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Re: Re(2): [ox] WOS2 -- Wohlstand



Hallo Dirk, hallo alle,

Die Ökonomie bzw. die vermutlich damit gemeinten Damen und Herren 
Wirtschaftswissenschaftler "blöken" eher selten, in der Regel versuchen sie 
ihre Erkenntnisse,die immer nur Einzelerkenntnisse anhand von z.B. 
statistischen Daten sind, die sie dann auf einen erweiterten, komplexeren 
Rahmen zu übertragen versuchen, doch in einer logischen Argumentationskette 
aufbauen und als Ratschlag an die in dieser, hier vielfach kritiserten 
Gesellschaftsform, herrschenden Unternehmen als mögliche und sinnvolle 
Handlungsalternativen weiterzugeben. Wohl aber ist auch den Ökonomen (so auch 
mir) das Poppersche Schwanensyndrom durchaus ein Begriff, wobei dies ja nicht 
nur die BWL/VWL trifft, sondern nahezu ALLE Geisteswisschenschaften.

Eine qualitative Ökonomik würde dagegen dem Grund dieser "universellen
Knappheit" auf die Schliche kommen wollen. Sie würde sich die
Produktion anschauen, die Organisation etc.

Ich weiss zwar nicht,was ich denn eigentlich im Fach Technologiemanagement 
/Industriebetriebslehre Anderes gelernt habe als genau dies, und Organisation 
ist eines der sich am schnellsten an bestehende Veränderungen der Umwelt 
anpassende Richtung der BWL. In beiden Fächern schreibe ich in einem Monat 
meine Diplomklausuren, falls ich da noch Gedanken zugereicht bekommen könnte, 
die nicht mal den hiesigen Vertreter dieser Disziplinen bekannt sind, wäre 
ich sehr dankbar.

Das ist schon alles richtig beschrieben, wie Du das hier 
wiedergegeben hast: Die Ökonomen kommen zu 
Einzelerkenntnissen aufgrund von statistischen Daten und die 
BWLer versuchen daraus dann Handlungsanweisungen an die 
Unternehmen abzuleiten  - mitunter auch natürlich an den Staat, 
bezüglich Rahmengesetzgebung usw. Aber irgendwie funktioniert 
das alles jeweils nur unter Ceteris Paribus Bedingungen, heißt, die 
Annahme A gilt nur wenn, B, C, D und so weiter gleich bleiben.  
Dass dies in der Realität natürlich nicht so ist, wissen auch die 
Leute, die diese ceteris paribus-Laborbedingungen nutzen. Das 
führt dann in mancher VWL-Lehrbuch-Einführung zu 
einschränkenden Zugeständnissen, nämlich dass die Lehre nicht 
den Anspruch habe, die Wirklichkeit abzubilden. Es ist insofern 
auch kein Wunder, dass - wie Du selbst schreibst - die moderne 
ökonomische Theorie immer weitere Ansätze entwickelt um dem 
Phänomen der realen Zusammenhänge näherzukommen, um 
Dinge zu erklären, die in die bestehenden Modelle nicht 
reinpassen. 

Auch wenn manche dieser neuen Ansätze teilweise wirklich ganz 
interessant sind, weil sie Aspekte der "Realität" (best. 
menschliches Verhaltens oder Institutionen), die lange Zeit schlicht 
ignoriert wurden, inzwischen auch wahrnehmen, bauen sie doch 
allesamt - soweit mir das bekannt ist - auf spezifischen Prämissen 
auf, nämlich auf jene der modernen ökonomischen Theorie. Diese 
Ansätze verstehen sich zumeist als Erweiterung oder Ergänzung 
der bestehenden herrschenden volkswirtschaftlichen Theorie. Zwei 
dieser Prämissen, die der Theorie vorgelagert sind, sind die hier 
schon erschöpfend disktutierte Knappheit der Güter und die 
Annahme des nutzenmaximierenden Individuums. Ich will jetzt an 
dieser Stelle nicht auführen, wieso beide Annahmen eigentlich erst 
(zum allergrößten Teil) die Ergebnisse des ökonomischen 
Prozesses sind, nicht aber seine Voraussetzung - das stell ich 
jetzt einfach mal in den Raum. 

Worauf es mir ankommt, ist, dass diese Prämissen immer 
vorausgesetzt sind, und eure Diskussionen hier in der Liste daher 
auch immer auf verschiedenen Ebenen ablaufen. Dirk argumentiert 
bereits auf den Vorwegnahmen der Prämissen und Benni und 
Franz und soweiter greifen immerzu diese Prämissen an. 

Es gibt übrigens durchaus in der modernen ökonomischen Theorie 
einen Zweig, der auch nicht-knappe Güter (als Ausnahmefall) 
behandelt, das wurde auch hier schon genannt. Die Theorie der 
öffentlichen Güter. Die trifft auf Wissen zu, auch auf Daten (wenn 
man nun noch dazu nimmt, das die moderne ökonomische Theorie 
inzwischen auch erkannt hat, dass die Rede vom 
nutzenmaximierenden Individuum nicht einzuschränken ist auf das 
Nutzensteigern von Geld oder Gütern, gibt es doch hier sehr wohl 
eine Theorie, die die Entwicklung von Freier Software zu erklären 
vermag - vorausgesetzt man stellt die Prämissen nicht in Frage). 
Das erstaunliche dabei ist, dass diese Theorie dennoch auf die 
exakt gleichen Schlüsse kommt, wie die Property Rights Theorie, 
nämlich dass gesicherte Eigentumsrechte notwendig sind, um 
wirtschaftliche Effizienz, Innovation, usw. zu erzielen. Die Property 
Rights Theorie aber ist eine Ergänzung der neoklassischen 
Theorie, die wiederum setzt die Knappheit an Gütern voraus.... 

???????? 

Vielleicht kann mir das jemand erklären.

Liebe Grüße
Sabine
  




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