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Computer als Maennermaschine (was: [ox] Computer als Maennermaschine - Fortsetzung von oekonux Digest, Vol 4, Issue 22)



Hi Francis und Liste!

Ich antworte mal auf beide Mails auf einmal. Ich fände es Klasse, wenn
du eine evt. Antwort direkt als Reply auf diese Mail schicken
könntest, denn dann sind sie im Thread-Archiv später leichter zu
finden. Das hilft dann den Leuten, die vielleicht in einem halben Jahr
mal nachlesen wollen, was hier so diskutiert wurde.

Last month (37 days ago) francis wrote:
Ein Freund hatte mich auf die kontroversen Reaktionen zu meinem Text
Computer als Männermaschine (insbesondere das dritte Kapitel)
hingewiesen

Hier muss ich gleich was klar stellen. Mir war bis zu dieser Mail
nicht bekannt, dass es sich lediglich um ein Kapitel aus einem Buch
handelt. Wie in

	http://www.oekonux.de/liste/archive/msg06400.html

nachzulesen, hatte ThomasB damals nur diese PDF-Seite gepostet. Leider
sind PDF-Dokumente im Web wenig tauglich, da mit ihnen z.B. keine
Navigation einfach angeklebt werden kann. Eine Reihe von HTML-Seiten
ist da nach meinen Erfahrungen hilfreicher.

und ich war nach dem ersten Lesen verärgert und bestürzt
darüber, wie verkürzend daraus zitiert wurde.

Die Zitate dienten nur der Illustration. Ich denke, dass das aus
meinen eigenen Passagen auch hervor ging.

Besser wäre es gewesen, du oder jemensch anders hätte den ganzen Text
hierher als (Text-)Mail geschickt. PDFs sind leider nur sehr mühsam zu
zitieren.

Insbesondere habe ich
das Gefühl, daß gar kein Interesse an einer Auseinandersetzung
bestand,

Wie auch in meiner Mail geschrieben war ich verärgert. Interesse an
einer Auseinandersetzung habe ich durchaus. Allerdings nur, wenn die
Faktenlage einigermaßen im Blick bleibt. Aber auch darüber lässt sich
ja evt. verständigen.

sondern der Text nur auf (vermeintliche) Schwachstellen
gescannt wurde.

Leider habe ich in dem von mir rezipierten Kapitel nach meiner
Erinnerung nicht viel Positives gefunden :-( .

Abgesehen davon, dass ich skeptisch bin was eine Auseinandersetzung
auf dem von Stefan Merten vorgegebenen Niveau angeht, habe ich
trotzdem das Gefühl, die Einlassungen kommentieren zu müssen.

Das freut mich. Ich bemühe mich, sachlich zu sein.

Stefan Mertens schrieb (http://www.oekonux.de/liste/archive/msg06413.html)
               ^

So etwas finde *ich* ärgerlich. Wenn's um Genauigkeit geht und wer so
schnell alles gleich als persönliche Beleidigung auffasst, der sollte
m.E. auch bei sich selbst diese Messlatte anlegen.

Aber an dieser Stelle auch eine Entschuldigung von mir: Dass ich
"Francis" einfach mit einer Frau assoziert habe, war mein Fehler.

Nun die Qualität des Textes bzw. seine Recherche scheinen mir *extrem*
zweifelhaft zu sein.
Mir scheinen sie angesichts ca 1 Jahr Vorbereitung und ca 1 Jahr konkreter
Textarbeit (am Gesamttext) nicht *extrem* zweifelhaft. S.M.'s Äußerung
bezieht sich auf das 3. Kapitel "Open Source - Open Gender?" meines
Textes "Computer als Männermaschine - Computer in einem patriarchalen
und kapitalistischen Kontext". Angesichts des Gesamttextes
schwebt diese (Vor)-Urteil zwischen Beleidigung und Ignoranz.
http://www.hgb-leipzig.de/~francis/txt/comamama/

Ah, jetzt der richtige Link. Zugegeben: Das Inhaltsverzeichnis mit
ideologischen Überschriften wie "Homecomputer - Hobbyisten und andere
Männer erfinden den Computer neu" macht mir persönlich nicht gerade
Lust da noch mehr zu lesen :-( .

Neben dem - hier heiß diskutierten - Paper von
Sabine Nuss und Michael Heinrich zieht das Paper ausgerechnet Werner
Winzerling als Kronzeugen heran.

Ja, es war ein Fehler ihn auf die erste Konferenz einzuladen. Nein,
sein Professorentitel ist leider keine Gewähr dafür, dass er nicht
völligen Stuss von sich gibt. Die Erinnerungen an meine privaten
Kontakte mit ihm und die Art wie er sich die Realität zurecht biegt,
lässt mir noch heute die Haare zu Berge stehen. Aber auch hier auf der
Liste hat er sich ja schon hervorgetan - und war mit seiner
aggressiven Ignoranz nur schwer zu ertragen.

Zu Werner Winzerling persönlich kann ich nicht viel sagen. Vielleicht
wäre er mir unsympathisch vielleicht auch nicht. Die Thesen, mit denen
ich ihn zitiert habe, scheinen mir - unabhängig von seiner Person -
soweit abgesichtert, dass ich sie zitieren und für meine Thesen
verwenden konnte.


Wer so miserabel recherchiert und offensichtlich die Thesen rauspickt,
die gerade ins verfolgte Konzept passen - egal wie schlecht sie belegt
sind -, der disqualifiziert sich m.E. selbst.
Der Text besteht nicht aus der Lektüre von Winzerling, siehe
Literaturliste ...
http://www.hgb-leipzig.de/~francis/txt/comamama/computer_als_maennermaschine_literaturverz.pdf

Ich möchte an dieser Stelle auf die Logik in meinem Beitrag hinweisen.
Ich kritisiere hier die aus meiner Sicht ideologisch vorgeprägte
Auswahl an Quellen (nach meinem damaligen Kenntnisstand). Ideologische
Standardpraxis ist es, sich auf genau das zu beziehen, was in die
eigene Logik passt. Von einem wertvollen Debattenbeitrag würde ich
aber erst dann sprechen, wenn eine ausgewogene Quellenauswahl
herangezogen würde. Und aus dem Oekonux-Umfeld aber auch vielen
anderen Perspektiven gibt es da *ganz* andere Einschätzungen. Eine
auch für den offiziellen Wissenschaftsbetrieb wichtige Quelle dürfte
immer noch

	http://opensource.mit.edu/

sein.

In diesem Zusammenhang kam mein Zitat und der Kommentar:

Wenn diese Schlußweise
konsequent durchgehalten würde, dann würde ein Satz wie

  Einzige Frau von insgesamt 83 Mitgliedern ist Sally Khudairi, die
  sich um PR-Arbeit kümmert.

dazu führen, dass Freie-Software-Entwicklung als eine Frauenhochburg
angesehen werden müsste.

Will sagen: Wenn die von mir so wahr genommene Schlussweise ist, dass
ich mir einige Einzelphänomene herauspicke und daran meine Thesen
hänge, dann wäre das obige richtig.

Leider kam das wohl nicht rüber, sonst hättest du diese Klarstellung
wohl nicht für nötig gehalten:

Im Zusammenhang sieht dieser Satz wie folgt aus:

"Wie sieht es mit der Offenheit von Open Source in Bezug auf Geschlecht aus? Um es kurz
zu machen: 98%. Laut »OSDN Hacker Survey« von Karim R. Lakhani, Bob Wolf und Jeff
Bates (2002) ist dies der Anteil von Männern unter den befragten Open Source ProgrammiererInnen.
In der »Alltagsrealität« schlägt sich diese Zahl wie folgt nieder, eine kurze
Stichprobe führt noch einmal auf die Mitgliederseite des bereits oben erwähnten APACHE
Projektes. Einzige Frau von insgesamt 83 Mitgliedern ist Sally Khudairi, die sich um
PR-Arbeit kümmert.
Kann es sein, dass sich bei Open Source im Unterschied zur allgemeinen Berufswelt
die Geschlechteranteile noch weiter zugunsten der Männer verschieben? Es gibt eine mögliche
statistische Antwort auf diese Frage, mich interessiert hier aber eher die Fragestellung,
wie es zu dem extrem geringen Frauenanteil in einem Umfeld kommt, das im Eingangszitat
als »eine politische, eine freigeistige Bewegung« bezeichnet wurde."

Aber auch dieses Zitat ist interessant. Die Einschätzung »eine
politische, eine freigeistige Bewegung« zu sein, ist in der
Freien-Software-Bewegung selbst durchaus nicht Common Sense. Dort gibt
es viele, die einfach nur Spaß am Programmieren und Spaß an der
Beschäftigung mit Computern haben. Insofern ist dieses Zitat schon
eine Zuschreibung von Außen und davor sollten wir uns glaube ich
hüten, wenn wir uns um Emanzipation bemühen wollen.

Wozu kann ein solcher Text dann noch dienen, außer um wieder mal ein
Buch in die uninformierte Öffentlichkeit zu drücken und den eigenen
Publikationsstatus zu verbessern? Schauder...
Wenn er gelesen werden würde, könnte der Text als
Beitrag zu einer Diskussion gesehen werden, in des um die Abschaffung
von Patriarchat UND Kapitalismus geht.

Also zumindest das dritte Kapitel habe ich gelesen. Ich fand es vor
allem ideologisch. Und das bedauere ich sehr, weil ich eine nüchterne
Analyse *sehr* nützlich fände.

2 weeks (17 days) ago francis wrote:
Nach meiner ersten generellen Reaktion auf Stefan Mertens Einlassungen
zum 3. Kapitel meines Textes "Computer als Männermaschine" vor 2
Wochen, habe ich nun versucht auf einzelne Punkte einzugehen. Ich bin
mir nicht sicher ob es mir wirklich gelungen ist, da ich in weiten
Teilen das Gefühl habe, es ging eher um einen Verriss, als um eine
Auseinandersetzung.

Ja, deine Antworten empfinde ich nicht als besonders konstruktiv, aber
ich bemühe mich konstruktiv zu sein.

S. Merten schrieb in
http://www.oekonux.de/liste/archive/msg06431.html

[...]
Nun, was mich geärgert hat, war nicht die mangelnde Quellenlage -
dafür kann sie natürlich nichts. Ich fände es aber seriös, wenn sie -
wie du es getan hast - auf dieses Problem hinweist und die vorhandenen
Quellen mit der entsprechenden Vorsicht behandelt.
In der Einleitung verweise ich darauf, in welchem Kontext sich die Arbeit
ansiedelt.

Kannst du eine konkrete Passage angeben?

Sonst kommt sie für
mich halt in den Geruch, dass sie sich von ihrem Thema entfremdet hat
und einfach irgendwas zeigen will, was ihr gerade am Herzen liegt. Das
ärgert mich. Aber da sitzt sie mit dem Herrn Winzerling wirklich im
gleichen Boot. Über den vielen Stuss, den der saubere Herr Winzerling
entgegen ihrer Behauptung eben *nicht* bereit ist zu diskutieren, und
den sie brav nachbetet, lasse ich mich nicht mehr aus.
Das ist wieder eine dieser Unterstellungen, die ich wirklich ärgerlich
und stillos finde. Es ist persönlich beleidigend.

Zunächst mal spreche ich hier über Verhalten von Herrn W., über den
wohl hier auf der Liste nicht nur ich mich geärgert habe. Dass da eine
Verbindung nahe liegt, wirst du wohl verstehen.

Davon abgesehen kann ich nicht so recht erkennen, wo ich *dich*
persönlich beleidigt habe. Jedenfalls war das nicht meine Absicht -
auch wenn ich verärgert war. Immerhin bist du ja bereit zu
diskutieren. Schauen wir, ob daraus was wird.

Mir scheinen aber auch Sätze wie dieser ein fundamentales Problem zu
sein:

  Diese und weitere AutorInnen gehen vor allem der Frage nach, welche
  Motivationen die ProgrammiererInnen haben, innerhalb einer
  gewinnorientierten Gesellschaft an einem Projekt teilzunehmen, *dass
  sich auf den ersten Blick den Kategorien kapitalistischer
  Verwertungskriterien zu entziehen scheint*.

  [Hervorhebung von mir]

Hier impliziert sie mehr oder weniger, dass es sich eben bei genauerem
Hinsehen eben den allseits vertrauten Kategorien *nicht* entzieht.
Über das Ob und das Inwieweit unterhalten wir uns hier allerdings
schon seit längerem. Wenn mensch es aber als Denkmöglichkeit a priori
ausschließt - und das tut sie m.E. mit solchen Sätzen und auch im Rest
des Textes - dann brauchen wir darüber nicht mehr zu reden. Ob sie
damit allerdings der Realität gerecht wird, das wage ich doch heftig
zu bezweifeln.
An dieser Stelle müssten wir wahrscheinlich in eine längere Diskussion
einsteigen.

Das mag sein. Jedenfalls bist du nach meiner Kenntnis in diesem
Projekt an der besten Adresse, die es für eine solche Diskussion gibt.

Nur soviel: Ich schließe es nicht als Denkmöglichkeit von
vornherein aus,

Gut.

zeige jedoch in meinem Text sowohl strukturell als auch an
Beispielen auf, das OS sich weit weniger kap. Verwertungsstrukturen
entzieht, als es oft stillschweigend vorausgesetzt wird.

Dass Freie Software selbstredend in kapitalistische
Verwertungsstrukturen eingebettet ist, bestreitet hier auf der Liste
wahrscheinlich niemensch. Dass es eine unzulässige Verkürzung ist,
Freie Software auf diese Einbettung zu reduzieren wie es etwa mit der
Produktion von Autos zwanglos möglich ist, ist aber wahrscheinlich
hier auch weit verbreitet.

Verbinden tun sich diese beiden, nur scheinbar widersprüchlichen
Aspekte in der Keimformthese.

Mit einem
Selbstverständniss á la "Ich lebe nicht in den kap.
Verwertungsstrukturen, weil sich Open Source dem entzieht" lässt sich
natürlich einfacher und mit weniger Selbstzweifel leben.

Na, mir ist jedenfalls niemensch bekannt, der eine solche Position
hat. Sie ist ja auch reichlich absurd.

Anyway frage ich mich, wieso Leute wie sie sich nicht groß angelegte
Gedanken über Dinge wie Briefmarkensammeln, die Pflege von
Schrebergärten oder Amateuer-Bands machen. Warum sind sie davon nicht
genauso irritiert wie von Freier Software? Da gibt es schon ein paar
strukturelle Ähnlichkeiten. Kommt auch explizit vor:
Wie soll ich das kommentieren? Es ist eine Beleidigung.

Schon wieder eine Beleidigung. Seltsame Brille.

Ok, ich versuche nochmal es ausführlicher am Beispiel der
Amateuer-Bands heraus zu arbeiten. Amateuer-Bands sind ein Bereich in
dieser Gesellschaft wo manche Menschen *ungeheuer* viel zeitliche
(Proben, Üben) und auch finanzielle Ressourcen (Equipment,
Instrumente) rein stecken. Mal ganz abgesehen vom Herzblut, dass in so
einer Band drin stecken kann. Ich kann mich da gut erinnern, da ich
das mal (am Rande) mitbekommen habe. Ich bin absolut davon überzeugt,
dass es eine Menge Amateuer-MusikerInnen gibt, die deutlich mehr
Aufwand für ihr Hobby betreiben, als viele
Freie-Software-EntwicklerInnen.

Das gesagt jetzt nochmal das Zitat, auf dass sich mein Absatz bezog:

  Diese und weitere AutorInnen gehen vor allem der Frage nach, welche
  Motivationen die ProgrammiererInnen haben, innerhalb einer
  gewinnorientierten Gesellschaft an einem Projekt teilzunehmen, *dass
  sich auf den ersten Blick den Kategorien kapitalistischer
  Verwertungskriterien zu entziehen scheint*.

  [Hervorhebung von mir]

Ähnlich Amateuer-Bands gibt es tausend andere Dinge, die Leute als
Hobby machen - darunter Schrebergärten pflegen und Briefmarkensammeln
-, die sich alle mindestens genauso "den Kategorien kapitalistischer
Verwertungskriterien" entziehen wie es Freie Software tut.

Was ich nicht verstehe: Was ist das Besondere an Freier Software, dass
hier großartig nach Motivationen geforscht wird, während es bei
Amateuer-MusikerInnen, Hobby-GärtnerInnen und BriefmarkensammlerInnen
keinen zu interessieren scheint? Das ist keine rhetorische Frage.

Ich würde vielmehr sagen, dass es in allen diesen Fällen die gleiche
Motivationslage ist: Die Freude an der Selbstentfaltung. Warum ich da
ausgerechnet bei Freier Software noch was hinzu dichten soll, kann ich
nicht erkennen.

  3.1.2. Properitäre Software und die Reaktionen

  ...

  Neue kollaborative Arbeitsweisen verbreiteten sich dort, wo genügend
  gesellschaftliche (Zeit)Ressourcen frei waren, um den
  ProgrammiererInnen der größtenteils kosten- also auch
  entlohnungslosen Freien Software den Rücken freizuhalten.

Um das an einem völlig beliebigen Beispiel zu spiegeln:

Die Gewohnheit des täglichen Kochens im Privathaushalt verbreitete
sich dort, wo genügend gesellschaftliche (Zeit)Ressourcen frei
waren, um den KöchInnen der größtenteils kosten- also auch
entlohnungslosen mittäglichen oder abendlichen Gerichte den Rücken
freizuhalten.

Das ist genauso wahr, führt aber nicht zum allgemeinen Staunen. Warum?
Weil es gar nicht zum allgemeinen Staunen führen soll. Weil es eine
Feststellung ist. Weil es in dem Unter-Kapitel steht, daß eine kurze
Einführung in Open Source geben soll. Weil es - indem es aus dem
Zusammenhang gerissen wird - lächerlich gemacht wird.

Wenn du es so gelesen haben wolltest, dann habe ich es in der Tat
missverstanden. Hinsichtlich vom Wertstandpunkt aus extern
alimentierter Tätigkeiten reiht sich Freie Software demnach also
völlig zwanglos in häusliches Kochen, Amateuer-MusikerInnen und
Schrebergärten ein. Das denke ich in der Tat auch, das es hier gar
nichts Besonderes zu bemerken gibt. Irgendwie habe ich deinen Text
aber anders in Erinnerung...

Was mir auch nicht gefällt:

  3.3.1 Klubmitglieder

  ...

  Die geringe Teilhabe von Frauen im sozialen Raum der Open Source
  Bewegung ist also keine Zufall, sondern sie wird durch den
  technologischen Diskurs bestimmt, der die Open Source Bewegung
  konstituiert und der deren kulturelles Kapital darstellt. Die im
  Open Source Umfeld verbreitete Zustimmung zum Bild des Hackers** ist
  einer der Ausschluss-mechanismen, die hier greifen und die
  Geschlechterhierarchien manifestieren. Rizvi/Klae-ren (1999)
  schreiben, dass es gerade das Bild vom Hacker ist, dass Frauen von
  (einem Stu-dium) der Informatik abschreckt. Daraus lässt sich
  schlussfolgern, dass es gerade die Selbst-identifikation des Open
  Source Umfeldes mit der Figur des Hackers ist, der Frauen von einer
  Teilnahme generell abschreckt.

Der erste Teil ist entweder sexistisch oder trivial. Wenn das
technologische Bild Freier Software - immerhin handelt es sich ja bei
Software auch nicht ganz unwesentlich um Technik - Frauen hindert,
dann weil Frauen *als Frauen* nicht an Technik interessiert sind. Das
ist entweder ein sexistisches Argument oder es spiegelt sich das
wieder, was Frauen spätestens ab der Geburt beigebracht bekommen.
Es als ein sexistisches Argument zu lesen, hieße, mir das Wort im
Munde umzudrehen.

Na, dann sind wir uns da ja einig.

Eher kann man es in Ihrer Diktion "als trivial"
bezeichnen.

Gut. Das denke ich aber in der Tat auch. Freie Software ist in
vielerlei Hinischt ein (ziemlich unbeeinflusster) Spiegel
gesellschaftlicher Realität. Und in dieser gesellschaftlichen Realität
ist es halt so, dass männliche Rollen im Durchschnitt eher mit Technik
in Verbindung gebracht werden. Dann wundert es mich ehrlich gesagt
nicht, dass TrägerInnen nicht-männlicher Rollen da eher kein Interesse
daran haben, sondern das halte ich dann für das, was zu erwarten ist.

Wichtig ist mir die Darstellung das es das Bild vom Hacker
ist, das Frauen  (und im übrigen auch die Männer, die damit nichts
anfangen können) abzuschrecken scheint.

Vielleicht ist es ja gar kein Gender- sondern ein
Techno-/Nicht-Techno-Problem? Lediglich die gesellschaftliche
Rollenzuweisung macht daraus ein Gender-Problem.

Dabei bleibt offen, welche
Vorstellungen mit dem Bild vom Hacker genau einhergehen, man kann aber
zusammenfassend sagen: technik-orientiert, weiß, männlich.

Also ich beschränke mich hier mal auf den Begriff HackerInnen in der
Computer-Variante. Ich verwende den Begriff HackerInnen aber für
weiter.

Männlich stimmt wohl. Weiß? Hmmm... Auch hier spiegelt sich natürlich
das Bildungsniveau, dass bei Weißen in absoluten Zahlen sicher höher
ist, als bei nicht-weißen Menschen. Darin spiegeln sich exakt die
Verhältnisse, die in dieser Gesellschaft dominant sind. Alles andere
fände ich seltsam.

Na ja, und zu technik-orientiert, was soll ich dazu sagen? Freie
Software hat nun mal erheblich was mit Technik zu tun und gerade bei
dem eingeschränkten HackerInnen-Begriff wie du ihn verwendest, ist das
dann ja nur logisch.

Allerdings würde ich - wie schon in meiner ersten ausführlichen Replik
geschrieben - alle Menschen als HackerInnen bezeichnen, die sich
intensiv mit einem Thema auseinandersetzen und bei denen Herzblut im
Spiel ist. Technisches Thema, künstlerisches, soziales, whatever,
spielt da für mich keine Rolle. Die Gemeinsamkeiten des
HackerInnentums überwiegen m.E.

Letzteres ist aber nicht sonderlich spannend sondern Standard und
spiegelt sich in Freier Software nur. Interessant wäre dann schon eher
die Frage, wieso das bei kommerzieller Software eigentlich anders ist.
Ich muss Andrea immer mehr recht geben, dass das die eigentlich
spannende Frage ist.
Und genau das ist die Frage, die ich stelle, indem ich den Fakt der
geringen Teilnahme von Frauen an Open Source auf deren
Selbstidentifikation mit Hackern zurückführe.

Nun, Andreas Erklärungsansatz finde ich da plausibler: Seit Jahren
werden Frauen aktiv an Informatik und technische Studiengänge
herangeführt. Z.B. an der Uni Kaiserslautern mit einem seit Jahren
abgehaltenen jährlichen Schüleri(!)nnentag. Von staatlicher Seite und
von anderen Institutionen.

Das wirkt sich bei proprietärer Software scheinbar stärker aus als bei
Freier - an die Frauen auch nach meiner Kenntnis nicht so stark aktiv
herangeführt werden. Oder mit anderen Worten: Wenn Frauen an
technische Berufe herangeführt werden, beschränkt sich ihr Interesse
scheinbar eher auf die verwertbaren Anteile. Das wäre dann ein glatter
Widerspruch zu Roswitha Scholz...

Aber auch hier können wir m.E. die gesellschaftliche Prägung sehen.
Weiblich sozialisierte Menschen machen Technik eben weniger zu ihrem
Ding als männlich sozialisierte. Weiblich sozialisierte HackerInnen
wenden ihr Herz lieber anderen Dingen zu.

Im Bereich Open Source
neigt man offensichtlich zur Bauchpinselei, weil man sich bereits "auf
der guten Seite" wähnt, und solche Fragen glaubt, gar nicht erst
stellen zu müssen.

Ach weißt du, ich hab's nicht so mit den guten Seiten. Ich bin auch
wirklich nicht der Meinung, dass die Mitglieder der
Freien-Software-Bewegung auf einer in diesem Sinne guten Seiten wären.
Vielleicht überhaupt nicht mal auf einer guten Seite. Eine der Dinge,
warum ich die Freie Software für eine Keimform halte, ist gerade, dass
sie eben weitgehend moralinfrei ist, also auch auf keiner "guten
Seite" steht. Eine im wesentlichen moralische Bewegung kann m.E. im
Übrigen niemals den Kapitalismus überwinden.

Sie machen einfach ihr Ding und zeigen damit - nolens volens - die
Grundlagen für eine neue Gesellschaftsformation - so eine wichtige
Oekonux-These. Jedenfalls gibt es gerade auch in der
Freien-Software-Bewegung einige, die z.B. unseren Bemühungen hier, ihr
Tun mit einer politischen, utopischen Brille zu sehen, negativ
gegenüber stehen.

[...]
  Kulturelles und soziales Kapital sind für Open Source genau deswegen
  wichtig, weil eine Person sie potenziell auch immer in ökonomisches
  Kapital umwandeln kann. Dieses immanente Versprechen, trägt
  letztenendes das Konstrukt von der »Geschenkökonomie« (Raymond).
  Gäbe es dieses Versprechen nicht, wäre der Open Source Gedanke in
  einer mehrwertorientierten Gesellschaft nicht derart stark
  gewachsen, wie es in den letzten Jahren der Fall war.

Nun, eine steile These.
Wieso?

Steht hier:

Fakt ist, dass es diesen Anreizmechanismus
überhaupt erst gibt, seit dem Freie Software hip ist. Für die Leute,
die bis sagen wir 1999 Freie Software geschrieben haben, gab es das
schlicht nicht, weil außerhalb Freier-Software-Kreise diese eher
belächelt denn ernst genommen wurden.

Um's nochmal deutlich zu unterstreichen. Von Anfang der 80er bis Ende
der 90er Jahre gab es für Freie-Software-EntwicklerInnen diese Anreize
schlicht nicht. Wie erklärst du, dass es in dieser Zeit dennoch ein
Wachstum der Bewegung gab? Das funktioniert nicht, wenn du die
Motivationen von Menschen ganz im Sinne bürgerlicher
Wirtschaftstheorien auf den Drang nach Selbstverwertung reduzierst.
Menschen haben noch mehr Motivationquellen als das. Männer und Frauen
im Übrigen.

Wann hat IBM noch seine
Kehrtwende auf diesem Gebiet gemacht? 2000? Um mal ein gut sichtbares
Beispiel zu nennen.
Denn Open Source Programmierer sind rein und gut.

Wie kannst du das da rein lesen?

Nein, Freie-Software-EntwicklerInnen tun einfach das, was viele andere
HobbyistInnen auch tun: Sie frönen ihrer Selbstentfaltung. Ob sie
dafür Geld bekommen ist dabei so lange zweitrangig, so lange sie
extern alimentiert werden - z.B. durch einen Job.

Erst die bösen
kapitalistischen Verführer von IBM haben mit viel Geld die ehrlichen
und harmlosen Programmier bestochen.

Hmm... Also IBM müht sich ziemlich, genau diesen Eindruck nicht
aufkommen zu lassen. Nach meiner Wahrnehmung sind sie damit relativ
erfolgreich - sowohl was den Eindruck betrifft, als auch was die
Fakten betrifft, als auch was ihren geschäftlichen Erfolg betrifft.

Mir geht es um die Beschreibung von Strukturen. Und die existierten/
entwickelten sich sicher auch schon vor 1999.

Eben nicht. Wenn du das ernsthaft behauptest, dann müsstest du
beweisen, wie Linus Torvalds bei seinen ersten Postings an
`comp.os.minix'(?) eine Steigerung seiner Verwertbarkeit im Sinne
hatte - um mal ein prominentes Beispiel zu wählen. Jedenfalls
beschreibt er es in seinem Buch durchaus anders. Da war der Aspekt
Selbstentfaltung *eindeutig* dominant.

Dass diese Tatsachen
nicht in ihr Selbstbild passen, kann natürlich dazu verleiten, sie
einfach zu verleugnen - hilft aber auch nicht weiter.

Ich empfinde mich nicht als Teil der Freien-Software-Bewegung. Na ja,
ein paar Sachen habe ich inzwischen auch rausgegeben, aber ich bin in
dieser Hinsicht jedenfalls ein ganz kleines Licht. Jedenfalls würde es
mein Selbstbild nicht betreffen.

Den heftigen Aufschwung Freier Software als *dadurch begründet*
anzusehen, halte ich für wenig gedeckt. Ich will ja nicht bestreiten,
dass die Steigerung des eigenen Marktwerts für einige ein Anreiz ist
und *als Potenz* auch so wahrgenommen wird, aber dass es ein faktisch
wesentlicher Anreiz ist, gibt z.B. auch die FLOSS-Studie in dieser
Eindeutigkeit nun wirklich nicht her:

      http://floss1.infonomics.nl/stats_24.html

Auf die Frage "If you had to describe the OS/FS scene in general,
which of the statements below reflects most your opinion? The OS/FS
scene is a forum... (check maximal 3 answers)" bekommt die Antwort
"for career improvements" gerade mal 4.26% - die geringste Quote
überhaupt! Auch hier wieder: Die Fakten sprechen nicht gerade für ihre
Lesart sondern deuten im Gegenteil eher darauf hin, dass die
Selbstentfaltungsaspekte tatsächlich im Vordergrund stehen.
Ich habe mich bemüht meine Argumentation nicht auf Statistiken
aufzubauen, wenn auch ich Statistiken benutzt habe, um meine
Argumentation zu illustrieren. Mir geht es eher um die strukturellen
Kategorien und Wirkungsweisen.

Gut. Aber ich würde denken, dass wenn sich die diagnostizierten
strukturellen Kategorien und Wirkungsweisen in den Statistiken nicht
widerspiegeln, dann muss etwas an der Diagnose faul sein. Das ist es,
worauf ich hinweisen wollte.

Ich kann auch hier nur auf den Text
selbst verweisen, sonst würde ich mich wiederholen.

Generell sehe ich mich durch die aktuell veröffentlichte Floss-Studie
insofern bestätigt, als dort Bezug auf Lerner/Tirole genommen wird,
die in "Some Simple Economics of Open Source",
http://www.people.hbs.edu/jlerner/simple.pdf die Anreizmechanismen
beschreiben.

In der Tat sind die Versuche, Freie Software mit klassischen
bürgerlichen Methoden zu beschreiben Legion. Ich finde das nicht
haltbar. Und die Freie-Software-EntwicklerInnen offenbar auch nicht:

FLOSS:
"While the assumption of altruistic behaviour dominated the Open Source
discussion in earlier years, the current work emphasises more
reciprocity or individual labour market considerations. E.g., Lerner
and Tirole (2002) argue that a programmer can signal his coding
abilities by participating in Open Source projects. This should
raise his expected future wage or give him access to programming jobs,
as already Raymond (2000, Chapter 5) has pointed out, although he
considers the latter as rare and marginal motivation for most
hackers."
http://www.infonomics.nl/FLOSS/report/FLOSS_Final0.pdf S.7

Eric S. Raymond, der sicher einer der prominenten bewegungsinternen
VertreterInnen bürgerlicher Sichtweisen auf Freie Software ist, muss
sogar feststellen, dass es in der Praxis mit dieser Motivation nicht
weit her ist. Ja, was nutzt mir denn meine schönste Theorie, wenn ich
sie in der Praxis nicht nachweisen kann? Für mich ist das schon nicht
mal mehr Ideologie sondern einfach nur falsch.

An anderer Stelle wird folgende Unterscheidung getroffen:

"Comparing the motives to start with the development of OS/FS and the
motives to continue with it, we found an initial motivation for
participation in the OS/FS community that rather aims at individual
skills and the exchange of information and knowledge with other
developers, but over time a maturing of the whole community with
regard to both, commercial (material) and political aspects."
http://www.infonomics.nl/FLOSS/report/FLOSS_Final4.pdf  S.4

Ja, mit der Zeit merken die EntwicklerInnen, dass sie es vielleicht
auch mal verwerten könnten *und* dass es auch politische Aspekte gibt
- was der eigenen Verwertung ja eher nicht zuträglich ist. Der
*Einstieg* beruht aber eben nicht auf dem Versprechen von Reichtum und
Macht.

Herb wird's dann an solchen Stellen

  3.3.2. Transformation der Öffentlichkeit, Prekarisierungstendenzen
         und Lob der Arbeit

  ...

  Scholz sieht in der kapitalistischen Logik des Warentauschs eine
  geschlechtliche Dimension, die vom Patriarchat bestimmt wird. Diese
  Logik des Warentauschs basiert auf dem Prinzip der abstrakten
  Arbeit, als den Anteil an Arbeit, der ausgeführt wird, um etwas
  herzustellen, dass getauscht werden kann (üblicherweise gegen Geld).
  Abstrakte Arbeit ist also diejenige, die auf den Wert eines
  Gegenstandes abzielt, abgesehen von dessen konkreter Verfasstheit.

Das möchte ich gerne dick unterstreichen. Ja, dass ist abstrakte
Arbeit.

  Die abstrakte Arbeit unterscheidet man von der konkreten Arbeit, die
  den Anteil an Arbeit meint, der in die tatsächliche Herstellung,
  die materielle Formung der Ware eingeht und der in einem
  dialektischen Verhältnis zur abstrakten Arbeit steht.

Das lässt m.E. einen wichtigen Aspekt weg, der in der abstrakten
Arbeit auch nicht vorkommt: Der Nutzenaspekt des Produkts. Konkrete
Arbeit richtet sich auf den Gebrauchswert des Produkts, abstrakte
Arbeit auf den Tauschwert.

Nun muss mensch ja nicht die ganze Oekonux-Theorie voll verinnerlicht
haben um zu erkennen, dass es mit dem Tausch in der Freien Software
nicht so weit her ist. Auch hier wieder die FLOSS-Studie:

      http://floss1.infonomics.nl/stats_26.html

Auf die Frage: "Developers contribute to the OS/FS community in
different ways, and they receive many benefits from it. In general,
how do you assess your balance?" meinen über ca. 56%, dass sie mehr
nehmen als geben, während ca. 9% der umgekehrten Auffassung und ca.
15% einem Ausgleich zuneigen. Irgendwie ist das kein Tausch - oder?

Nun, ich würde natürlich ohnehin sagen, dass es sich bei Freier
Software eben *gerade* um konkrete Arbeit handelt.
Mit welcher Begründung?

Dass Freie Software eben *nicht* zum Zwecke des Tausches hergestellt
wird, sondern sich auf den Gebrauchswert bezieht. Dass es keinen
direkten Tausch gibt, hast du selbst gesagt. D.h. der Anteil der
abstrakten, auf den Tauschwert gerichteten Arbeit kann - klaren
Verstand bei den EntwicklerInnen vorausgesetzt - nicht größer als Null
sein. D.h. dann aber auch, dass der konkrete Anteil 100% ist.

Und das ist auch etwas, was sich real spüren lässt: Der Gebrauchswert
Freier Software ist hoch. Höher als der proprietärer. *Das* ist der
tiefere Grund, warum Freie Software sich gegenüber einem entwickelten
Warenmarkt durchsetzen konnte.

So gesehen wäre die
Beteiligung von Männern an Freier Software nach Roswitha Scholz eben
gerade *nicht* zu erwarten.

Meine Aussage würde ich nochmal unterstreichen. Wenn abstrakte Arbeit
Männersache ist, dann ist gerade *nicht* zu begreifen, warum dann
Freie Software von Männern dominiert ist. Irgendwo klemmt's da
gewaltig.

Das Problem sieht sie auch, leugnet es aber:

  Wie können Scholz Thesen in Bezug auf Open Source gelesen werden?
  Wenn sich Männer also abstrakter Arbeit im Kontext einer
  öffentlichen Sphäre hingeben,

Auch mit der öffentlichen Sphäre wüsste ich gerne, wo die denn
bestehen soll. Wieviele Freie-Software-EntwicklerInnen kennst du denn
aus der Öffentlichkeit? Ich, wenn's hoch kommt 15.

Die Projektöffentlichkeit dürfte in den allermeisten Projekten
jedenfalls *sehr* überschaubar sein.

Ich kann also nicht erkennen, wo diese öffentliche Sphäre denn nun
sein soll.

  so entspricht dies dem von ihnen
  erwarteten Rollenverhalten und mithin der erfolgreichen Konstruktion
  männlicher Identität. In der Herstellung von Open Source Code findet
  sich abstrakte Arbeit insofern wieder, als das auch Open Source
  durch Tauschverhältnisse bestimmt ist und die Software als Träger
  von Wert fungiert.

Wie gesagt: Das haut einfach nicht hin. Dass auch sie zumindest weite
Teile Freier Software einfach nehmen kann ohne etwas dafür zu geben,
widerspricht einfach dem Tausch.
Um es an einem vereinfachten und wahrscheinlich hinkendem Beispiel zu
verdeutlichen: Wenn ich die Software von YX downloade und benutze und
sie gut ist und ich sie anderen weiterempfehle, so hat XY etwas
angeboten (die Software) und ich habe im Gegenzug Teil an der
Produktion von sozialem Kapital - zum Beispiel indem ich FreundInnen
davon berichte wie toll die Software ist.

Was ich hieran nicht so recht verstehe: Du empfiehlst Software - und
eben nicht eine Person. Sagst du jedenfalls selbst. Von den
allermeisten Leuten, die etwas zu GNU/Linux beigetragen haben, wirst
du wahrscheinlich nie etwas hören - nicht mal wenn du die Credits
studierst. Wie soll sich da etwas für XY oder YX in Geld umwandeln?
Das ist mir ein Rätsel.

Und BTW: Weder weiß ich, noch interessiert es mich, wer GNU-`grep'
geschrieben hat - auch wenn ich es öfters benutze.

Wie im Text länger
ausgeführt, kann soziales Kapital (Bordieu), also z.B. eine breite
Anerkennung, in finanzielles Kapital umgewandelt werden. Hierbei
entstehen Tauschverhältnisse.

Na, das ist das Ding mit der Anerkennungsökonomie. Da bin ich in der
Tat kein Anhänger davon. Ich halte das vielmehr für ziemlichen Humbug
- zumindest wenn darauf wesentliche Teile kapitalistischer Ökonomie
gegründet werden sollen.

Mir scheint mein Text wurde nicht richtig gelesen/verstanden,
ansonsten würde die Diskussion nämlich um die tatsächlich wackeligen
Punkt dieser Argumentation gehen.

Als da wären?

  Dieser Wert verwirklicht sich allerdings häufiger
  in Form kulturellen und sozialen Kapitals, einmal abgesehen von der
  erfolgreichen Realisierung von Wert in ökonomisches Kapital bei der
  Kommerzialisierung von Open Source.

Ich würde vermuten, dass Roswitha Scholz einer solchen Dehnung des
Wertbegriffs widersprechen würde.
Das ist der Punkt an dem meine Argumentation tatsächlich gewagt ist.
Eine Reaktion von R.Scholz darauf steht noch aus.




Ganz kraus wird's dann hier:

  In einer Zeit, in der Arbeit in den kapitalistischen Zentren zur
  »Mangelware« wird, formiert sich in genau diesen Zentren eine
  »Freiwillige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme«, die Open Source
  Community. Die angesichts von Prekarisierung, Feminisierung und
  Verknappung von Arbeit, ins Straucheln geratene Konstitution
  männlicher Identität über abstrakte Arbeit, wird in der Open Source
  Bewegung in transformierter Form reanimiert.

Aha. Dann frage ich mich, warum wir uns hier wundern, warum die vielen
Arbeitslosen sich nicht alle jubelnd auf Freie Software stürzen. Mein
Eindruck ist, dass die arbeitslosen Männer viel besser als Francis
Hunger verstehen, was da Sache ist...

Auch diese Frage war nicht rhetorisch gemeint: Warum tun die
arbeitslosen Männer denn nicht, was diese Theorie nahe legt? Wenn die
Theorie stimmte, dann müsste das ein massenhaft zu beobachtendes
Phänomen sein - immerhin sind die Einstiegshürden bei Freier Software
ja relativ niedrig. Aber in dieser Liste hier wurde schon mehrfach
beklagt, dass dieses riesige Potential sich eben nicht in Freier
Tätigkeit wie z.B. Freier Software wiederfindet.

M.E. kann irgendwas mit der Theorie nicht stimmen, wenn die Realität
sich so hartnäckig weigert, ihr zu entsprechen. Das war und ist mein
zentraler Kritikpunkt an dem Kapitel.

Es tut mir leid aber dieser Beitrag bestätigt auch bei näherem
Hinsehen, dass es hier mit der Faktenlage nicht so genau genommen wird
und es vor allem darum geht, ein bestimmtes, vorgeformtes Bild zu
unterstützen. Ich bin ja durchaus dafür, sich mit der Gender-Frage
auch bei Freier Software zu befassen - aber bitte dann näher an den
Fakten und weniger nah an der eigenen Lieblingsideologie.
Für mich liest sich Ihre Reaktion eher in die Richtung, dass Sie
solange bereit sind, sich mit der Gender Frage zu beschäftigen,
solange es nicht ihr eigenes Selbstbild unangenehm hinterfragt.

Nochmal: Mein eigenes Selbstbild hat damit relativ wenig zu tun. Davon
abgesehen geht es z.B. in meiner jetzigen Antwort ja nur noch am Rande
direkt um die Gender-Frage. Die Meinungsverschiedenheiten liegen m.E.
eher an anderer Stelle. Wohl da, wo du die Menschen nur durch die
Verwertungsbrille siehst während ich andere Aspekte wie
Selbstentfaltung zumindest mit betrachten möchte.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Organisation: projekt oekonux.de



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