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Re: [ox] Arbeit und Geld




Hi Holger,

Holger Weiss schrieb:

* ToPu <thomas.pulina web.de> [2002-12-02 00:03]:
On 28-Nov-2002 Holger Weiss wrote:
* Benni Baermann <benni obda.de> [2002-11-27 11:53]:
[...]
Mein Antrieb zu arbeiten z.B. wird durch Geld eindeutig geschwächt.

Den Einwand finde ich auch nicht sinnvoll, da Du damit sicher eine
Ausnahme bist.

Mit Sicherheit nicht!

Ich behaupte, dass mehr Gebrauchswert erstmal besser ist als weniger.
Hier koennt Ihr natuerlich den Einwand machen, dass das begrenzt ist,
niemand braucht fuenf Autos. War das das Argument? Dem wuerde ich
theoretisch zustimmen, praktisch nicht. Die gesellschaftlichen
Beduerfnisse sind in keiner Weise "gesaettigt". Die von einzelnen
Personen (-> Benni) vielleicht schon, aber der Mainstream wuerde
sicherlich `ja' sagen, wenn ich ihm ein besseres Auto, einen schnelleren
Computer und ein groesseres Haus anbiete. Du bezweifelst das allen
Ernstes?

Ich denke mal, das hat auch Benni für sich (und Franz für "die anderen")
nicht bestritten. Der Punkt ist woanders.

Die andere Seite ist die Arbeit. Fuer viele Gebrauchswerte ist
dummerweise gesellschaftliche Arbeit notwendig. Hier behaupte ich, dass
weniger Arbeit erstmal besser ist als mehr. Wir befinden uns im Reich
der Notwendigkeit, nicht der Freiheit.

Wäre "im Reich der Freiheit" mehr Arbeit besser als weniger-- oder
zumindest genau so o.k.? Wenn man nicht arbeiten *müsste*, wäre man dann
bereit, *mehr* zu arbeiten (anstatt einfach mit dem Arbeiten
aufzuhören)? Ist das nicht paradox?

Rethorische Fragen, denn ich gebe gleich meine Antwort, von der ich mal
vermute, dass sie auch bei dir gemeint ist: Arbeit, die wir uns selbst
wählen, machen wir gar nicht so ungerne; und wenn wir die Möglichkeit
dazu haben, machen wir alle möglichen Arbeiten durchaus gerne und mit
Elan-- allerdings eben die, die wir uns selber auswählen. (Das führt
auch mal dazu, dass etwas einige Zeit liegen bleibt, weil man nicht den
Antrieb dazu hat, es zu machen-- wobei, wenn etwas irgendwann aus einem
sinnvollen Grund wirklich wichtig wird, daraus üblicherweise auch der
Elan entsteht, es wieder anzupacken, wenn man es bisher aus Desinteresse
liegen lassen hat.) Das kann ich heute in meinen "Freizeit"-Aktivitäten
beobachten, und extrapoliere es auf ein hypothetisches "Reich der
Freiheit", in dem ich nicht "bezahlt" (in meinem Fall hauptsächlich: für
die Schule) arbeiten müsste.

Im "Reich der Notwendigkeit" triffft das alles nicht zu, und weniger
Arbeit ist besser als mehr-- warum treffen die Aussagen zum "Reich der
Freiheit" da nicht zu? -- Weil ich mir die Arbeit da nicht aussuchen
kann, und auch nicht z.B. etwas einfach mal so schleifen lassen darf.
Selbst wenn sie mir eine Zeit lang Spaß macht, stoße ich doch schnell an
die Grenzen meiner Arbeit, weil ich sie *auf eine vorgegebene Art und
Weise* (vorgegeben z.B. bezüglich der Zeiteinteilung) erledigen muss und
sie nicht meinen eigenen Bedürfnissen anpassen kann.

Also ist es rational, so wenig
wie moeglich arbeiten zu wollen. Wir haben also einen "trade-off"
zwischen Arbeit und Gebrauchswert.

Im "Reich der Notwendigkeit". Die Zwänge, die aus einem
Arbeitsverhältnis entstehen, führen also dazu, dass man so wenig wie
möglich arbeiten will. Im "Reich der Freiheit" wäre es dagegen rational,
so viel zu arbeiten, wie man Lust hat, nicht mehr und nicht weniger.

Während wir aber die meiste Zeit im "Reich der Notwendigkeit"
verbringen, ist das "Reich der Freiheit" durchaus nicht nur eine Utopie,
sondern charakterisiert durchaus einen Teil der Zeit vieler heute
lebender Menschen. Ohne Bezahlung an freier Software zu arbeiten ist ein
Beispiel, bei [ox] mitzumischen ein anderes. Für solche Tätigkeiten
gelten die Regeln des "Reichs der Freiheit".

Und damit wären wir dabei angelangt, was Benni meiner Meinung nach sagen
wollte: Wenn er Geld für seine Arbeit bekommt, fällt diese Arbeit unter
die Regeln des "Reiches der Notwendigkeit" und es ist rational, so wenig
wie möglich zu arbeiten. Wenn er kein Geld bekommt, fällt diese Arbeit
unter die Regeln des "Reiches der Freiheit" und es ist rational, so viel
zu arbeiten, wie er Lust hat-- und das ist für eine Reihe von Arbeiten
eben immer mehr als gar nicht (sonst gäb's keine [ox]-Postings und
Wiki-Artikel von Benni). "Mein Antrieb zu arbeiten [wird] deutlich
geschwächt" ist eine Art, diesen Unterschied auszudrücken.

Alles Gute,
- Benja
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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