Message 01041 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT01001 Message: 3/9 L2 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Re: Daten, Information, Wissen



Hi Stefan und Liste!

Bevor ich's vergeß:

2 days ago geert wrote:
(sorry for my weird german, ciao, geert)

Dein Deutsch ist Klasse. Mir ist nicht aufgefallen, daß du kein
Muttersprachler bist.

2 days ago Stefan Meretz wrote:
das liebe ich an Oekonux ja wirklich: dass wir keine Baustelle
auslassen, die wir im Vorübergehen nicht mal eben auch noch
aufreissen. Nun die Mega-Baustelle "Daten, Information, Wissen".
Aber irgendwie muss das wohl sein: Das ganze alte Zeugs taugt eben
nicht mehr....

Ähm, nach deiner ausführlichen Antwort sehe ich was du meinst...

Stefan Merten schrieb:
Vielleicht ein bißchen krude dies ;-) .

Boh Mann ey! Deine Darstellung war wohl ein bißchen differenzierter.

Und weil ich auch faul bin, verweise ich auf Texte.

So auf einen älteren Text (1997) von mir mit dem schönen Titel
"Informatisierung der Psychologie ? Psychologisierung der
Informatik", in dem es um die Fragen von Information und Bedeutung
geht.

http://www.kritische-informatik.de/psy_infl.htm

Habe ihn fast ganz gelesen (nachdem ich den Font auf lesbare Größe
angepaßt hatte :-( ). Nun, ich teile deine sehr allgemeinen
Zuschreibungen zu *der* Informatik oder gar dein m.E. sehr
reduziertes/reduzierendes Bild von *der* Psychologie nicht. Ich nehme
es mal als ideologische Zuspitzung, die aber jedenfalls mich eher
aufbringt als anlockt.

Ein Punkt in dem Text ist aber sicher ein Kernaspekt auch in diesem
Thread:

  Alle Prozesse beim Toaster und beim Computer sind physikalischer
  Natur, beide funktionieren nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip, für
  beide gibt es keine Bedeutung, beide sind folglich eindeutig
  einzuordnen.

Nun, Menschen haben zunächst mal auch eine physikalische Natur. Und
wenn wir keine Metaphysik annehmen wollen und wie du sagst die Physik
bei Toaster und Computer nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip abläuft,
dann laufen auch die Prozesse im Menschen nach dem
Ursache-Wirkungs-Prinzip ab - und dann gibt es auch beim Menschen
keine Bedeutung.

Wo zauberst du die her?

Ich würde ein anderes Konzept anbieten (Kurzbezeichnung ist wohl
Emergenz): Aus Massen von Komplexität einer einfachen Struktur können
sich kompliziertere Strukturen bilden. Bedeutung beim Menschen würde
für mich dann aus der hohen Komplexität der einfachen
Ursache-Wirkungs-Prinzipien im menschlichen Gehirn/Körper/Gemeinwesen
quasi hochpoppen.

Wenn ich damit die Entstehung von Bedeutung erkläre, kann ich aber
nicht mehr ohne weiteres behaupten, daß es für Computer oder
Menschenaffen Bedeutung grundsätzlich nicht geben kann.

Aber jetzt sind wir mitten in der KI-Debatte...

Das `cp'-Kommando (für Windows-FreundInnen: Wenn du im Windows
Explorer eine Datei von einem Fenster in ein anderes Fenster des
Windows Explorers ziehst)

BTW: Zum Kopieren auf das gleiche "Laufwerk" muß du wohl auch noch
Control drücken.

ist z.B. ein Programm, daß vor allem mit
Daten arbeitet. Es schaut sich den Inhalt der Datei nicht an, sondern
schippt einfach nur Byte für Byte von einer Datei in eine andere.

Ist diese kopierte Datei tatsächlich ein Programm, so ist das für das
Betriebssystem hingegen Information: Es kann es als Programm
ausführen, was einen Unterschied macht. Eine Datei, die eine
HTML-Seite enthält ist dagegen für das Betriebssystem wieder nur
Daten. Für Mozilla hingegen ist diese Datei wieder Information, da
Mozilla HTML darstellen kann. Seine eigene Programmdatei ist für
Mozilla hingegen ein reines Datenmeer.

Da fängt das Dilemma an: Das alles hat m.E. nichts mit Information
zu tun. Denn ein Programm "schaut sich" gar nix an - das sind alles
Zuschreibungen des Menschen. "Für" den Mozilla ist es Wurscht, ob
"er" eine HTML-Seite formatiert ausgibt, oder eine Programmdatei
(anders) formatiert ausgibt. Nur für _uns_ ist das eine die schöne
HTML-Seite und das andere das chaotische "Datenmeer".

Ja, da müssen wir den Menschen und seine Sinnzuschreibungen mit
reinnehmen.

Wissen kommt in all dem nicht vor, weil bisher kein Mensch drin
vorkam. Wissen kann ein Mensch aus dem Inhalt der HTML-Seite ziehen -
i.a. nicht aber aus der Mozilla-Programmdatei.

Die Mozilla-Programmdatei _ist_ aber vergegenständlichtes Wissen.
Super wichtig!!

Mir scheint, daß das, was du als vergegenständlichtes Wissen
bezeichnest, viel mit dem zu tun hat, was ich als Information
bezeichnen würde.

Daten würden sich danach auch dadurch auszeichnen, das in aller Regel
nur eine bitgetreue Behandlung sinnvoll ist - gerade weil die evt.
vorhandene Information in ihnen nicht interpretiert wird.

Welche Behandlung "sinnvoll" ist, ist eine Frage, die in einer ganz
anderen Liga verhandelt wird: Der des menschlichen Sinns bzw. der
menschlichen Bedeutung. Wann sind denn Daten Informationen? Wann
nicht? Wie kommen Übergänge zustande? Ist eine bitgetreue Behandlung
keine Interpretation? Glatteis....

Ja, wir müssen wohl erweitern auf das, was für einen Menschen in einer
bestimmten Situation potentiell sinnvoll ist. Ich meine, von einer
Seite mit chinesischen Schriftzeichen weiß ich zwar, daß die für
andere vermutlich sinnvoll ist, nicht aber für mich (schade eigentlich
;-) ). Oh je, da sind wir aber schon ziemlich nahe am Nullbegriff :-( .

Information hingegen kann strukturell umgeformt werden, und trotzdem
denselben Unterschied machen. In einer HTML-Datei kann ich z.B.
ziemlich beliebig White-Space verlängern.

Ändere ich hier die Information? Oder den Träger der Information?
Gibt es einen Unterschied?

Dein Träger der Information scheint mir nahe bei dem zu liegen, was
ich als Daten bezeichne.

Wenn ich jetzt den obigen Informationsbegriff nehme - d.h. dann Daten,
die für einen Menschen sinnvoll sein können -, dann wäre die erwähnte
Änderung dann keine Informationsänderung, wenn die Seite als
HTML-Seite interessiert. Wenn dieser Mensch allerdings zählen will,
wieviele Leerzeichen im WWW existieren, dann ist es eine
Informationsänderung.

Was Information ist, ist halt eine Frage der Perspektive, die von
individuellen Menschen beantwortet werden muß.

Dauernd liegen mir auch noch die Worte `Bedeutung' und `Inhalt' auf
den Fingerspitzen. Ein weites, verwobenes Feld wohl...

Das stimme ich voll zu! Meine Einwände mögen das illustriert
haben...

Vielleicht sind wir ein bißchen weiter?


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan


----------------------
http://www.oekonux.de/



[English translation]
Thread: oxdeT01001 Message: 3/9 L2 [In index]
Message 01041 [Homepage] [Navigation]