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Re: [ox] Re: Messen in Ma(ss)en?



Hi Stefan,

On Sun, Jun 05, 2005 at 06:26:46PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:

Hi El et al!

:-)

Du sagst, meine Vorstellung von Messen und Maßen usw. sei Dir zu
eng -- aber ich tu mich im Moment noch schwer zu verstehen, wie
ich sie besser begründen oder warum ich sie besser erweitern
sollte ;-)  Daher erstmal meine Interpretation dessen, was ich aus
Deiner Kritik herauslese:

Du bestimmst also Messen als das, was mit Hilfe eines Meßfühlers
(Sensors) geschieht, und als Meßfühler kann Dir alles dienen, solange
er im Rahmen biologischer oder geistiger Aktivität zum Einsatz
kommt (--ausgeschlossen ist ausschließlich anorganische
Interaktion). 

Abgesehen von der engen Zirkularität dieser Erklärung, gefällt mir
ein derart breites Verständnis von Messen schon
deshalb nicht, weil es den Unterschied zwischen Spüren, Fühlen,
Empfinden, Abbilden, Wahrnehmen (usw.?) verwässert. Diese Verwässerung ist
allerdings nicht unbegründbar, sie entspringt u.a. dem normalen
Sprachgebrauch, aber vielleicht wird mein diesbezügliches
Mißfallen ja deutlich, indem ich noch andere Beobachtungen zu
Schwierigkeiten mit der Erklärungsmacht des allgemeinen
Sprachgebrauchs zum besten gebe:  Hilft es mir, wenn ich mich
frage, was Wissen sei, daran zu denken, daß man durchaus sagen
kann, es sei doch erstaunlich, woher die Störche "wissen", wie sie
von Europa nach Afrika und zurück kommen...  Ich frage mich da
einfach, ist das wirklich Wissen in dem Sinne, wie ich es
verwende?  Die Fähigkeit, oder die Praxis, einer über Jahrhunderte
beinahe gleichbleibenden Route zu folgen, wird hier schon als
Wissen betrachtet. Aber warum kann ich dann nicht auch sagen, der
Stein, der zur Erde fällt, folge seinem Weg, weil er um ihn wisse?
Warum Du eine (willkürliche?) Grenze zwischen anorganischen und
organischen Erscheinungen ziehst, nicht aber zwischen organischen
und geistigen, habe ich bspw. noch nicht verstanden.

Denkwürdig im Zusammenhang Deiner Sensor-Argumentation ist aber
auch das Wort Sensor selbst: eigentlich ist die deutsche
Übersetzung Meßfühler ja schon eine Präzisierung des lateinischen
bzw. englischen Wortes sensor, welches eigentlich nur Fühler
bedeutet, was man eindeutig als Analogie zu den so genannten
Organen von Insekten und Schnecken usw. empfinden würde.  Dennoch
scheint die Präzisierung nötig zu sein, um zu verdeutlichen, daß
der Zweck des Sensors gerade nicht das Fühlen an sich ist.  Und in
Anbetracht der emotionalen Aufgeladenheit des Wortes Fühlen böte
sich allerdings auch noch eher das Wort Spüren als Übersetzung an.
Lustigerweise fällt in die Reihe der naheliegenden Bedeutungen
auch noch das Wort Sinn (welches ja auch etymologisch mit dem
Sensor zusammenhängt) -- zum Beispiel ist das Gespür eines Hundes
zum großen Teil eine Folge seines ausgeprägten Riech-Sinns.  Nun
heißt der Sensor auf deutsch aber nicht nur deshalb nicht
"Sinner", weil das komisch klingen, sondern auch, weil es zu sehr
an den abstrakten Sinn von Sinn, nämlich Sinn im Sinne von Unsinn,
oder gar an den sinnlichen Sinn im Sinne von Sinnlichkeit ;-)
erinnern würde.

Wenn aber schon die Unterscheidung zwischen den verschiedenen
Sinnen des Wortes Sinn sinnvoll (und im Sprachgebrauch gar nicht
so schwer) erscheint, dann doch wohl auch die Unterscheidung
zwischen den immerhin schon verschiedenen Wörtern Spüren, Fühlen,
Empfinden, Wahrnehmen, Abbilden und Messen, oder?

.....

Wechselwirkung (Kommunikation) kann auch ohne Messungen
stattfinden und bedarf daher keiner Meßwerte oder Daten.

Nun, mit deinem Begriff von Messung ist das wohl wahr, aber den finde
ich zu eng.

Aber was du hier so bruchlos gleichsetzt - Wechselwirkung und
Kommunikation - finde ich zwei sehr unterschiedliche Dinge.
Wechselwirkung ist unabhängig von einer Intention - der Lauf der
Planeten z.B.; Kommunikation ist alles andere als das ...

Auch dem widerspricht der Sprachgebrauch (auf den ich mich hier
gestützt habe) bspw. bei der Beschreibung des Verhaltens von
Flüssigkeiten in "kommunizierenden Gefäßen" -- ich hab ja extra
nicht (nur) von menschlicher Kommunikation gesprochen ;-) Aber
auch menschliche Kommunikation ist eine Form der Kommunikation und
der Wechselwirkung im weiteren Sinne, oder?  (Was
selbstverständlich nicht heißen soll, daß ich sie bspw. mit einer
der vier phys. Grundwechselwirkungen gleichsetzen würde -- sie ist
eben eine "höhere" Form der Wechselwirkung, welche sich aller
Register aus den Sphären von Physik, Chemie, Biologie, Neurologie,
Psychologie... und sogar der Ökonomie -- bedient.)

......

Auch wenn ich es nicht nochmal aufgerollt habe, plädiere ich also
weiter dafür, Messen vorzüglich im Kontext von Maßen, Meßgrößen,
Maßstäben und -einheiten, also im Kontext von abstraktem Denken zu
verstehen -- und zu verwenden ;-)

Grüße,
El Casi.

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