Re: [ox] Linuxxxxxx
- From: Wolfram Pfreundschuh <wolfram pfreundschuh.de>
- Date: Sun, 7 May 2006 07:39:14 +0200
Am 07.05.2006 um 00:04 schrieb Stefan Seefeld:
Also entweder ich unterwerfe mich dem Markt oder ich unterwerfe ihn
mir ?
Warum schon wieder so ein k"unstliches Entweder-Oder ? 'Der Markt'
ist von
Microsoft dominiert und konditioniert. Heisst das dass wir anderen
all die
(IMO) dummen Entscheidungen tollerieren m"ussen ? Wenn das so
w"are, k"onnten
z.B. alle Standardisierungs Konsortien einpacken (W3C, OASIS,
POSIX, etc.).
Oder man bleibt als informeller Kreis draußen. Dann hätte ich mich
natürlich informieren müssen. Aber hier fehlt der praktische
Weltbezug, und das liegt ganz offensichtlich an der
Geschäftemacherei mit Linux.
Den Gedanken verstehe ich nicht. Was meinst Du mit 'praktischem
Weltbezug',
und in welchem Zusammenhang steht er zur 'Gesch"aftemacherei mit
Linux' ?
Ich verstehe, dass es zu dem Problem Linux auf dem Markt keine
wirkliche Lösung gibt. Das schließt ja die GNU-Lizenz auch aus. Aber
eigentlich schließt sie doch den Markt aus. Geht das wirklich, und
wenn ja wie? Vom Markt her gesehen müsste man sagen, dass Linux
"flexibler" sein müsste, wenn es zu Marktvorteilen gereichen soll.
Aber mein Problem war nicht dies, sondern die Naivität, mit der das
Thema Linux und Markt behandelt wird. Deshalb argumentiere ich erst
mal vom Standpunkt des Users, der mit Produkten vernünftig arbeiten
will. Das Problem ist nämlich sehr allgemein, was den Markt betrifft:
Produkte einer Gruppe, die sich gegen seine Vorherrschaft verhält und
durchaus antikapitalistische Positionen dabei einnimmt, wird durch
die Verwertbarkeit ihrer Produkte absorbiert. Da soll sie sich
einfach nichts vormachen, sondern sich neu besinnen, was ihre
Position dazu ist. Das trifft eben auch für Wikipedia zu. Ich meine,
dass Wikipedia zestört wird, wenn ständig neue Kopien auftauchen
(gestern fand ich z.B. welche bei wissenglobal.de und
hirnforschung,de), die nur das Produkt als solches, also die Inhalte
ohne Editionsfunktionen, verwenden, um sie als Werbung für eigene
Belange, also eben um Aufmerksamkeit für ihre Interessen zu erlangen,
die meist systemaffirmativ bis reaktionär sind. Wikipedia wird auf
diese Weise zum Designerprojekt für Reaktionäre.
Indem Linux tatsächlich immer mehr Anwendungen erfährt (z.B. auch
durch den Server der Münchner Stadtverwaltung), bekommt es auch
zunehmend ein Problem als Open-Source-Projekt: Es wird verwertet und
Open-Source wird zu einem Preisfaktor des Marktes, die Programmierer
zu Billiglöhner, Arbeitsplätze vernichtet usw. Auf diese Weise kann
es kein wirklich gesellschaftskritisches Projekt sein, sondern eher
ein Projekt progressiver Selbstausbeutung.
Hierin sehe ich die Notwendigkeit einer Diskussion, die hier leider
nur in der moralischen Gestalt von p/p aufebbt und versiegt. Ich für
meinen Teil habe mich zur Paralellwelt der Sozialknete entschlossen.
Allerdings bin ich auch schon bald 60 und stehe deshalb anders da.
Nachdem ich 4 Tage lang für die Web-Site eines Schönheitschirurgen
nur noch die Hintern, Bäuche, Gesichter und Brüste von unglücklichen
Frauen und Männern vor und nach der Operation retuschiert hatte, hab
ich festgestellt, dass das alles keinen Sinn mehr für mich haben
kann. Die Kultur selbst ist das Problem, nicht die Technologie für
sich. So habe ich fast alle meine zuletzt verbliebenen Kunden
aufgegeben und die kulturkritik.net gestartet.
Wolfram Pfreundschuh________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de