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Re: [ox-de] Re: [ox-de] Ökonux und Politix



Hi Ludger und alle,

On 2010-05-12 00:07, Ludger.Eversmann t-online.de wrote:
Also: eine "Bewegung sozialen Widerstands" in "Überwindung der
Warenform transformieren" - habe ich das richtig verstanden?

Im Prinzip ja, früher nannte man das Revolution. Es ist das etwas 
angestaubte Gegenkonzept zum Keimformmodell, von dem sich Kurz abgesetzt 
hat.

Ich war
der Meinung, ein Konsumgut, das der eine herstellt, um es auf einem
Markt mit jemand anderem gegen etwas zu tauschen - meistens Geld -
ist eine Ware. Das Tauschenwollen des einen, und das Erwerbenwollen
des anderen macht es zur Ware, die Tatsache, dass der eine damit
rechnen kann dass er einen Abnehmer findet (sofern er was
durchschnittlich Brauchbares produziert hat), und der andere damit
rechnen kann dass er auf dem Markt einen Produzenten findet, der
etwas hergestellt hat was er sich nicht selbst herstellen kann,
macht dieses Produkt des Produzenten zur Ware

Das ist kein Wollens-, sondern ein Müssensprozess: Getrennte 
Privatproduzenten _müssen_ tauschen, wenn ihre Produktion nicht für die 
Katz gewesen sein soll.

- und das ist überall
so wo solche Dinge hergestellt und getauscht werden, und war auch in
der DDR und der Sowjetunion und auf Kuba und in Manchester so und
ist auf einem türkischen Basar so und auf jedem dörflichen
Wochenmarkt.

Ja.

Da wird kein sozialer Widerstand etwas daran ändern.

Richtig, dieser kann bei Erfolg nur die schlimmsten Spitzen abknicken. 
Selbst wenn es ihm gelänge, die Warenform abzuschaffen (dahingestellt, 
wie), bleibt die Frage, was an die Stelle der Warenproduktion tritt. Am 
nächsten Tag ist sie wieder da, wenn es keine andere Form gibt, in der 
die Menschen ihre Lebensmittel (im umfassenden Sinne verstanden) 
herstellen.

Das wird sich eben genau dann und nur dann ändern, wenn nicht mehr
getauscht werden muss - und das geht ohne Verlust des erreichbaren
Qualitätsniveaus eben nur mit den hier öfter mal diskutierten
technischen Hilfsmitteln.

Hier ist umstritten, welche Rolle die technischen Hilfsmittel 
tatsächlich spielen. Der Tausch als Kern der kapitalistischen 
Vergesellschaftungsform muss zuförderst durch eine andere _soziale_ Form 
ersetzt werden. Das nehmen uns die technischen Mittel nicht ab.

Jedenfalls können diese Hilfsmittel die
zentralen, also wichtigsten, verbreitetsten "Produktionsvorgänge"
in einer Gesellschaft so verändern, dass sie sich - ich sage mal
"hinreichend" - weit vom puren blossen Tausch der einen Sache gegen
ein Quantum Tauschmittel auf der anderen Seite unterscheiden. Es wird
möglicherweise ein "Beitrag", ein Input des einen von einer
bestimmten Qualität gegen "Leistungen" oder "Bezugsrechte" oder
Ansprüche einer bestimmten Quantität (auch Qualität oder beides)
tauschbar sein - aber das unterscheidet sich von der gewöhnlichen,
in einer Gesellschaft die basale Produktion bestimmenden Transaktion
Tausch, so sehr, dass eine Gesellschaft von den Prinzipien des
Warentausches, des Wachstums, des Kapital- und Geldverkehrs eben
nicht mehr völlig beherrscht sein muss.

Auch das ist umstritten. Ich bin der Meinung, dass jede Tauschform, also 
Leistung gegen Leistung, am Ende die Warenlogik hervorbringt. Deswegen 
bieten alle Tausch- oder Geldmodifikationen (Kurz: "Geldpfuscher") 
grundsätzlich keine Alternative. Das sieht auch HGG anders, der gerne am 
Wert als Regulator festhalten möchte.

Und das Argument lässt sich
noch weiter ausbauen, es geht auch um die Steuerungsprinzipien die
dann möglich sind, und die viel grössere Planungsgenauigkeit und
-sicherheit und Steuerbarkeit gewährleisten als sie heute mit den
mehr oder weniger rein fiskalischen
Steuerungsmassnahmen erreichbar sind.

Na, das ist die Frage. Solche Modelle haben C&C versucht 
runterzudeklinieren und sind m.E. grandios gescheitert:
http://www.keimform.de/2010/02/14/digital-ist-besser/

Aber es ist im Kern die richtige Frage: Welche soziale Form der 
gesellschaftlichen Vermittlung tritt an die Stelle der Waren-/Wertform?
Die Zentralplanungsidee hat sich historisch als nicht gangbar gezeigt. 
Gleichwohl wird geplant werden, nur dezentral etc.

Markt- Zwänge lassen immer potentere und immer universalere
Produktionsmittel gedeihen - bis sie eben eines Tages kein Geschäft
mehr sind, weil es eben Sinn macht, dass diese Dinger beim
Konsumenten im Keller stehn. Mit dem HP Fabber für 15000 Dollar
gehts ja vielleicht langsam los. Und irgendwann muss dann nichts
mehr getauscht werden. Fast nichts.

Die neue Vergesellschaftsform kommt sicher nicht, in dem alle 
Prosumenten dann so einen Fabber im Keller stehen haben. Fabber sind aus 
meiner Sicht vor allem Kreativitätsmaschinen. Massenkreativität können 
Unternehmen nicht schlagen (das wissen sie auch: siehe Crowdsourcing).

So ein RepRap kostet übrigens nur ein paar hundert Euro:
http://www.keimform.de/2010/02/18/reprap-at-fosdem-2010-in-brussels/

Ich bin jetzt übrigens auf Vortragstour, vielleicht sehn wir uns:
http://www.keimform.de/2010/04/09/vortragstour-zu-commons-und-eigentum/

Ciao,
Stefan

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