Message 10121 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT09961 Message: 76/84 L2 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Potsdamer Denkschrift 2005



* Christoph Reuss <crox iac-research.ch> [2005-12-03 16:50]:
Aber echter Wandel wird ja von dieser Ideologie nicht gewollt, bloss "alter
Wein in neuen Schläuchen", also muss man den immerwieder recycelten Wein
eben als "Naturkonstante" darstellen!

Marx hat genau das Gegenteil gemacht.

(Obwohl doch "Naturkonstanten" hier sonst so verpönt sind... ts ts)

Marx sagt keineswegs, dass oekonomische Gesetze Naturgesetze seien. Sein
Punkt ist, dass oekonomische Gesetze sich innerhalb des Kapitalismus
_wie_ Naturgesetze durchsetzen. Gerade diesen Unterschied wollte er
deutlich machen. Gesellschaftlich bestimmte Verhaeltnisse _erscheinen_
im Kapitalismus aufgrund der Art und Weise, wie arbeitsteilige
Produktion hier organisiert ist, als sachliche, quasi natuerliche, und
damit unveraenderliche. Der wahre Kern dieses falschen Bewusstseins ist,
dass sich die Verhaeltnisse _im_ Kapitalismus tatsaechlich nur innerhalb
der Grenzen veraendern lassen, die sich durch die gesellschaftliche Form
ergeben. Falsch ist es insofern, als die gesellschaftliche Form _selbst_
in letzter Instanz immer eine von Menschen gemachte und als solche sehr
wohl veraenderbar ist. Das Interesse an dem Versuch, die nur scheinbar
natuerlichen Verhaeltnisse als gesellschaftliche zu entlarven, ergibt
sich natuerlich _gerade_ aus Marx' Interesse, die Verhaeltnisse zu
aendern.

Das soll nicht heissen, dass alle Anwälte genau gleich auf dem P-P-Spektrum
positioniert sind, aber wenn einer sich "zu weit" vom Predator-Ende weg
bewegt, verstösst er entweder gegen die Standesregeln/Gesetze oder geht
pleite.

Richtig, und genau deshalb kommst Du nicht weit, wenn Du versuchst, das
Verhalten von Anwaelten ueber irgendwelche Predator-Werte zu erklaeren,
die sie aus irgendeinem Grund angenommen haben sollen. Das gilt im
Prinzip fuer jede Position: U.U. kann der menschenfreundliche Kapitalist
es sich mal leisten, auf eine aus betriebswirtschaftlicher Sicht
gebotene Entlassung zu verzichten. Sein Spielraum bleibt aber immer
innerhalb der Grenzen, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, Profit zu
erwirtschaften, um auf dem Markt zu ueberleben. Diese Grenzen des
Handlungsspielraums waren schon da, bevor der Kapitalist den Markt und
der Anwalt die Kanzlei betrat. Daher musst Du Dir die Verhaeltnisse
angucken, wenn Du Dir das Verhalten von Anwaelten, Politikern,
Buerokraten oder Kapitalisten erklaeren willst.

Holger

-- 
PGP fingerprint:  F1F0 9071 8084 A426 DD59  9839 59D3 F3A1 B8B5 D3DE
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT09961 Message: 76/84 L2 [In index]
Message 10121 [Homepage] [Navigation]