Re: Fwd: Re: Fwd: Re: [ox] Wem nuetzt das Urheberrecht? u.a. (fwd)
- From: Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org>
- Date: Sun, 13 Jun 2004 12:58:51 +0200
Zu dem Text von Carsten Weber:
1. Ich kenne die internen Krisis/Exit-Konflikte nicht und will dafür nicht
verhaftet werden. Es kostet mich große Überwindung, diese Mail zu
schreiben.
2. Ich bin schockiert, in dieser Weise attaktiert zu werden. Ich vermute
als Grund die Härte der internen Auseinandereinsetzung. Ich weiss jedoch
nicht wie mir geschieht. Das mag man in männlich-stahlharter Weise wieder
lächerlich machen, aber ich empfinde es als Tiefschlag.
3. Ich gehöre keiner Fraktion an, und habe auch nicht vor, das zu tun. Ich
habe mich immer solidarisch-kritisch auf Krisis-Inhalte bezogen, und ich
hoffe, dass ich das auch weiterhin tun kann - dann eben jetzt auf die
Inhalte beider Zusammenhänge.
4. Jenseits der Schläge einige inhaltliche Anmerkungen:
On Saturday 12 June 2004 18:32, Horibb web.de wrote:
c.weber.os t-online.de (Carsten Weber) schrieb am 12.06.04 17:07:15:
Zu Stefan Meretz' Einlassungen bzw. Auswürfen ist höchstens noch
zweierlei zu sagen:
Erstens hängt es bestimmt nicht von seiner unberufenen und
unqualifizierten Meinung ab, ob die Urheberrechtsklage gegen die
Usurpatoren des Krisis-Labels Erfolg haben wird.
Das trifft zu. Ich habe trotzdem eine Meinung: Um eines Symbols willen vor
den Kadi zu ziehen, finde ich total daneben. Das umgangssprachliche,
zuspitzende Wort "bekloppt" nehme ich zurück - mir geht es nicht um eine
Pathologisierung. Ich finde das Vorgehen nur völlig unangemessen.
Im Gegenteil zeigt
sein blödsinniges Public-Domain-Argument, wie unbeleckt er in
Urheberrechtsfragen ist. Hier werden die Nutzungsverhältnisse
Nutzer-"Public Domain" und "Autor-Public Domain" mal so eben schnell
und unbegriffen "in eins gesetzt".
Der Hinweis auf die PD war kein Argument, sondern eine Beschreibung, wie
vor dem Crash mit den Texten bei Krisis umgegangen wurde. Es geht ja hier
um Texte, die schon länger frei zur Verfügung standen und erklärtermaßen
(lt. Exit-Text) weiter stehen sollen.
Eine Unterscheidung von "Nutzer Public Domain" und "Autor Public Domain"
kenne ich in der Tat nicht. Über Hinweise bin ich dankbar. Ist hier
vielleicht die Unterscheidung von Nutzungsregelung und Urheberschaft
gemeint?
Bei Arnarchos ist immer alles
"Vertrag", weil die Zirkulationssphäre ihr ein und alles ist.
Autorenrechte sind aber dingliche Rechte, die vor-zirkulativ entstehen.
Sie "entstehen" nicht, das ist kein naturaler Vorgang, sondern die
Rechtsform in Kontinental-Europa schreibt die Urheberrechte in dieser
"quasi-naturalen" Weise zu.
Ihr Charakter erschließt sich dem Alltagsverstand nur schwer, weil sie
in der Tat - und durchaus systemwidrig - einen abgespaltenen Teil der
Person bzw. Persönlichkeit verdinglichen, was im zirkulativen
"Leistungs-Austausch" nicht der Fall ist. Um die implizit notwendige
Folge der "unmittelbaren Herrschaft über Personen" zu verhindern, wird
dieser verdinglichte Persönlichkeitsteil dann unübertragbar dem Urheber
zugewiesen. In Anglo-Amerika hat man(n) allerdings bekanntermaßen und
empirisch tausendfach belegbar weniger Probleme mit Herrschaft an und
über "Menschen". Eine "historische Ungleichzeitigkeit", die Meretz &
Co. unter der Fahne des emanzipatorischen Akts (sie glauben auch noch
selbst dran!) unbedingt in altbekannter Modernisierungsmanier
überwinden möchten.
Wenn ich es richtig verstehe, soll ich dafür sein, das kontinental-
europäische Urheberrecht auf den anglo-amerikanischen Raum auszudehnen,
um damit eine "Ungleichzeitigkeit" aufzuheben? Ich bin noch nie auf die
Idee gekommen, denn was sollte das für einen Sinn machen?
Zweitens ist zur Sinnhaftigkeit der Beschreitung des Rechtsweges
eigentlich schon genug gesagt und geschrieben worden (Tip: unter
http://www.exit-online.org/html/aktuelles.php findet sich alles
Wissenswerte darüber).
So weit, so dargelegt. Ich kenne nur Geschriebenes und nichts Gesagtes, da
ich nicht in den Zusammenhängen bin. Was hat jedoch das Folgende mit
diesem Beschreiten des Rechtsweges zu tun?
Die Dummdreistigkeit allerdings, mit der Meretz
schon über die Kotzgrenze hinaus das linkspopulistische Klischee der
"Antibürgerlichkeit" und "Rechtsfeindlichkeit" bedient, um die
pawlowschen Reflexe einer einschlägig bekannten
Bewegungsdumpfbackenszene zu provozieren, verdient - allerdings allein
ihrer herausragenden Widerlichkeit wegen - ein letztes Mal gesonderte
Beachtung.
Ich kenne kein "erstes Mal". Wäre ja vor dem letzten=ersten Mal vielleicht
ohne diese beleidigenden Füllungen eine Auseinandersetzung geworden. Aber
das war wohl nicht gewünscht, sondern offenbar nur diese Form der
"Abfertigung".
Offenbar setzt der famose Herr Meretz illegitime und
illegale Enteignung mit "revolutionärer Aneignung" gleich.
Wenn damit das Copyleft gemeint ist, dann hat das nichts mit einer
Enteignung zu tun, sondern im Gegenteil: das Copyleft basiert auf dem
Copyright bzw. Urheberrecht und schützt vor Enteignung. Wenn ein Autor
oder eine Autorin sich entschieden hat, Texte frei zum Download zur
Verfügung zu stellen, aber verhindern möchte, dass sich jemand diese
Texte unter den Nagel reisst und proprietär (also exklusiv)
veröffentlicht, dann sollte er oder sie ein Copyleft verwenden.
Anderenfalls ohne Angabe einer Nutzungsregelung liegen die Texte
ungeschützt in der Public Domain. Natürlich sind auch andere
Nutzungsregelungen denkbar: Die kann der Autor oder die Autorin ja selbst
bestimmen. - Das alles innerhalb der Rechtsform.
In diesem
Falle hat er gewiß nichts dagegen, wenn wir bei gelegentlicher Ebbe in
der Kasse mal ein paar "Spezialisten" bei ihm zu Hause vorbeischicken,
um uns "gesellschaftliche Ressourcen anzueignen". Ich bin sicher, daß
wir dabei sein wärmstes Verständnis voraussetzen können, denn so
"bekloppt" wird Herr Meretz bestimmt nicht sein, den verpönten, weil
"bürgerlichen" Rechtsweg zu beschreiten.
Der Vergleich ist einschlägig ("Raubkopie" entspricht "Raub eines
stofflichen Guts"), aber falsch. Ein kopierter Text wird nicht weniger,
ein mitgenommenes physisches Ding schon. Zumal es sich um freiwillig ins
Netz gestellte Texte handelt - und nicht um traditionell publizierte
Werke ohne Netzkopie, die dann etwa ohne Erlaubnis ins Netz gebracht
werden. Hier geht es doch um was ganz anderes, nämlich um die Verwendung
des Labels "Krisis", unter dem Einige ihre Texte nicht mehr sehen wollen
bzw. um das Label selbst.
Oder gibt es etwa einen
"Nettigkeitsbonus" für dauerfreundliche Nürnberger
Wertkritikfachverkäufer? Oder können wir uns andererseits endlich auf
eine Austragung des Konflikts mit Schußwaffen einstellen? Wird die
Rest-"Krisis" einschließlich ihres regressiven copyleft-berauschten
Bewegungs-"Umfeldes" ihr nächstes Seminar in Dodge City abhalten, um
ganz nah dran zu sein an der "Quelle der direkten Aktion"?
Wir sind gespannt.
Damit kann ich gar nichts anfangen, denn ich kenne den Crash nur von
außen. Wieder deutet es auf eine Unerbittlichkeit in der
Trennungsprozedur hin. Dort hineingezogen zu werden, ist für mich
bedrohlich.
Stefan Meretz
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