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Übergang in die GPL-Gesellschaft (was: Re: [ox] Meldung von der anderen Seite)



Hallo, Liste!

On Son, 17 Sep 2000, Benedikt Huber wrote:
Ich weiss nicht ob das hier schon in aller Breite dikutiert wurde
aber ein ganz wichtiger Punkt der ganzen GPL Debatte ist doch der
folgende:

Hmmm... Ich spinn mal ein bißchen ringsherum:

Wir stehen an der Schwelle von der Industrie zur Wissensgesellschaft.
Der entscheidende Produktionsfaktor der Zukunft sind nicht mehr
Maschinen, sondern Wissen. Nicht mehr Hard- sondern Software.

Der Kapitalismus kann sich nur erhalten, wenn er es schafft, auch
aus der Verwendung von Informationen Mehrwert zu schöpfen - d.h.
der Umgang mit Informationen, mit Software aller Art, mit DNA-Code,
Büchern, Musik u.s.w. muss unter allen Umständen lizenzpflichtig
bleiben bzw. werden.

da dies für einen Konzern der einzige Weg ist, das Monopol auf die 
Herstellung eines bestimmten Artikels (z.B. ein bestimmtes Buch) zu 
erhalten. 

Schafft er das nicht, dann wird er zwar nicht gleich ganz verschwinden
aber er wird schrumpfen und sich auf den Teil der Ökonomie zurück
ziehen müssen wo Kapital noch in der Form von Hardware, Maschinen,
Immobilien usw. festgelegt ist.

Ohne ein derartiges Monopol gäbe es nämlich eine wahnsinnige Konkurrenz, so 
daß Arbeitsaufwand, sowie Profit gegen null gingen. Dann könnten auch kleine 
Vereine diesem Monopol Konkurrenz machen. Dies wäre dann aber wirklich das 
Ende des Kapitalismus. 

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|  Es ist also NICHT unbedingt nötig das GPL Prinzip auf Hardware oder |
|  andere knappe Ressourcen zu übertragen um eine GANZ ENTSCHEIDENDE   |
|  gesellschaftliche und politische Veränderung herbeizuführen!        |

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Das bedeutet, daß es nichts bringt, eigene Betriebe zu gründen, um darin als 
Arbeiter angeblich selbstbestimmt am Fließband stehen zu wollen. Das Ziel 
eigener Betriebe kann zunächst nur die Forschung und Entwicklung sein. Die 
Ergebnisse haben patentfreie Spezifikationen und copyleftete Implementationen 
zu sein. Erstere führen zu einer Vielzahl von Implementationen (Beispiel: 
Multisync-Monitor). Letztere hingegen führen, wenn die Startqualität stimmt, 
zu einem Kooperationzwang. Eine völlig neue Implementation zu erstellen, wäre 
Geldverschwendung, eine copyleftete zu benutzen, bedeutet aber, alle Zusätze 
der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen. Einige Firmen werden sich daher 
völlig aus der Forschung zurückziehen, andere aber wie wild forschen, um 
stets einen zeitlichen Vorsprung gegenüber den Nachahmern zu behalten.

Da dabei jede Menge Automatisierung anfällt und somit jede Menge 
Arbeitslosigkeit, muß eine Regelung getroffen werden, um diese gewollte 
Arbeitslosigkeit zu finanzieren. So könnten etwa Steuern weniger auf den Lohn 
und stattdessen auf den Mehrwert erhoben werden. Dadurch würden sich durch 
eine höhere Arbeitslosigkeit die Steuereinnahmen nicht senken, sondern 
erhöhen, was dazu verwendet werden könnte, gelangweilte Arbeitslose durch 
sinnvolle (oder zumindest nicht destruktive) Freizeitangebote (Fortbildung, 
Kulturprogramm, Kotzmaschinen...) zu unterhalten. Diese Steuern dürfen aber 
von der Dosis her kein Hindernis auf dem Weg zur menschenleeren Fabrik sein.
Das Ideale Versorgungsmodell wäre das des Bürgergelds.

Falls zuvor genannter Plan mangels staatlicher Unterstützung scheitern 
sollte, muß noch ein alternativer Plan zur sozialen Absicherung her.

Sollten an einem bestimmten Punkt dieser Entwicklung (95% Arbeitslose) die 
(ehemals) kapitalistischen Betriebe sich nicht auf den demokratischen Aufbau 
der initialen öffentlichen Forschungsbetriebe umgestellt haben, muß jetzt 
auch die Produktion demokratisiert werden, und zwar indem die initialen 
Forschungsbetriebe nun die noch immer undemokratischen Betriebe 
niederkonkurrieren.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#

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http://www.oekonux.de/



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