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Re: [ox] Arbeit und Geld



* "B. Fallenstein" <b.fallenstein gmx.de> [2002-12-02 02:48]:
Wäre "im Reich der Freiheit" mehr Arbeit besser als weniger-- oder
zumindest genau so o.k.?
[...]
Rethorische Fragen, denn ich gebe gleich meine Antwort, von der ich mal
vermute, dass sie auch bei dir gemeint ist: Arbeit, die wir uns selbst
wählen, machen wir gar nicht so ungerne; und wenn wir die Möglichkeit
dazu haben, machen wir alle möglichen Arbeiten durchaus gerne und mit
Elan-- allerdings eben die, die wir uns selber auswählen.

Ja, das waere in etwa auch meine Unterscheidung. Arbeit als
"Selbstverwirklichung" versus gesellschaftlicher Zwang zur Arbeit.
Allerdings meinte ich mit "Reich der Notwendigkeit" hier _nicht_ den
Kapitalismus (oder irgendeine "unfreie" Gesellschaft), mir ging es nicht
um die Verhaeltnisse. Ich bin sehr viel skeptischer, was die
Ueberwindung der Notwendigkeit betrifft. Freiheit ist die Einsicht in
die Notwendigkeit :-)

M.E. ist es einfach ein _technisches_ Problem, dass Arbeiten gemacht
werden muessen, auf die niemand Bock hat. Das ist nicht formspezifisch.
`Ware', `Wert', `Geld', `Kapital', `Lohnarbeit' usw. sind alles
Formbegriffe, diese Formen sind spezifisch fuer Kapitalismus. In anderen
Gesellschaften kann derselbe Inhalt eine ganz andere Form annehmen.
Gesellschaftlich _notwendige_ Arbeit gehoert fuer mich nicht zu diesen
Formbegriffen. Die ist solange notwendig, wie es keinen _technischen_
Ersatz (Maschinen etc.) fuer die Arbeiten gibt, auf die niemand wirklich
Lust hat. Es ist somit, wie gesagt, keine Frage der Verhaeltnisse,
sondern der Technik. 

Allerdings ist es sehr wohl eine Frage der Verhaeltnisse, wie die
gesellschaftlich notwendige Arbeit organisiert wird. Der Kapitalismus
konzentriert diese Arbeiten auf Menschen, die nie etwas anderes machen
koennen, das Reich der Notwendigkeit also nie verlassen. Andere
profitieren von genau dieser Tatsache und brauchen das Reich der
Freiheit nie zu verlassen. Alle miteinander kommen nicht zur "Einsicht
in die Notwendigkeit", weil die Tatsache, dass ich "fuer die
Gesellschaft" arbeite, durch die Waren- und Geldform verschleiert wird.
Ganz zu schweigen von der Lohn- und Kapitalform, die bedeutet, dass ich
erstmal tatsaechlich nicht "fuer die Gesellschaft", sondern fuer's
Kapital arbeite. Und: Alle miteinander koennen nicht einfach frei
_entscheiden_, wie sie z.B. mit besagtem "trade-off" umgehen, weil die
_Form_ "Sachzwaenge" erzeugt.

Während wir aber die meiste Zeit im "Reich der Notwendigkeit"
verbringen, ist das "Reich der Freiheit" durchaus nicht nur eine Utopie,
sondern charakterisiert durchaus einen Teil der Zeit vieler heute
lebender Menschen.

Ja.

Und damit wären wir dabei angelangt, was Benni meiner Meinung nach sagen
wollte: Wenn er Geld für seine Arbeit bekommt, fällt diese Arbeit unter
die Regeln des "Reiches der Notwendigkeit" und es ist rational, so wenig
wie möglich zu arbeiten.

Ja, das Minimieren von Arbeit _ist_ rational, sag ich ja. Er hat aber,
wenn ich es recht verstanden habe, gerade die _andere_ Seite bestritten:
Dass das Maximieren von Geld rational waere.

Wenn er kein Geld bekommt, fällt diese Arbeit unter die Regeln des
"Reiches der Freiheit"

Du machst die Verknuepfung: _Weil_ ich Geld fuer die Arbeit bekomme, bin
ich im Reich der Notwendigkeit. Das kann m.E. nicht hinhauen. _Dieselbe_
Arbeit macht doch nicht mehr Spass, wenn ich nichtmal mehr dafuer
bezaehlt werde. Ansonsten koennte man sich bezueglich Lohnkuerzung
sicherlich schnell mit seinem Chef einig werden und alles waere gut ;-)

Holger

-- 
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OpenBSD I'm running, the box has been so reliable that I forget what I
had installed."
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