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Buergeliche vs. kritische Wissenschaft (was: Re: [ox] Zum Begriff der Herrschaft)



Hi Stefan und Liste!

So, hier der andere Sub-Thread. Dieser ist für meinen Geschmack aber
nicht so wichtig, da es mir letztlich nicht um das geht, was Siebel
oder sonstwer sagt, sondern das, was ich aus meiner Perspektive daraus
ziehen kann - oder eben auch nicht. Und ich bin mir ziemlich sicher,
dass ich (z.B.) beim Thema Staat Siebel nicht folgen würde. Ich hatte
das angedeutet.

2 days ago Stefan Meretz wrote:
Sondern "bürgerlich" ist für die
summarische Kennzeichnung einer Wissenschaft, die (nur) in der
bürgerlichen Gesellschaft entsteht und die objektiven Gedankenformen
dieser Gesellschaft, also das, was denkend der Gesellschaft entspricht,
in wissenschaftlich aufbereiteter Form affirmativ widerspiegelt.

Ich jedenfalls begrüße nicht alles, was Siebel da von sich gibt - wie
erwähnt. Dennoch denke ich, dass er hier ein wichtiges Stück
Theoriebildung betreibt, die auf einen bestimmten Sektor menschlicher
Existenz passt. Auch eine kritische Theorie muss hierfür etwas liefern
- will sie die Existenz des sozialen nicht einfach leugnen.

Zur Illustration picke ich eines raus:

Von einem Mißbrauch her kann man aber keinen
Gegenstand definieren, so auch nicht die Herrschaft. Berechtigung
oder gar Notwendigkeit der Herrschaft in einem sozialen System müssen
von einem solchen Ansatz verfehlt werden. Eine systematische Analyse
der Herrschaft wird vielmehr berücksichtigen müssen, daß die
Aufrechterhaltung der Normen des Sozialsystems, die Befähigung eines
Sozialsystems zum Handeln und das dauerhafte Einnehmen eines nicht
partikulären Standpunkts, nämlich des Standpunkts des Gesamtsystems,
Herrschaft unaufgebbar notwendig machen.

Hier ist alles vorher Gesagte komprimiert vorhanden: Herrschaft _ist_
(Gegenstand), das andere ist Mißbrauch; Herrschaft muss deshalb positiv
gefasst werden;

Sorry, aber genau das steht da nicht. Da steht letztlich nichts
anderes, als das du das Web nicht von Kinderpornographie und
rechtsextremen Sites her definieren kannst.

Den "Naturcharakter" machst du sogar noch deutlicher:

Herrschaft als Wirken *für* ein Sozialsystem scheint mir nach längerem
Nachdenken über diese Definitionen und ein Betrachten der Welt durch
diese Brille wirklich ein Grundtatbestand menschlicher Sozialität
schlechthin zu sein. Genau deswegen muss sich m.E. darüber Gedanken
machen, wer über andere Gesellschaftsformationen nachdenkt.

Ja, durch die bürgerlich-positivistische Brille der systematischen
Soziologie _musst_ du zu dem Schluss kommen.

Ich habe zahllose Beispiele gebracht, wo ich es als hilfreiches
Konzept nehmen kann, um etwas zu verstehen. D.h. um Dynamiken
innerhalb von Sozialsystemen begreifen zu können. Wenn du sagst, dass
das die bürgerlich-positivistische Brille ist, was ist die kritische?

Mit der Freien Software habe ich sogar innerhalb dieses, von dir und
mir gerne als Keimform bezeichneten Systems Dinge besser verstanden.
Entweder es gibt hier *in der nicht-bürgerlichen Wirklichkeit* etwas,
wo zumindest diese These des Gruppenstandpunkts eine ist, die mir
hilft etwas zu verstehen. Oder die Keimform ist an dieser Stelle eben
keine Keimform. Dann wäre zu klären, was ihr fehlt.

Ich finde jedenfalls, dass du es dir da deutlich zu einfach machst und
ich möchte dich gerne auffordern, eine leistungsfähige, konstruktive
Alternative zu liefern. Darauf bin ich wirklich gespannt.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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