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Re: [ox] Wissens- und/oder Informationsgesellschaft?



Hi Hans-Gert und alle!

Generelle Vorbemerkung: Wenn ich einige deiner Antworten richtig
verstehe, dann schweifst du in deinen Ausführungen sehr weit aus.
Dafür scheint es mir beim heutigen Stand der Debatte auf dieser Liste
aber zu früh. Ich lasse daher mal alles weg, was ich momentan als
Ausschweifung verstehe.

3 weeks (23 days) ago Hans-Gert Gräbe wrote:
Stefan Merten wrote:
HGG: (m.E. die Kernfrage im Streit mit Karsten Weber in Chemnitz),

Wer war noch schnell Karsten Weber? Ist er hier auf der Liste?
Wenn ja: Kann er nicht für sich selbst sprechen? Wenn nein: Inwiefern
spielt dein Streit mit ihm hier eine Rolle?

Karsten Weber war der nette junge Mann,

Nett, nun ja. Sicher recht brilliant - aber der Mann ist schließlich
Philosoph. Was ich super-ärgerlich fand, dass er als erklärter
Liberaler seine eigenen geistigen Grundlagen nicht kritisch
reflektieren kann, sondern sie in einem kruden Universalismus, den ich
für längst ausgestorben gehalten hatte, naturalisieren muss. Damit ist
er für mich nicht mehr wirklich satisfaktionsfähig :-/ .

der in Chemnitz am Sonntag den
Plenarvortrag gehalten hat. Als Diskussionsleiter erinnere ich mich,
dass auch du mit im Raum saßt. Insofern verstehe ich deine Frage nicht.

Aber hier auf der Liste spielt er wohl selbst keine aktive Rolle. Seinen
Text "Der Preis der Informationsfreiheit" steht unter
http://www.hg-graebe.de/Texte/RLKonf-2005.html

Es war auch nicht allein "mein" Streit mit ihm, sondern der von Kurt
Reiprich, Jörg Wittenberger, Wolfgang Fischer, etc. - und ich dachte
auch von dir, aber da habe ich mich also geirrt.

Ganz egal welche Beteiligung ich damals daran hatte: Die anderen 250
auf der Liste waren nicht da. Aber du fandest ja eine Unterscheidung
von Kommunikationsräumen überflüssig :-( .

*Insofern* wir uns darüber verständigen wollen, was das Mehr der
"Macht der vereinten Individuen" gegenüber der "Vereinigung der
Macht der Individuen" ist

Ich kann dieser formelartigen Formulierung nichts entnehmen :-( .

Es ist ein Dauerbrenner zwischen uns: Gibt es jenseits von
"Selbstentfaltung(en)", also der Summe der lokalen Effekte sich selbst
entfaltender, sich selbst ermächtigender Individuen, ein Mehr - globale
Effekte - einer gemeinschaftlichen Entfaltung. Wenn ja - meine These -,
wie sind diese zu fassen?

Deine Erläuterung verstehe ich zwar, aber ich sehe nicht den
Zusammenhang zur Formel. Egal.

Zum Inhalt: Ich verstehe offen gestanden den Widerspruch nicht ganz.

würde ich deine Frage (die Rolle der nicht verbalisierbaren eigenen
Erfahrungen und die Frage, ob auch die einem Sozialisierungsprozess
unterliegen) *zunächst* ausklammern wollen. Allerdings auch die
Frage "Kennen Tiere Wissen?"

Diese Haltung halte ich aber für eine extrem ahistorische, kulturell
bornierte und noch dazu nicht hinreichende.

Was, das Theorie reduzierende "zunächst"?

Nein, die Ausklammerung.

Um es mal an einem analogen Beispiel fest zu machen: Du möchtest etwas
über Kultur als Phänomen beim Menschen wissen und blendest alles außer
der Kultur des weißen Mannes aus - derweil du dich selbst als weißer
Mann begreifst. Wie du aus dieser Perspektive jemals auf der
Ausgangsfrage adäquate Antworten kommen willst, ist mir schlicht
rätselhaft. Vielmehr müsste es darum gehen, *alle* Kulturen in den
Blick zu bekommen. Oder eben *alle* Wissensformen. Danach oder auch
während der Betrachtung macht Differenzierung dann Sinn.

Mit anderen Worten: Eine extrem eurozentrische Sichtweise, die sich
in der Tradition der breitesten Blutspur befindet, die die Menschheit
auf diesem Planeten erlebt hat.

Ah ja. So darf man also nicht denken. Was soll das?

Hmm... Du hast selbst Dinge gerne als "gesetzt" annehmen wollen - also
Denkverbote ausgesprochen. Schön, dass dir Denkverbote nicht behagen
;-) .

Zum Thema: Wenn eine Reduktion wie sie oben illustriert ist vornimmst,
und das Ganze in emanzipatorischer Hinsicht tust, dann müsstest du mir
wenigstens erklären, warum du mit deinem Ansatz vor der Blutspur
gefeit bist, während anderswo täglich auf gleicher Basis Menschen
umgebracht werden. Ansonsten verstehen wir wohl sehr unterschiedliche
Dinge unter Emanzipation.

Noch dazu ist sie nicht hinreichend, da der Begriff des
gesellschaftlichen Wissens damit auf das formalisierbare reduziert
wird. ...

Klar ist sie nicht hinreichend, aber vielleicht als allererste Näherung
ans Thema doch brauchbar? Der Wissensbegriff wird sehr schnell sehr
komplex, wie du selbst festgestellt hast.

Ja, aber um einen komplexen Begriff zu verstehen, ist m.E. eben darauf
zu achten, die Komplexität *nicht* zu verlieren.

wofür unser flame anderenorts ein erstklassiger Beleg ist.

Er kann's nicht lassen mit den Grenzüberschreitungen...

Was ist eine Datenspur?

Eine Datenspur ist das, was Tun oder sogar Sein in Raum und Zeit
hinterlässt. Das, was die Spurensicherer der Kripo aufdecken, woran die
Biene den Honig erschnuppert, das Faltungsmuster im Stein als Resultat
einer Gebirgshebung etc.

Ok. Um es mal mit ganz frühen Definitionsversuchen zu fassen:
Wechselwirkungen, die in irgendeiner Weise später als Daten messbar
sind und damit Auskunft über / Hinweise auf Vergangenes geben. Right?

Sie sind damit nicht grundsätzlich von anderen Daten unterschieden.
Right?

D.h. eine Datenspur kommt ohne Messgeräte/Sinnesorgane aus?

Ja, denn das Hinterlassen einer Datenspur und das Aufnehmen einer
Datenspur sind vollkommen getrennte und autonome Prozesse.

Ok. Aber ungemessene Datenspuren sind in keiner Weise relevant. Right?

Ich lasse es mal dabei - auch weil ich den Ausführungen zur Seele
überhaupt nicht mehr folgen kann.

Da glaube ich mich mit dem Begriff der Leitsozialisation weiter.

Was ist eine Leitsozialisation? Vielleicht die deutsche Lei[td]kultur?
Kann es sein, dass du hier von einem OHA-Phänomen redest? Das würde
ich aber dann der materialistischen Produktionsweise als
Überbauphänomen unterordnen.

Die Leitsozialisation ist für mich derjenige unter den vielfältigen
Sozialisierungsprozessen der Gesellschaft, um den herum sich
Gesellschaft aufbaut. Im Kapitalismus also die als Erwerbsarbeit
daherkommende Sozialisierung produktiver Arbeit im engeren Sinne, aus
der sich die gesamte Gesellschaft strukurierende "Macht des Geldes"
speist. In meinem Mawi-Paper und auch meinem Vortrag in Wien habe ich
dargestellt, dass ich hier einen Shift sehe zur "Macht des Wissens" und
so auch das Ringen zwischen Alien-Zivilisation und Maquis bei C. Spehr
verstehe.

Was die Verbindung zum OHA-Phänomen betrifft, so kan ich dazu wenig
sagen, weil ich noch nicht so recht verstanden habe, was sich dahinter
verbirgt.

Schade. Mir deucht, deine Sozialisation hat viel damit zu tun. Aber
auch das: Egal (für diesen Thread).

Nein, für eine theoriehaltige Debatte ist dieser Satz gänzlich
ungeeignet. Es muss vielmehr darum gehen, welcher Gebrauch von
Informationen für welche Menschen zu einem bestimmten historischen
Zeitpunkt für welche Ziele sinnvoll ist.

Genau einen solchen instrumentellen Zugang halte ich für zu eng, weil er
die Menschen letztendlich entmündigt.

???

Mir scheint, dass wir zwei verschiedene Sprachen reden. Während du mit
"information wants to be free" Dingen menschliche Qualitäten
zuschreibst - der Meme-Diskurs tut genau dies - und damit
Informationen eine Macht über die Menschen zugestehst, die ihnen
äußerlich ist, versuche ich gerade mit und für die Menschen Mittel und
Wege zu finden, *ihren* Willen in die Tat umzusetzen, ihre
Verhältnisse als menschgemacht und damit durch Handeln veränderbar
darzustellen.

Ersetze doch mal "Information" durch "Geld" und du würdest Geld nicht
mehr als ein Mittel im Kapitalismus sondern als Gott verstehen.
Irgendwas driftet hier gewaltig auseinander...


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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