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Re: H. bei Debian (was: Re: [ox] Veranstaltungen am LinuxTag)



Moin!

Stefan Merten wrote:
Das einzige, wo es nicht so eindeutig ist, ist der Machtfaktor und
dessen Anwendung in Form von Zwang und Gewalt. Ich denke aber, dass es
auch diesen Faktor gibt, dass dessen unangenehme Auswirkungen aber
durch die besonderen Bedingungen der Freiwilligkeit aber tendenziell
zum Verschwinden gebracht werden.

Last week (8 days ago) Martin Schulze wrote:
Barbara Gruen wrote:
Wann wirkt ein Machtwort und von wem?

Ein Machtwort wird dann ausgesprochen, wenn kein Konsens möglich ist.

D.h.: Es gibt so etwas wie ein Machtwort.

Theoretisch ja.  Ich kann mich allerdings nicht so recht an eines
erinnern, das wirklich gegen die Willen der Entwickler ausgesprochen
wurde.

Bruce Perens hatte gerne kontroverse Thesen aufgestellt, aber wenn er
etwas durchsetzen wollte, wußte er auch, daß er das nicht ohne die
Entwickler konnte.  Ich erinnere mich an Probleme mit der
Installationsroutine, was darauf hinauslief, daß Bruce eine
Grundsatzentscheidung getroffen hat, mit der im Vorfeld evtl. nicht
viele zufrieden waren.  Aber, anstatt einfach ein Machtwort zu
sprechen (er war damals formal Projektleiter), hat er sich hingesetzt
und das Zeug implementiert, so daß die anderen Entwickler sich
anschließend draufstürzen und es verbessern und komplettieren
konnten.

Das ist das einzige "Machtwort", an das ich mich erinnere.  Kann gut
sein, daß es ähnliches mit der Erstellung von CDs o.ä. gab.  Bruce war
ein Macher und er hat sich dafür dann auch Zeit genommen, das
unterschied ihn von anderen.

Damit stößt Du ziemlich viele Leute vor den Kopf.

D.h.: Damit wird/würde Gewalt ausgeübt.

Ja, und sie würde verpuffen und Deine Autorität infrage stellen
bzw. langfristig gar untergraben.

Sie werden das
Machtwort daher nicht akzeptieren.

D.h.: Es bildet sich Widerstand.

Ganauso wie vorher auch.

Machtwort: Wir wollen einen grafischen Installer.

  Schön, dann schreib den mal schön.  Viel Spaß.

In diesem Beispiel läuft das Machtwort unter den Bedingungen der
Freiwilligkeit also ins Leere. Insofern handelt es sich hier gar nicht
um Macht, weil es eben nicht gelingt, etwas gegen Widerstände
durchzusetzen, mithin die Fähigkeit dazu nicht vorhanden ist.

Machtwort ohne Macht, Leiter ohne Durchsetzungsgewalt.  Ja, kann man
so sagen.

Stattdessen werden konkurrierende Systeme entwickelt und die
Unterstützung findet nicht im gewünschten Maße statt.

D.h. dem gemeinsamen Interesse wird durch den Einsatz von Macht in der
Regel geschadet.

Ja, wenn es auf diese Art versucht wird.

Und ich würde denken, dass es im Projektalltag auch mal Situationen
gibt, wo eine MaintainerIn jemensch raus schmeißt weil jemensch
einfach nur nervt. Hier gibt es also dann vermutlich auch mal echte
Zwangsmaßnahmen.

Ja, das sieht dann so aus:

   :0
   * ^From:.*(foo bar|baz waz|schnarch nase)
   /dev/null

Oder

   ignore nickname all
   ignore anderernick all

Wir hatten einen Fall, wo es auf den Listen von einer einzigen Person
soviel Dummschwall gab, daß Mails dieser Person nur noch als Digest an
die Listen übertragen wurden und nicht mehr jede Mail einzeln
versendet wurde.  Die Person war kein Debian-Entwickler, hat
allerdings nachher ein Debian-orientiertes Projekt begonnen, das
inzwischen eingestellt wurde (LRP).

Aus dem Projekt wird man nicht rausgeschmissen, weil man nervt.  Wenn
jemand von anderen genervt ist, installiert er für sich Mechanismen
(s.o.), um in Ruhe gelassen zu werden.

Wenn jemand aus dem Debian-Projekt rausgeworfen wird, waren es in der
Vergangenheit eklatante Mißbräuche der Debian-Rechner auch nach
mehrfachen Ermahnungen.

Wie erpressbar ist die ganze Organisation, wenn nun partout eine
Gruppe etwas durchsetzen möchte?

Erpreßbar?  Inwiefern?  Wenn eine Gruppe etwas durchsetzen will, soll
sie es doch tun.  Debian ist frei und es steht ihnen frei, einen Fork
zu machen (siehe Stormix, Progeny, Libranet, Gibraltar, Lindows,
Xandros, Knoppix etc.)

Coole Antwort ;-) . Aber Joey beschreibt hier auch schön, was unter
Internet-Bedingungen relativ gut geht: Lass sie doch einfach machen.
Da das Internet für viele Belange de facto einen unendlich großen Raum
darstellt, gibt es hier gar keinen Grund irgendwas generell verhindern
zu wollen. Allerdings gibt es wohl Gründe, abweichende Meinungen /
Ansätze in einem Fork auszulagern / zu bündeln.

Naja...  Es gibt schon gute Gründe, gewisse Dinge verhindern zu
wollen, allerdings stoßen wir da an unsere Grenzen.

Vielen Entwicklern Freier Software ist es ein Dorn im Auge, daß unsere
Software auch dazu eingesetzt wird/werden kann, Menschen zu töten
(Einsatz beim Militär).  Wenn wir diese Nutzung in der Lizenz
ausschließen, ist die Software nicht mehr DFSG-kompatibel und damit
nicht mehr frei.

Außerdem muß man sich dann fragen, wo die Grenze zu ziehen wäre.  Bei
der Armee?  Bei Geheimdiensten?  Bei der Polizei?  Bei Guerillas?  Was
ist mit Einsätzen in Atomkraftwerken?  Was in der Waffenindustrie?
Oder Zulieferern?  Je nach Auslegung schließt man dann gleich auch die
Universitäten aus etc.  Das ist nicht handhabbar.

Ein Fork hat bei kontrovers diskutiereten den Vorteil des "Show me the
code", es muß erst einmal etwas implementiert werden, um zu zeigen,
daß es auch funktionieren kann.  Wenn es wirklich gut ist, und da es
auch weiterhin Freie Software ist, kann man immer noch einen merge()
machen.

Es gab z.B. eine Gruppe Entwickler, die unbedingt 'make world' unter
Debian haben wollten.  Das bringt viele Probleme mit sich, weshalb es
so einfach bisher auch nicht nicht möglich ist.  Die Diskussionen
verliefen damals nicht zufriedenstellend und letztendlich haben sich
diese Entwickler abgespalten und genau das versucht zu implementieren.  

Da ich lange nichts mehr von ihnen gehört habe, und mir insbesondere
nicht zu Ohren gekommen ist, daß ihr Projekt erfolgreich war, wage ich
zu befürchten, daß der Versuch gescheitert ist.  Stattdessen gibt es
inzwischen build daemon, Quellcode-Abhängigkeiten, pbuilder und
Skripte.  Es ist heutzutage möglich, Debian in ein paar Tagen anhand
des Quellcodes mehr oder weniger vollständig neu zu compilieren.

Gruesse,

	Joey

-- 
Unix is user friendly ...  It's just picky about its friends.

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