Message 04800 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT04384 Message: 48/82 L12 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Re: Doppelt Freie Software



Hi ThomasB, StefanMz, Liste!

Last week (12 days ago) Thomas Berker wrote:
ich finde diese Sortierung auch relevant, werde aber versuchen im Folgenden
wieder alles in einen (anderen) Topf zu werfen, tschuldigung.

Nur wenn alles ordentlich durchgequirlt und dann wieder auseinander-
und zusammengepuzzlet wird, kommt das richtige Bild raus ;-) .

Jetzt in Stefans Antwort weiter.

Last week (7 days ago) Stefan Meretz wrote:
Thomas Berker wrote:
Es gaebe noch eine andere Sicht auf den Zusammenhang zwischen "Werk"
(hier also das Stueck Software), Produktion und Konsumption (der
Gebrauch) in der "doppelt freien" Software. Demnach waere die Grenze
zwischen allen drei Bereichen schwaecher, das "Werk" dynamischer (nie so
richtig fertig und stets anpass- und veraenderbar), die Konsumption und
die Produktion enger miteinander verkoppelt.

Diesen Trend kannst du seit Beginn der Industrialisierung beobachten.
Er hängt überaus eng mit den verfügbaren Produktionsmitteln zusammen,
die eben im Laufe der Zeit auch immer mehr (technische) Freiheitsgrade
bekommen haben und damit einerseits mehr Freiheitsgrade bei der
Produktgestaltung erlauben (incl. Individualisierung) und andererseits
durch Abfordern von Kreativität bei den mit ihnen Schaffenden mehr
Selbstentfaltung ermöglichen.

Dieser historische Megatrend wird aber in der Tat erst...

Das ist die Folge aus
Prinzipien, wie "release early, relaese often" und der damit
zusammenhaengenden kontinuierlichen "Peer Review" ebenso wie aus dem
eigenen Bedarf fuer das Produkt ("developer's personal itch"). Und nicht
zuletzt sind offene Quellen natuerlich die Einladung, das Produkt
weiterzuproduzieren.

...durch das in Freier Software verwirklichte Produktivkraftmodell
wirklich auf den Punkt gebracht. In der Tat scheint es sich auch mir
um eine ganz andere Art der Produktion zu handeln, wenn das
eigentliche Produkt so ungeheuer flüssig ist wie (nicht nur) bei
Software an der Tagesordnung.

Dies fuehrt mich zu einer These, die vielleicht sogar zu einer Aufhebung
der zwei von euch genannten Freiheiten fuehrt. Freie Software waere dann
nur noch "einfach" frei.
These:
Die _tendenzielle_ Aufhebung zwischen Produktion und Konsumption
enthaelt Freiheit/Befreiung. Diese These setzt allerdings zweierlei voraus:

Das ich anders: Es ist kein Automatismus.

Richtiger wäre vielleicht, daß die tendenzielle Aufhebung der Trennung
zwischen Produktion und Konsumtion das in ein Produkt eingeschriebene
Freiheitspotential erhöht.

a) auf der User-Ebene (Konsumption)
dass wir akzeptieren, dass strukturelle Zwaenge in Produkte
eingeschrieben werden koennen.

Was wohl seit der Debatte um künstlich unhaltbar gemachte Produkte
keineR mehr bestreiten wird.

Beispiel: Klagen darueber, dass Microsoft
Office mich _zwingt_, dies und jenes zu tun. Wenn ich das Produkt
ko-produzieren kann (dank offener Quellen z.B.), dann kann ich mich von
den Zwaengen befreien.

Soweit das im Rahmen der stofflichen Möglichkeiten überhaupt geht. Die
Quadratur des Kreises geht auch in Freier Software nicht.

b) auf der Produzentenebene (Produktion)
dass wir anerkennen, dass Produktion, die sich nach anderen Interessen
als denen der Produzierenden ausrichtet, tendenziell zwangshaltig ist.
"Interessen" ist hier in seinem weitesten Sinn gebraucht, materiell,
aber von mir aus auch immateriell, das ist diskutabel.

Muß sie wohl sein. Da produktives Handeln Anstrengung bedeutet, der
Mensch zunächst mal ein Anstrengung minimierendes Wesen ist, muß
mensch ein Interesse daran haben, produktiv zu handeln. Wenn kein
inneres Interesse vorliegt, bleibt wohl nur noch der (direkte oder
strukturelle) Zwang.

Wichtiger ist in
dem Zusammenhang hier, dass die Gefahr einer derartigen "Entfremdung"
minimiert ist je niedriger die Barriere zwischen Produktion und
Konsumption ist.

Dem Produkt, also der Software sieht man diese einfache Freiheit dann
halt doch an, entweder es kommt als geschlossene Blackbox, also als
fertiges Produkt oder es laesst die Box offen und legt die Quellen bei.

Hm, das setzt aber die "Wertfreiheit bzw. "Zeitfreiheit" nicht notwendig
voraus. Das geht auch mit "einfach freier Software (im alten Sinne)".
Mehr noch: Das Absenken der Barriere zwischen Produktion und Konsum
bedeutet IMHO nicht automatisch eine Minimierung der Entfremdung, wenn
der dahinterstehende Zweck ein dritter ist: Geld zu machen. Dann sind
bestimmte Bedürfnisse - in Produktion und Konsum - eben schlicht nicht
realisierbar, weil sie nicht der Rationalität der Warenproduktion
unterliegen.

Hier würde ich Stefan zustimmen. Du kannst die Trennung zwischen
Konsumtion und Produktion soweit aufheben wie du willst: Unter
Geldbedingungen werden dennoch nur die zahlungskräftigen
Konsumtionswünsche erfüllt werden.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT04384 Message: 48/82 L12 [In index]
Message 04800 [Homepage] [Navigation]