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Re: [ox] Zur Kritik der Freien Kooperation



Hi Benni und alle!

Jetzt werde ich wohl einzeln antworten müssen... Aber don't worry,
Montag bis Mittwoch werde ich aus beruflichen Gründen wohl kaum zu
viel kommen ;-) .

Yesterday Benni Bärmann wrote:
On Fri, Oct 05, 2001 at 11:55:47PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
Puh. Ich gehe gleich noch ausführlicher auf Stefans Mail aus diesem
Thread ein - wenn sich mein Adrenalinspiegel hoffentlich wieder ein
bißchen gesenkt hat.

... hoppla.

Darauf sollte ich vielleicht noch ein paar Takte verlieren, damit auch
das klar wird. Ich hatte mich - wie schon im meiner Eingangs-Mail
geschrieben - ziemlich geärgert. Was mich tatsächlich geärgert hat,
ist, daß so viele Leute - auch hier auf der Liste - auf Christophs
windige Konstruktionen reinfällt.

Aber offenbar ist meine Sicht auch nicht sofort nachvollziehbar - klar
eigentlich, sonst wären wohl schon andere drauf gekommen. Aber gut,
ich mag das hier gerne mit euch (weiter) explizieren, verdeutlichen
und vor allem: Etwas draus lernen.

Zu Ralf enthalte ich mich mal, weil ich dessen Bemerkungen praktisch
durchgängig unterschreiben kann. Ja, wirklich witzige Koalitionen.

Auch diese ganzen Staatssachen und so?

Da fängt die Koalition an zu bröckeln ;-) . Anyway mag ich sowieso die
Lager ja nicht und nehme hier lieber jedeN als einzelneN wahr :-) .

Und auch Kinder wissen sich - trotz der an sich asymmetrischen Lage -
durchaus zu wehren. Trotz, Nölen, Flennen, alles Einschränkungen der
Kooperationsleistung.

Ja genau: Flennen ist eine Einschränkung der Kooperationsleistung.
<polemik> Und dieser selbe Benni hat Schwierigkeiten mit "mensch" und
"-Innen"... </polemik>

Erstmal hab ich da keine Schwierigkeiten mit, ich find es nur nicht immer
und überall angemessen, das ist alles.

Ok, habe ich schlecht gewählt ;-) .

Aber ich versteh Deine Polemik
ehrlich gesagt garnicht. Was genau hat denn das eine mit dem anderen zu tun.

Mir ging's um die Begriffsbildung. Flennen zur Einschränkung von
Kooperations*leistung* ("leistung" - fällt mir jetzt erst auf)
umzudeuten halte ich wirklich für einen begrifflichen Salto mortale
mit ungünstigem Ausgang.

Sorry, ich bin zu doof um mich zu ärgern ;-)

;-)

Was soll es eigentlich bringen, die ganze Reichhaltigkeit menschlicher
Interaktion in den Begriff "Verhandlung" zu pressen? Was wird dadurch
gewonnen - außer das dann alles so prima ins Stereotyp paßt?

Na, bei der Wertkritik hast Du damit ja auch keine Probleme. Da ist auch
alles Wertverwurstung.

Nein. Da wird z.B. bei der Ware sauber rausoperiert, was Gebrauchs-
und was Tauschwert ist. Diese Begriffe werden auch sauber
unterschieden und wo es keinen Tauschwert gibt, da hat die Wertkritik
auch kein Terrain.

Andererseits hat "der Kapitalismus" nun mal totalitäre Eigenschaften
und versucht alles in "seine" Welt zu holen - d.h. Tauschwert dringt
bis in die letzten Poren vor. Dann wird auch die Wertkritik da
wichtig.

Das Menschen vielfältig interagieren ist doch klar. Schafft es die
Freie Kooperation diese Interaktion auch ohne Machtbrille - denn das
ist Verhandlung - zu sehen? Spricht die Freie Kooperation mir ab, daß
ich z.B. Dinge jenseits von Verhandlung tue - einfach weil ich sie
schlicht und für mich richtig halte - alleine aber auch in Interaktion
mit anderen?

Ich hatte schon in meiner Basiskritik die unglaubliche
Machtfixiertheit, ja geradezu Machtverliebtheit der Freien Kooperation
kritisiert.

Also ich denke halt, wir wollen ja eine Theorie der Befreiung betreiben und
da geht es nunmal um Macht und Herrschaft. Wovon willst Du Dich denn sonst
befreien?

*Das* ist mir im Verlaufe dieser Debatte klar geworden: Von Macht an
sich - zumindest tendenziell. Und wie formuliert leistet genau das die
Freie Kooperation nicht, sondern gibt nur die Erpressung als
zulässiges Machtmittel an. Aber sie hat auch kein Problem mit Gewalt,
wenn die Verhandlung nicht gewährt wird.

Eine BeFreiung kann für mich nur noch so aussehen, Macht - oder sagen
wir die Zweckmäßigkeit von Macht - an sich abzuschaffen. Nicht nur die
Anti-These Gegenmacht gegen die Macht zu setzen, sondern Macht an sich
in einer Synthese aufheben. Aber das ist vielleicht wirklich ein
relativ neuer Gedanke...

Oder warum muß alles zwanghaft Kooperation sein? Warum kann ich nicht
Zwang zu Zwang sagen, oder bürgerlicher Arbeitsvertrag zu einem
bürgerlichen Arbeitsvertrag, oder Geschäftbeziehung zu
Geschäftbeziehung oder Liebesbeziehung zu Liebesbeziehung oder
Eltern-Kind-Verhältnis zu Eltern-Kind-Verhältnis?

Kannst Du doch. Wo ist das Problem?

Warum müssen diese
vielfältigsten menschlichen Beziehungen nur als Machtspiel begriffen
werden?

Weil es, wenn ich mir die Frage stelle, wie kann ich mich befreien, darum
geht. Ich kann auch ganz andere Fragen an menschliche Beziehungen stellen,
natürlich. Im Rahmen einer emanzipatorischen Theorie muß man wohl aber auch
die Machtfrage stellen, oder?

Nein, genau die ist da nicht hilfreich - verstehe ich seit einiger
Zeit. Die Geschichte der (nicht-anarchistischen) Arbeiterbewegung mag
als umfangreiche Illustration dienen, wohin die Eroberung der Macht
bestenfalls führt.

Im Rahmen einer emanzipatorischen Theorie muß die Frage gestellt
werden, wie ich meine / Menschen ihre Beziehungen gestalten können, so
daß Macht - also die Möglichkeit etwas gegen Widerstände durchzusetzen
- (tendenziell) kontraproduktiv wird, denn nur dann schaffst du sie
*wirklich* ab und damit Unterdrückung gleich mit. Nur wenn
Machtausübung nicht mehr im Interesse der Einzelnen liegt, ist sie
obsolet.

Bis dahin befreist du dich niemals aus dem Spiel von Macht und
Gegenmacht, sondern erreichst bestenfalls einen Machtgleichgewicht, in
dem erst Verhandlung überhaupt gedeihen kann. Denn - hab ich's hier
auf der Liste gelesen? - Verhandlung ist der Modus zwischen Parteien,
die sich wegen Machtgleichgewicht nicht einfach berauben können.

Die Freie Software bzw. deren Prinzipien zeigen das m.E. gut. Die
Freie Kooperation will nur bestimmte Machtmittel regulieren, denn die
Drohung des Abhauens ist ja auch nur ein Machtmittel. Ein ohnmächtiges
halt, aber deswegen nicht weniger ein Machtmittel.

Daß da Macht *auch* drin vorkommt und je entfremdeter desto mehr will
ich nicht bestreiten. Daß sie da auch noch reingestopft werden muß,
wie die Freie Kooperation es fordert, das halte ich für
kontraproduktiv.

Wer stopft denn wo Macht rein, wo keine drin ist?

Siehe oben. Dadurch, daß Freie Kooperation die Erpressung in alle
Kooperationen reinzwingt, die das Label "Frei" banspruchen wollen -
egal, ob diese Kooperationen auch ohne Macht auskämen oder nicht.

Scheinbar reden wir völlig aneinander vorbei :-(

Wir scheinen uns immerhin anzunähern :-) . Na ja, vielleicht wird's ja
jetzt wieder ein Stück deutlicher.

Ich hab so eine dunkle Ahnung davon, was eigentlich Dein Problem ist, aber
auch nicht mehr.

Ja, wir müssen uns da wohl noch ein bißchen durchschaffen. Aber ich
denke, daß es produktiv wird bzw. schon ist.

Irgendwie bin ich verwirrt.

Wenigstens kriege ich meine Kritik immer klarer :-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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