Re: Re(2): [ox] WOS2 -- Wohlstand
- From: sabine.nuss prokla.de
- Date: Sat, 3 Nov 2001 14:50:05 +0100
Hallo Dirk, hallo alle,
Die Ökonomie bzw. die vermutlich damit gemeinten Damen und Herren
Wirtschaftswissenschaftler "blöken" eher selten, in der Regel versuchen sie
ihre Erkenntnisse,die immer nur Einzelerkenntnisse anhand von z.B.
statistischen Daten sind, die sie dann auf einen erweiterten, komplexeren
Rahmen zu übertragen versuchen, doch in einer logischen Argumentationskette
aufbauen und als Ratschlag an die in dieser, hier vielfach kritiserten
Gesellschaftsform, herrschenden Unternehmen als mögliche und sinnvolle
Handlungsalternativen weiterzugeben. Wohl aber ist auch den Ökonomen (so auch
mir) das Poppersche Schwanensyndrom durchaus ein Begriff, wobei dies ja nicht
nur die BWL/VWL trifft, sondern nahezu ALLE Geisteswisschenschaften.
Eine qualitative Ökonomik würde dagegen dem Grund dieser "universellen
Knappheit" auf die Schliche kommen wollen. Sie würde sich die
Produktion anschauen, die Organisation etc.
Ich weiss zwar nicht,was ich denn eigentlich im Fach Technologiemanagement
/Industriebetriebslehre Anderes gelernt habe als genau dies, und Organisation
ist eines der sich am schnellsten an bestehende Veränderungen der Umwelt
anpassende Richtung der BWL. In beiden Fächern schreibe ich in einem Monat
meine Diplomklausuren, falls ich da noch Gedanken zugereicht bekommen könnte,
die nicht mal den hiesigen Vertreter dieser Disziplinen bekannt sind, wäre
ich sehr dankbar.
Das ist schon alles richtig beschrieben, wie Du das hier
wiedergegeben hast: Die Ökonomen kommen zu
Einzelerkenntnissen aufgrund von statistischen Daten und die
BWLer versuchen daraus dann Handlungsanweisungen an die
Unternehmen abzuleiten - mitunter auch natürlich an den Staat,
bezüglich Rahmengesetzgebung usw. Aber irgendwie funktioniert
das alles jeweils nur unter Ceteris Paribus Bedingungen, heißt, die
Annahme A gilt nur wenn, B, C, D und so weiter gleich bleiben.
Dass dies in der Realität natürlich nicht so ist, wissen auch die
Leute, die diese ceteris paribus-Laborbedingungen nutzen. Das
führt dann in mancher VWL-Lehrbuch-Einführung zu
einschränkenden Zugeständnissen, nämlich dass die Lehre nicht
den Anspruch habe, die Wirklichkeit abzubilden. Es ist insofern
auch kein Wunder, dass - wie Du selbst schreibst - die moderne
ökonomische Theorie immer weitere Ansätze entwickelt um dem
Phänomen der realen Zusammenhänge näherzukommen, um
Dinge zu erklären, die in die bestehenden Modelle nicht
reinpassen.
Auch wenn manche dieser neuen Ansätze teilweise wirklich ganz
interessant sind, weil sie Aspekte der "Realität" (best.
menschliches Verhaltens oder Institutionen), die lange Zeit schlicht
ignoriert wurden, inzwischen auch wahrnehmen, bauen sie doch
allesamt - soweit mir das bekannt ist - auf spezifischen Prämissen
auf, nämlich auf jene der modernen ökonomischen Theorie. Diese
Ansätze verstehen sich zumeist als Erweiterung oder Ergänzung
der bestehenden herrschenden volkswirtschaftlichen Theorie. Zwei
dieser Prämissen, die der Theorie vorgelagert sind, sind die hier
schon erschöpfend disktutierte Knappheit der Güter und die
Annahme des nutzenmaximierenden Individuums. Ich will jetzt an
dieser Stelle nicht auführen, wieso beide Annahmen eigentlich erst
(zum allergrößten Teil) die Ergebnisse des ökonomischen
Prozesses sind, nicht aber seine Voraussetzung - das stell ich
jetzt einfach mal in den Raum.
Worauf es mir ankommt, ist, dass diese Prämissen immer
vorausgesetzt sind, und eure Diskussionen hier in der Liste daher
auch immer auf verschiedenen Ebenen ablaufen. Dirk argumentiert
bereits auf den Vorwegnahmen der Prämissen und Benni und
Franz und soweiter greifen immerzu diese Prämissen an.
Es gibt übrigens durchaus in der modernen ökonomischen Theorie
einen Zweig, der auch nicht-knappe Güter (als Ausnahmefall)
behandelt, das wurde auch hier schon genannt. Die Theorie der
öffentlichen Güter. Die trifft auf Wissen zu, auch auf Daten (wenn
man nun noch dazu nimmt, das die moderne ökonomische Theorie
inzwischen auch erkannt hat, dass die Rede vom
nutzenmaximierenden Individuum nicht einzuschränken ist auf das
Nutzensteigern von Geld oder Gütern, gibt es doch hier sehr wohl
eine Theorie, die die Entwicklung von Freier Software zu erklären
vermag - vorausgesetzt man stellt die Prämissen nicht in Frage).
Das erstaunliche dabei ist, dass diese Theorie dennoch auf die
exakt gleichen Schlüsse kommt, wie die Property Rights Theorie,
nämlich dass gesicherte Eigentumsrechte notwendig sind, um
wirtschaftliche Effizienz, Innovation, usw. zu erzielen. Die Property
Rights Theorie aber ist eine Ergänzung der neoklassischen
Theorie, die wiederum setzt die Knappheit an Gütern voraus....
????????
Vielleicht kann mir das jemand erklären.
Liebe Grüße
Sabine
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