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Re: [ox] "Digitalisierte Musik zwischen Raubkopie und gesellschaftlicher Alternative"



Hi zusammen!

Vielen Dank für eure guten Hinweise. Ich habe sie praktisch alle in
meinen Vortrag als Notizen / Gedanken eingebaut.

Auf ein paar Sachen möchte ich noch kurz eingehen.

6 days ago Stefan Meretz wrote:
schöne Folien!

:-)

Die Einladung war schon gut, weil sie dazu geführt hat, dass ich mir
darüber endlich mal substantiell Gedanken mache. Manchmal braucht es
eben einen konkreten Anlass.

6 days ago Benni Baermann wrote:
On Thu, Jan 13, 2005 at 09:21:11AM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
     o    Mit TCPA wird das Prinzip des Computers massiv beschnitten

TCPA ist tot, es heisst schon lange TCG:

Danke. Da war ich wirklich unsauber und habe auch das technische Teil
(TPM) munter mit der Organisation (TCPA=>TCG) gemixt.

Generell zu Deinen Thesen (nur kurz):

Ich finde deine "Realpolitik" reichlich dogmatisch rein an Freier
Software (und Deinen Thesen dazu) orientiert.

Na ja, ist ja auch von mir ;-) . Und der Hintergrund ist ja sogar
extra aufgeführt.

P2P hat IMHO mehr oder
mindestens genausoviel im emanzipativen Sinne beigetragen wie FS.
Allerdings auf ganz andere Weise.

Kannst du das erläutern?

Mit einer reinen Leere sich darüber
zu mokieren, dass das nicht frei ist, bringt nix. Beides sind
Aneignungsprozesse, das ist das Entscheidende.

Ein Aneignungsprozess ist ja nicht per se etwas Gutes, sonst wären die
Aneignungsprozesse der Kapitalseite ja auch zu begrüßen - und da
eigenen sich ja auch nicht unerheblich konkrete Menschen etwas an.

6 days ago Franz Nahrada wrote:
Das ist sehr gut daß jetzt solche Darstellungen kommen- auch wenn mich die
Favorisierung eines individuellen Abrechnungsmodells nach Apple-Muster
gegenüber einer P2P Steuer nicht ganz glücklich macht.

Das war eben eine der gewagteren Gedankengänge, zu denen ich mir
Feedback gewünscht habe.

Apple ist doch
nicht frei von DRM-Träumen

Wenn ich es richtig weiß - wäre auch noch eine wichtige Nachfrage -
dann sind die iTunes-Waren aber auf CD brennbar. Damit sind sie
erstmal ein Stück jenseits von DRM.

und letztlich kann es keine Koexistenz zwischen
Informationshandel und freien Modi geben.

Warum nicht? Die Strukturen des Feudalismus haben auch lange neben den
sich verfestigenden bürgerlichen Strukturen existiert.

Was vielleicht noch stärker akzentuiert werden könnte wäre die
Produktionsweise von Musik. Da kenn ich mich nicht wirklich aus,

Ich kenne mich da auch nicht wirklich aus - vor allem wenn es um die
moderneren Sachen geht. Da höre ich dann lieber erstmal zu :-) .

5 days ago Stefan Merten wrote:
From:  tt at cut3.com
Freie Software und Musik
========================

hab hier ein bisschen das gefühl, dass äpfel mit birnen verglichen werden.

Offen gestanden: Als ich über Ähnlichkeiten und Unterschiede
nachgedacht habe, habe ich gestaunt, *wie* ähnlich sich die Dinge
sind. Und die Unterschiede liegen bei Licht betrachtet nicht mal da,
wo ich sie vermutet hätte.

Im Oekonux-Kontext ist dieser Vergleich halt sehr naheliegend und kann
und soll sicher ausgebaut werden.

könnte auf bestimmt historische situationen zutreffen, etwa musik vor ihrer
technischen reproduzierbarkeit und vor urheberrecht. wo sich einer des
anderen stücke angehört hat, und genommen/verändert hat, was im gefallen
hat, bzw was er sich gemerkt hat.

Ist das heute so anders? Gerade bei dem Einheitsbrei, der z.B. aus den
Radios dringt ist doch alles Originelle längst weg-producert und die
größte Originalität liegt in der Tiefe des Ausschnitts der
betreffenden Dame.

sourcecode wäre hier das notenmaterial
gewesen. soweit es in der jeweiligen konkreten situation überhaupt vorhanden
war. wichtig ist das in der volksmusik ähnlich wie in der freien software
wenn man sie in ihrer gesamtheit sieht, als kolektiv gearbeitet wird, an
einem grossen ding. jeder baut direkt auf das material des anderen auf. was
sehr gut ist wird sehr oft reproduziert. individuelle autorenschaft ist eher
unwichtig.
in der heutigen musiklandschaft liegen die dinge doch anders. zwar gibt es
cover-versions und das in steigender zahl. trozdem steht eindeutig, das
individuelle schaffen im fordergrund.

Aber mit einer Erfolgsquote sehr nahe bei Null - oder? Also wenn wir
jetzt mal die Ideologie beiseite lassen.

oft das besondere, das das eigene vom
kolektiven abhebt. autor, orginalgenie usw. eben als leitbild. heraus kommt
ein diskurs wo wurzeln verleugnet werden, oder besonders betont wir wenn
diese nicht verleugnet werden. denk an elvis, eminen und schwarze musik.
denke also wirklich das der vergleich hier nicht wirklich sinnvoll ist.
oder eben nur in teilaspekten wie der bewegung um die cc-samplinglizenz.

Hier wäre für mich eben der Punkt mal mit der Ideologie aufzuhören und
die Realität anzuschauen. *Wirklich* innovativ war z.B. Stockhausen(?)
/ Zwölftonmusik. Von diesem Kaliber kann ich zumindest in der Breite -
und die vertritt die Musikindustrie ja gerade - nichts erkennen. Und
ansonsten bauen Kulturgüter praktisch immer sehr stark auf dem
Vorgefundenen auf - ob verleugnet oder nicht. Was übersehe ich?

     o    Im Rahmen von Marktwirtschaft unproblematisch

du solltest dich etwas mehr mit den inneren wiedersprüchen der
marktwirtschaft beschäftigen!

Ok :-) .

trifft unternehmen natürlich genauso wie
gesellschaft als ganzes. erhöhte kosten und vor allem masiv komplizierterer
zugang bei der nutzung von werken. ganz allgemein, gebremste inovation, weil
erschwerter zugang zu neuesten schöpfungen aller art, und durch verlust des
kulturellen langzeitgedächtnisses. wenn es schlecht läuft, würde sich das
denke ich irgendwann sogar im bip bemerkbar machen.

Lass mich mal einen Vergleich versuchen. Eine Ressource die ebenfalls
ohne Auspreisung / staatliche Eingriffe hemmungslos ausgebeutet wird,
ist die Natur. Da gelten deine ganzen Argumente (mindestens) ebenso.
Nun halte ich es für eine immanent marktwirtschaftliche Argumentation,
wenn diese Ausbeutung im Interesse bestimmter Gruppen beendet wird.
Wie das im Einzelnen geschieht, ist dann eine Detailfrage.

und man sollte nicht vergessen, dass das vor allem staaten betrifft, die
technologischen nachhohlbdarf haben. also vor allem die länder des südens.

Na gerade aus marktwirtschaftlicher Sicht hat *das* aber noch nie eine
Rolle gespielt :-( ...

               Kommt ohne direkten Zwang aus

weiss nicht wie du das meinst, macht aber in keinem der möglichen fälle
sinn.

Ich weiß es auch nicht mehr genau ;-( . Hab's raus genommen.

               DRM kann zielgenauer sein als Messmethoden von
               Verwertungsgesellschaften

eben nur in der schlimmsten variante, wo man musik dann etwa pro nutzung
lizenziert und abrechnet. da gibt es dann aber auch wirklich den gläsernen
konsumenten.

Das sehe ich nicht so - und hätte auch eine Idee für eine Alternative,
die die DRM-Überwachung m.E. genauso wirkungsvoll verhindert.

Was spricht genau dagegen, dass mensch eine PrePaid-Börse hat, von der
dann pro Nutzung etwas abgezogen wird. Und wenn die Börse leer ist,
kann sie über ein kryptographisches Verfahren wieder aufgeladen werden
und die Musik spielt wieder. Quasi so eine Art digitaler Münzautomat.
Damit wäre DRM-seitig alles geritzt und zur Verteilung des
eingenommenen Geldes würde eine grobe Katgorisierung oder eine
Ermittlung auf anderem Weg völlig ausreichen. Im Prinzip wäre das halt
eine Nachbildung der Geldfunktion, deren einer Vorteil ja auch ihre
Anonymität ist.

o    Probleme heutiger DRM-Ansätze

aktuell etwa verstecktes drm wie bei apple itunes, wo leute nach ein paar
jahren drauf kommen, dass alles was sie zusammengetragen haben plötzlich
wieder weg ist.

Auch an dich: Ich denke, es ist auf (normale) CDs brennbar. Liege ich
da falsch?

P2P (Peer to Peer)
- ------------------

     D.h. "Tausch"börsen wie Kazaa, eDonkey, etc. pp.

     Dort wird i.d.R. nicht wirklich getauscht

natürlich! in dem sinn dass menschen auch was bereitstellen. etwa
torrent-files länger offen lassen, oder musik die sie gut finden in ihren my
music folder stellen. halt tauschen wie in einem tauschring, und nicht nur
zwischen zwei peers.

Tausch hat für mich immer etwas mit Leistung / Gegenleistung zu tun.
Alles andere würde ich einen Güterfluß nennen.

o    System zur Verschleierung illegaler Kopien

systeme zur dezentralen verbreitung von dateien. es wird auch freie software
über bittorrent verteilt.

Stimmt. Ich glaube aber nicht, dass P2P ohne die Verschleierung
illegaler Kopien groß geworden wäre. Ist ja kein Zufall, dass genau
das von manchen P2P-Systemen versucht wird.

          Zumindest für Musik wäre es viel einfacher dicke, zentrale
          Server zu haben

p2p kann denk ich mehr mehr. filtern, load-balancing usw.

Die technischen Aspekte sind richtig, sind m.E. aber eher Beiwerk.

o    Freie Musik / Freier Content käme ohne P2P aus

gerade da macht p2p besonders sinn. weil niemand zentrale server betreiben
muss, weil niemand niemandem traffic verrechnen muss, usw.
du musst das auch weiterdenken. die kids wollen sicher, dass ihre handys
wenn sie in einen klub gehen, automatisch musik mit anderen handys tauscht.
voraussetzung ist natürlich dass die peers sich lokal auch direkt vernetzen
können, in dem fall über ein drahtloses mash.
ich denke frei inhalte brauchen auch infrastruktur in den händen der nutzer.
sowohl gerät wie auch wie im obigen beispiel das recht eine frequenz auch im
direkten austausch zu benutzen.

Da fehlte mir wohl etwas die Phantasie ;-) . Ja ok, es gibt
interessante Anwendungen, aber *notwendig* wäre es denke ich nicht.

CF (Content-Flatrate) / P2P-Steuer
- ----------------------------------



     o    Bricht nicht mit der DRM-Logik

geb dir hier in vielem recht, aber das ist unfair. ist sehr wohl als
gegenmodell zu drm gedacht.

Gedacht ja. Aber das erfüllt es eben m.E. nicht.

und ist zumindest als gedankenexperiment ein
wichtiges argument gegenüber der rechteindustrie.

Da ließen sich aber leicht bessere finden - wie angedeutet z.B. eben
mit unbedenklichen DRM-Methoden.

kommt aber eh nicht. und ich finde es ist einfach zeitverschwendung zu viel
darüber nachzudenken.

Na, ich weiß nicht. Solche sozialdemokratischen, die Keimform
verwischenden Ansätzen werden schon gerne genommen. Auch das wurde mir
erst jetzt bei der Vorbereitung klar: Das Gefährlichste an diesem
Modell im Oekonux-Sinne ist seine Verwischung zwischen Frei und
proprietär. Das nehme ich ziemlich ernst.

da gibt es so viele andere, sinnvollere ansätze um
eine freie, nachhaltige wissensordnung zu ermöglichen, an der möglichst
viele teilhaben können.

Das eine tun, das andere nicht lassen ;-) .

hoffe es hilft.

Danke, sehr.

Vielleicht helfen meine Gedanken ja auch wieder anderen - Freier
Fluss, der eben allen zu Gute kommt. So wie Freie Software und alle
Musik entsteht :-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

--
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________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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