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Re: Re: [ox] Eine Antwort auf die Brötchenfrage



Hallo Franz,

On Sun, Feb 22, 2004 at 02:17:51PM [PHONE NUMBER REMOVED], Franz Nahrada wrote:
Benni schreibt:
Ne, ich schreibe dass es zur Zeit keine mächtigen Interessen gibt. Ich
sprech ja Dir und Deinen Freunden nicht euer Interesse ab. FS hat den
Durchbruch geschafft, weil sie mächtige Verbündete hat. Eigentlich
fast die gesamte IT-Industrie (ausser M$ und SCO). Hast Du auch so
mächtige Verbündete? Und die machen das ja nicht aus Menschenfreude,
sondern weil sie handfeste Interessen haben. Was mir an Deinem Konzept
fehlt ist eben genau dieses handfeste Interesse von Seiten des Empire.
Klingt hart, aber so seh ich das zur Zeit. Kann sich natürlich alles
ändern. Nur wie? Was wäre das Interesse eines Großkonzerns Milliarden
in Deine globalen Dörfer zu stecken? Oder eines Nationalstaates?

Ich denk mir es ist die schlichte Geschichte mit Angebot und Nachfrage. In
dem Moment
wo Globale Dörfer als Nachfragefaktor existieren, wird es jede Menge
Angebote geben.

Die Macht des Konsumenten? Das ist es was ich mit Idealismus meine. Du
sagst das Bewußstsein bestimmt das Sein ;-) 

Es wissen doch heute alle, das Öko eigentlich gemacht werden müsste
(bei was jetzt auch immer im einzelnen). Konventionell ist trotzdem
billiger. Und so lange das so ist, wird halt das billige genommen.
Ausnahmen werden nur da gemacht, wo man Kosten vergesellschaften kann
und Gewinne privatisieren (zB. Mülltrennung).

Man kann nachweisen, dass die Leute mit dem größten Umwelt_bewußtsein_
in den Auswirkungen ihres alltäglichen Lebens die größten Umweltsäue
sind. Ja, wahrscheinlich auch Du, mein Sohn.

FS hat so einen Moment, das dort Multitude und Empire gemeinsam an
einem Strang ziehen und vielleicht, vielleicht gelingt es eines Tages,
ihn um den Hals des Monsters zu schlingen. Bei deinen globalen Dörfern
scheint es mir eher so zu sein, dass das die Multitude ein bisschen
rumhüpft und die Krümel abkriegt, die von oben runterfallen, wenn das
Empire-Monster mal wieder einen kleineren Planetoiden verspeist. Ich
glaube nicht, dass das so bleiben muss, aber momentan ist die Lage so.

Ich meine daß auch FS nicht durch die großen Konzerne entstanden ist,
sondern
IBM und Co haben sich drangehängt, als der Zug ins Fahren gekommen ist.
Und ihn
kräftig angeschoben, das gebe ich zu!

Das ist ein hier wirklich immer wieder und wieder verbreiteter Mythos,
der einfach schlicht falsch ist. Vielleicht liegt es daran, dass die
Leute nicht mehr im Kopf haben, dass es schon vor Linux Freie Software
gab. Fast alle großen FS-Projekte aus dieser alten Zeit sind
staatlich oder von Firmen gefördert worden. Damals noch sehr viel auf
dem Umweg über die Universitäten, heute verschiebt sich das mehr in
Richtung Konzerne. Ein paar Beispiele:

- HP hat sich schon vor Urzeiten am GCC beteiligt um ihn auf seine
PA-RISC-Prozessoren zu optimieren.

- Viele große IT-Firmen haben die FSF gesponsort (und tun es noch
heute).

- X11, noch heute der Kern der graphischen Benutzeroberfläche auf so
gut wie jedem Rechner, der mit FS läuft: Ein MIT-Projekt. (IIRC)

- BSD: in vielen Derivaten noch heute eingesetzt, große Teile von
Linux stammen daher. Selbst Windows hat davon abgeschrieben: an einer 
staatlichen Universität mit Staatsknete entwickelt.

- TeX: Noch heute viel genommenes Satzsystem, gilt allgemein als das
fehlerfreieste komplexe Softwarepaket auf diesem Planeten: Auch ein
Uni-Projekt.

- ...

Alles Beispiele aus der Anfangszeit von FS. 

Natürlich gab es auch schon immer die Multitude mit ihren Garagen- und
Kinderzimmerprojekten, mit ihren großen Communitys und weltweiten
Kooperationen zwischen Individuen, die Spaß an der Sache hatten. Und
natürlich lässt sich das überhaupt nicht trennen, weil auf beiden
Seiten immer beides mitschwingt. Wenig atmet so sehr den Geist von FS,
wie die geförderten BSD oder TeX. Wenig ist so sehr Multitude wie das
Milliarden-Dollar schwere Linux-Business.

Wenn man etwas aus dem Postoperaismus lernen kann, dann doch eben
gerade, dass dieses ineinander verwoben sein von Empire und Multitude
sowohl Chance als auch Gefahr ist. Das sind die Wellen auf denen wir
reiten. Und die sehe ich bei den globalen Dörfern (wieder
einschränkend: zur Zeit) nicht. Deswegen meine Insistierung auf den
Interessen des Empire. 

Ohne diese Form von Materialität bleibt Dein Konzept ein Ideal(ismus)
fürchte ich. Womit ich nicht sagen will, dass man das nicht erweitern,
verbessern usw. kann. Nur seh ich zur Zeit halt nix dergleichen.

Dann müssen wir eben daran arbeiten. Und zwar so, daß der Kern erhalten
bleibt. 
Die GPL ist ein genialer Hack, etwas ähnliches muß uns für die materielle
Welt 
einfallen. 

Ja, vielleicht. Vor allem, weil sie eben auch kommerziell einsetzbar
ist. Juristisch das 1 zu 1 umzusetzen geht aber wohl nicht, weil
Lizenzen eben was spezielles sind und ganz anders funktionieren als
Eigentum an materiellen Dingen.

MAchst Du mit beim Workshop?

Ja, wenn ich eingeladen werde und wenn nix anderes parallel läuft. 

Grüße, Benni

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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