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Re: Was ist Kompetenz? / Re: [ox] Empirie vs. Dogmen



Hallo El Casi,

Am Mittwoch, 31. Mai 2006 23:42 schrieb El Casi:
Jac (2006-05-30 04:25 [PHONE NUMBER REMOVED]):
Das meint Kompetenz: Kompetenz, einen Song zu komponieren,
Kompetenz, ein natura- listisches Bild einer Landschaft zu
malen, Kompetenz, ein Auto zu reparieren, Kompetenz, sein
Empfinden abstrakt in einem Bild oder einer Skulptur
auszudrücken, Kompetenz, eine Jagd strategisch zu leiten,
Kompetenz, gut zu kochen, Kompetenz, mit anderen friedlich
umzugehen, Kompetenz, ein Schiff über den Ozean zu lenken etc.

Nein. Macht ist definiert als das Bestreben einzelner oder
vieler, andere zu etwas zu zwingen, was diese zu tun oder zu
unterlas- sen ablehnen.

Das Vermögen, andere zu etwas zu zwingen, ist dann für mich nur
eine Facette.  Dieses Vermögen kommt sicherlich nicht nur von
irgendwelchen individuellen oder kollektiven Bestrebungen! Oder
siehst Du das wirklich so? 

Wesentlich ist die Erkenntnis, daß sich auch Sachzwänge in indi-
viduelle und kollektive Bestrebungen auflösen lassen - denn nur 
dann sind sie veränderbar. Eine Institution kann nicht handeln -
es ist immer ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen, welche(r) 
im Namen der Institution handeln bzw. handelt.

Strukturelle Gewalt kann uns nur solange beherrschen, wie wir in 
unserer erzwungenen Persönlichkeitsentwicklung der äußeren 
Ordnung die Macht dazu einräumen. Diese strukturelle Gewalt ist in 
uns - in Gestalt des 'Über-Ich' - nicht irgendwo da draußen. Ohne 
dieses 'Über-Ich' wären wir in den meisten Fällen von Sachzwängen 
oder struktureller Gewalt in der Lage, kreativ aus dieser Situation 
auszubrechen.

Daß schon das pure _Bestreben_, 
jemanden zu etwas zu zwingen, schon Macht sein soll, ist mir
gänzlich unverständlich.  

Natürlich ist das Macht. Es wäre keine Macht, wenn man ihn über-
zeugen würde, es aus freien Stücken zu tun, wenn man ihm die
Wahl lassen würde, ein gewünschtes Verhalten an den Tag zu
legen oder es eben  bleiben zu lassen.

Macht drückt mangelnden Respekt sich selbst und anderen
Menschen gegenüber aus, mangelnde Einsicht in die Freiheit
und das die eigene Freiheit an der Freiheit anderer endet. Da-
bei gibt es in äutoritären Gesellschaften, in welchen jeder einzel-
ne ein 'Über-Ich' besitzt, keinen wesentlichen Unterschied, einen 
anderen nur zu zwingen, eine bestimmte Handlung zu unterlassen 
oder ihn zu Tode zu foltern.

Dies drückt sich nicht zuletzt in jenem Experiment aus, in dem in
der autoritären Gesellschaft Amerikas ein Versuchsleiter Studen-
ten und zufällige Passanten von der Straße aufforderte, einer mit 
Drähten an einen Stromgenerator angeschlossenen Person 
Stromstösse zu verabreichen, wenn sie auf einfache Fragen 
falsche oder nicht sinnvolle Antworten geben würde. Jeder Strom-
stoss würde stärker als der zuvor gegebene sein, weil man - so 
der Versuchsleiter - schließlich eine pädagogische Wirkung bei 
der an den Stromgenerator angeschlossenen Person erzielen 
wolle. 

Mehr als die Hälfte der Studenten und zufälligen Passanten war 
bereit, der Versuchsperson am Generator Stromstösse bis zur 
maximalen Leistungsfähigkeit des Gerätes zu verpassen, die 
dieser nicht überlebt hätte, wären die Drähte echt und die Schreie 
nicht geschauspielert gewesen. Nur zwei von Hundert weigerten 
sich überhaupt, an diesem einem Mengele nicht nachstehenden 
Experiment teilzunehmen.

Dieses Expermiment drückt die ganze Destruktivität des 'Über-Ich'
aus, denn der Versuchsleiter konnte die Studenten und Passanten
davon überzeugen, im Namen der herrschenden Ordnung be-
rechtigt zu sein, jemanden zu strafen, um ihn zu richtigen Antwor-
ten zu zwingen und ihn in diesem Bestreben zu Tode zu foltern. Än-
liche psychologische Experimente in Europa ergaben ähnliche
Resultate.

Solange das 'Über-Ich' Menschen "regiert", bezweifle ich, ob es 
positive Macht überhaupt geben kann.

Schließlich - Steigst Du in ein Boot, wenn Du die Kompetenz des
Kaptän anzweifelst, dieses Boot auch zu lenken? Wäre es nicht
eigene Inkompetenz, trotzdem an Bord zu gehen und sich damit
zu beruhigen, der Kapitän sei schließlich eine Respektperson der
herrschenden Ordnung? 

Liebe Grüsse,
Jacob
________________________________
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