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Re: [ox] Der wilde Dschungel der Kooperation



Hi nochmal!

Hierzu wollte ich eigentlich noch ein Zitat bringen. War mir gestern
Abend dann doch entfallen.

Yesterday Stefan Merten wrote:
2 days ago Stefan Meretz wrote:
Denn die Bedingungen sind es, die mir Entfaltung
ermöglichen oder nicht. Welche Ausstiegssicherheit brauche ich, um
Vertrauen in die Stabilität der Kooperation zu gewinnen? Denn nur die
Kooperation, die ich ohne Beschädigung verlassen kann, will ich
erhalten.

Nochmal ein konkretes Beispiel: Ich hänge mich in diesen Laden hier
ziemlich rein. Ich will nicht mal überschlagen, wieviele Stunden ich
in dieses Projekt schon "investiert" habe. Ja genau: "investiert" ist
schon die falsche Sprechweise, weil es sich eben gerade *nicht* um
eine Investition handelt, von der ich mir eine Rendite erwarte. Auch
wenn ich die natürlich durch euch alle so etwas wie eine
Erkenntnisrendite kriege, so ist das aber weder etwas, was a priori zu
erwarten war, noch etwas *weswegen* ich das hier mache. Ich mache es,
weil es *für mich* wichtig ist. Weil es mir was bringt - nix sonst -
kein Deal.

Und genau diese selbstentfalterische Dynamik ist es, die Christoph
strukturell nicht kapiert.

S. 63:
Wir können uns das an der "statistischen" Betrachtung von
revolutionären Prozessen klarmachen. Um eine gegebene Gesellschaft
revolutionär zu verändern, müssen die Einzelnen in Wort und Tat mit
den herrschenden Regeln brechen, worauf sie mit Nachteilen und
Repression zu rechnen haben, ihre Situation also schlechter wird.
Nur im Fall einer erfolgreichen Revolution würde sich ihre Situation
(alles im Rahmen dieses Idealmodells) bessern. Einzelne oder eine
kleine Anzahl von Menschen können diese Veränderung nicht bewirken,
nur eine große Anzahl. Die Einzelnen können sich, weil die
herrschenden Regeln nun mal die herrschenden sind, nicht ohne
Nachteile und Repression darüber verständigen oder absprechen; sie
haben keine andere Kommunikation als die, dass einige für andere
sichtbar die Regeln in Wort und Tat übertreten, und andere sich
entscheiden können mitzutun oder nicht. Wenn schon sehr viele
teilnehmen, wird die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs höher, und das
Risiko selbst teilzunehmen wird geringer; wenn nur sehr wenige
teilnehmen, ist der Erfolg unwahrscheinlich, und das Risiko, wenn
man sich selbst anschließt, ist sehr hoch. Das müssen auch die in
Betracht ziehen, die die Ziele der Revolutionäre teilen; denn ein
Umsturzversuch, an dem viele teilnehmen, der aber gerade noch
scheitert, verbaut auf lange Zeit die Möglichkeit eines Erfolgs. Da
sich nicht alle absprechen können, wird es zu Beginn immer nur
Einige oder eine geringe Anzahl von Menschen geben, die sich
auflehnen. Rein statistisch betrachtet sind Revolutionen daher
unmöglich aufgrund der Größe der gesellschaftlichen Kooperation.
Auch wenn 90 Prozent einen Sturz des Regimes wünschen, und bereits
40 Prozent die Macht dazu hätten, werden sie niemals den Punkt zu
Beginn des Aufstands überwinden, wo das "Einsteigen" ein
unverhältnismäßig großes Risiko darstellt. Wie wir wissen, finden
Revolutionen trotzdem statt.

Ja, und zwar, nicht weil...

Dies ist möglich, weil die Gesellschaft
keine Ansammlung von monadischen Individuen ist, sondern ein
Geflecht von Kooperationen, die ihrerseits größere Kooperationen
bilden. Schon wenige Großkooperationen können reichen, dicht an die
"ausreichenden" 40 Prozent zu kommen; schon eine Anzahl von
kleineren Kooperationen kann ausreichen, eine "ihrer"
Großkooperationen in diesem Sinne zu beeinflussen; schon wenige
Einzelne können genug sein, um einige kleinere Kooperationen dahin
zu bringen, teilzunehmen und den Ausschlag zu geben. Der Prozess
verläuft schneller, und er vollzieht sich in "Treppenstufen". Nur
weil wir das wissen und einbeziehen, können wir uns auch zu einem
Zeitpunkt "zu Beginn" offen entscheiden und die "statistische
Unmöglichkeit" von Revolutionen überwinden.

..., sondern weil wirkliche Menschen, Menschen, die sich zu etwas
bekennen, nicht im Kosten-Nutzen-Kalkül denken und handeln, sondern
frei sind, sich selbstentfalten - im Zweifelsfall auch ohne Rücksicht
auf (eigene) Verluste. Wenn ich zwischen mich und die Welt jederzeit
das Kosten-Nutzen-Kalkül schiebe, dann trenne ich mich vom Leben.

Diese Freiheit des tun müssens, das mensch aus innerer Überzeugung,
aus innerem Antrieb tut - weitab jeder Risikoabschätzung. Diese
wirkliche Wahrnahme von Freiheit, das kann Christoph nicht denken. Bei
ihm ist alles nur als Deal denkbar, als Kosten-Nutzen-Rechnung
aufgrund von Partialinteressen.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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