Re: [ox] Fw: Fahrrad und Marktwirtschaft
- From: cr iac-research.ch (Christoph Reuss)
- Date: Tue, 9 Jul 2002 00:16:09 +0200
Schade, der Artikel konzentriert sich so stark auf den Vandalismus, und
tut so, als ob dieser in der Marktwirtschaft ein inhärenter Teil des Gratis-
Fahrradverleihs sei -- dabei vergisst er, dass es ja nur am "falschen"
Pfand lag (mit dem Ausweis-Pfand traut sich keiner zu Vandalismus).
Interessante Idee aber zur Motivation der Vandalen/Klauer:
Dass die Funktionäre der kapitalistischen Organisationsform da nichts
anderes sind als die Marodeure der Fahrräder, will ihm absolut nicht
auffallen. Im Gegenteil: Die mutwillige Zerstörung öffentlichen Guts und
das Bekenntnis dazu ist Grundlage seiner irren Argumentation. Dass gerade
die individuellen Eigentumsverhältnisse an PKWs das Leben erschweren
(Lärm, Gestank, verparkte Flächen, Schadstoffe, Unfälle etc.), an sowas
denken die Spudichs nicht. Hauptsache es rechnet sich für Auto- und
Ölfirmen. ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
^^^^^^^^
...
Ausserdem, so Spudich, "verdirbt die Injektion von Gratisrädern das
bisherige Marktverhalten: Wer will schon Räder kaufen, wenn es sie
gratis gibt?" ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^
Wer weiss, vielleicht wurden die Marodeure ja angeheuert von den
Wiener Autohändlern, Tankwarten und Fahrradhändlern...
Man könnte das System etwa auf Autos ausweiten. Man stelle sich nur vor,
wie schön Wien wäre, würde es nur die tatsächlich benötigten Fahrzeuge
geben, was meint, dass ein Großteil der Stehzeuge wegfallen würde.
Unvorstellbar? Natürlich, im Kapitalismus ist vieles unvorstellbar
Falsch -- auch das gibt's prinzipiell schon: www.mobility.ch
----
Was zum Lösungsvorschlag "Sättigung der Fahrrad-Dichte" noch zu klären wäre:
- Problem des örtlichen "wegdiffundierens" (auch international) --> schnell
lokale Untersättigung.
- Untersättigung könnte auch bald durch Vandalismus/Klau eintreten.
- Verschiedene Qualitäten der vorhandenen Fahrräder (wer entscheidet, wer
die besseren/schlechteren Fahrräder nutzen darf?)
- Die meisten nun in den Kellern gelagerten Fahrräder sind in nicht
fahrbereitem Zustand (deshalb "eingemottet") -- die Herrichtung würde
Millionen kosten...
- Es gibt zwar genug Fahrräder für Alle, aber wie liesse sich diese
"Sättigungs-Lösung" auf seltenere/teurere/umweltzerstörerischere
Gebrauchsgegenstände verallgemeinern? (Und wäre es überhaupt
wünschenswert bzw. für den Planet verkraftbar, dass die Gesellschaft
mit allem möglichen Zeug "gesättigt" wird? Knappheit und Verknappung
kann auch ökologisch sinnvoll sein, z.B. dass sich nicht jeder ein
30L/100km-Auto mit Klimaanlage [schöne planetare Doppelbedeutung!]
leisten kann...)
Da trifft man dann unweigerlich auf das [ox]-"Kernproblem"
(HW-Ressourcen sind sehr endlich, im Gegensatz zu SW-Ressourcen)...
Grüsse,
Christoph
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de