Dienstleistung an. Dies ist
zwar entfremdete Lohnarbeit, aber die Produkte sind Frei. Der Vorschlag
stammt aus dem GNU-Manifest von RMS.
Und hier ist ein Punkt, an dem RMS leider vor den eigenen Konsequenzen
zurück scheut. Freie Forschung und Lohnarbeit schließen sich ja wohl
gegenseitig aus.
o Eine Firma sponsort als Eigenwerbung, und um das Produkt evtl. 5 min früher
anbieten zu können, ein bereits bestehendes eigenverantwortlich geführtes
Projekt. Auf diese Weise ist der Projektleiter nicht länger auf andere
Einnahmen angewiesen. Als Beispiel fällt mir Plex86(FreeMWare) ein, das von
Mandrake gesponsort wird.
Diese Verfahren gehören ja wohl eher zum noch notwendigen Randbereich
der Berührung zwischen der vom Wert befreiten Sphäre und der diesem noch
verhafteten. Der Unterschied zum voherigen scheint mir nur ein
gradueller zu sein, nämlich wann der Dienstleister/Projektleiter sagen
kann: Mir reicht es, ich will keine weitere Einflussnahme. Das dies
wirklich nur für eine Übergangszeit ein sinnvolles Modell sein kann,
dürfte klar sein.
Tschüß,
Thomas
}:o{#
Gruß
Lutz
--
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