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Re: [ox] Re: Doppelt Freie Software



Hi ThomasB et al,

Thomas Berker wrote:

Ich führe mal den Begriff der Doppelt Freien Software ein um sie von
der kommerziellen / im Auftrag erstellten Freien Software abzugrenzen.

Die Idee finde ich gut, den Begriff aber noch nicht, weil das "doppelt freie" keine Eigenschaft der Software wie das "einfach freie" (Copyleft) ist, sondern eine des Produktionsprozesses: man sieht der FS nicht an, wie sie hergestellt wurde (jedenfalls nicht generell)

Es gaebe noch eine andere Sicht auf den Zusammenhang zwischen "Werk" (hier also das Stueck Software), Produktion und Konsumption (der Gebrauch) in der "doppelt freien" Software. Demnach waere die Grenze zwischen allen drei Bereichen schwaecher, das "Werk" dynamischer (nie so richtig fertig und stets anpass- und veraenderbar), die Konsumption und die Produktion enger miteinander verkoppelt. Das ist die Folge aus Prinzipien, wie "release early, relaese often" und der damit zusammenhaengenden kontinuierlichen "Peer Review" ebenso wie aus dem eigenen Bedarf fuer das Produkt ("developer's personal itch"). Und nicht zuletzt sind offene Quellen natuerlich die Einladung, das Produkt weiterzuproduzieren.

Dies fuehrt mich zu einer These, die vielleicht sogar zu einer Aufhebung der zwei von euch genannten Freiheiten fuehrt. Freie Software waere dann nur noch "einfach" frei.
These:
Die _tendenzielle_ Aufhebung zwischen Produktion und Konsumption enthaelt Freiheit/Befreiung. Diese These setzt allerdings zweierlei voraus:


Das ich anders: Es ist kein Automatismus.

a) auf der User-Ebene (Konsumption)
dass wir akzeptieren, dass strukturelle Zwaenge in Produkte eingeschrieben werden koennen. Beispiel: Klagen darueber, dass Microsoft Office mich _zwingt_, dies und jenes zu tun. Wenn ich das Produkt ko-produzieren kann (dank offener Quellen z.B.), dann kann ich mich von den Zwaengen befreien.
b) auf der Produzentenebene (Produktion)
dass wir anerkennen, dass Produktion, die sich nach anderen Interessen als denen der Produzierenden ausrichtet, tendenziell zwangshaltig ist. "Interessen" ist hier in seinem weitesten Sinn gebraucht, materiell, aber von mir aus auch immateriell, das ist diskutabel. Wichtiger ist in dem Zusammenhang hier, dass die Gefahr einer derartigen "Entfremdung" minimiert ist je niedriger die Barriere zwischen Produktion und Konsumption ist.

Dem Produkt, also der Software sieht man diese einfache Freiheit dann halt doch an, entweder es kommt als geschlossene Blackbox, also als fertiges Produkt oder es laesst die Box offen und legt die Quellen bei.


Hm, das setzt aber die "Wertfreiheit bzw. "Zeitfreiheit" nicht notwendig voraus. Das geht auch mit "einfach freier Software (im alten Sinne)". Mehr noch: Das Absenken der Barriere zwischen Produktion und Konsum bedeutet IMHO nicht automatisch eine Minimierung der Entfremdung, wenn der dahinterstehende Zweck ein dritter ist: Geld zu machen. Dann sind bestimmte Bedürfnisse - in Produktion und Konsum - eben schlicht nicht realisierbar, weil sie nicht der Rationalität der Warenproduktion unterliegen.

Ciao,
Stefan

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