Message 03634 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT03604 Message: 26/47 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Zur Kritik der Freien Kooperation



[1  <text/plain; ISO-8859-1 (quoted-printable)>]
Hallo Benni und alle,

Wenn das nur Auszüge sind, gibt es dann auch noch den Rest? 

Wenn das Buch erschienen ist.

dass von bzw. auf Ebene der Gesellschaft materielle, soziale,
kulturelle, politische etc. Bedingungen gesetzt werden, die die
Handlungsmöglichkeiten der Einzelnen weitgehend bestimmen; 

In genau diesem "weitgehend" liegt aber nunmal der Schlüssel zur 
Emanzipation. Wenn dieses "weitgehend" ein "vollkommen" wäre,  bräuchten wir 
uns darüber keine Gedanken mehr machen. FK will nichts anderes, als dieses
"weitgehend" aufzuweichen und eben gerade Handlungsmöglichkeiten schaffen.
Siehe dazu auch die Mails zur kritischen Psychologie von Stefan Mz.
 Was soll denn eine emanzipatorische Theorie machen, wenn nicht
Handlungsmöglichkeiten erweitern?"

Ja, aber nicht indem sie die Abhängigkeit der Handlungsmöglichkeiten von den 
gesellschaftlich bestimmten Bedingungen reduziert, sondern indem sie diese 
Bedingungen verändert. Und das kann alles nicht die Theorie allein, sondern 
erfordert Praxis.

(2.) dass
die Auswirkungen der Tätigkeiten und sozialen Prozesse weit über
diejenigen Subjekte hinausreichen, die an den jeweiligen
`Kooperationen' beteiligt sind, sei es über den gesellschaftlichen
Zusammenhang des Austausches der Produkte, sei es über
Systemzusammenhänge etwa finanzieller Art, sei es über ökologische
Folgen oder andere externe Effekte; 

Das bedeutet nichts anderes, als das dort verdeckte Kooperationen am Werk
sind. Diese gilt es aufzudecken und nach den Prinzipien FK zu organisieren.

Ich find es schräg, z.B. das Absaufen einer Insel aufgrund Anstiegs des 
Merresspiegels aufgrund globalen CO2-Ausstoßes als "verdeckte Kooperation" 
der CO2-freisetzenden Weltbevölkerung mit den InselbewohnerInnen zu 
betrachten und dies "nach Prinzipien der FK organisieren" zu wollen.

Natürlich gibt es abstrakte Mechanismen, die hinter dem Rücken der Subjekte 
agieren. Nur muß es doch unser Ziel sein, diese abzuschaffen, zurückzudrängen 
und wieder zu uns selbst zu kommen. Da hilft es wenig an genau diesen 
abstrakten
Mechanismen anzusetzen, sondern wir müssen da ansetzen, wo diese Mechanismen
nicht zu 100% funktionieren, wo es Brüche und Widersprüche gibt.

Es gibt m.E. keine Gesellschaft ohne "abstrakte Mechanismen".

Indem er gesellschaftliche Regeln und Normen
pauschal als Medien von Herrschaft und Unterdrückung behandelt,
verschleiert und vergibt er, was eigentlich nötig wäre, nämlich
konkret diejenigen herrschenden gesellschaftlichen Normen und
Institutionen zu kritisieren, die und insoweit sie tatsächlich unter
dem Deckmantel der Neutralität und Allgemeingültigkeit soziale
Herrschaft und Diskriminierung exekutieren und der Artikulation
sozialer Abgrenzung der Oberen von den Unteren in der Gesellschaft
dienen. Da gäbe es wahrlich reichlich zu kritisieren und zu verändern
und Diskussionsbedarf, wie dabei die Prioritäten zu setzen sind.

Das ist jetzt ulkig. Du wirfst Christoph genau das vor, was Du in Deiner
Kritik selber an mehreren Stellen machst, nämlich das er die Kritik
totalisieren würde. Der Schlüssel liegt wie immer im "fast". Es ist eben nur
_fast_ alles erzwungene Kooperation.

Ich meine aber, dass sein Begriff der "erzwungenen Kooperation" viel zu weit 
ist und alles mögliche erfasst, was zu kritisieren so global keinen Sinn 
macht.

Oder willst Du sagen, dass bestimmte Leute dann vielleicht nur Unsinn reden,
wenn sie Regeln für problematisch halten? Darf das nur die Mehrheit
entscheiden? Oder wer? Sind am Ende doch wieder einige Tiere gleicher als
andere?

Ich sage nur, dass es häufig sinnvoll und notwendig ist, dass Regeln auch 
dann beachtet werden, wenn einzelne sie für problematisch halten, weil es 
jedenfalls noch problematischer wäre, wenn es keine Regeln gäbe oder sie 
nicht beachtet würden. Mehrheitsentscheidung ist dann nicht die schlechteste 
Variante in Fällen, wo kein Konsens herstellbar ist.

in einigen Punkten geschönt ist), erhebt Spehr die Forderung:
`Entprivilegierung der formalen Arbeit'. Auf die Idee, dass es für die
Betroffenen vielleicht weitaus attraktiver sein könnte, diese
`Privilegien' auf möglichst alle Erwerbsarbeit auszudehnen, scheint er
nicht zu kommen - 

In dem Abschnitt geht es nicht nur um "Erwerbsarbeit", sondern um jede
Arbeit. Wenn jetzt aber jede Arbeit, die gesellschaftlich verrichtet wird
mit den "Privilegien" der formalen Arbeit ausgerüstet würde, fände ich das
tatsächlich eine Horrorvorstellung. "Reich mir mal bitte die Butter - Erst
musst Du den Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung abdrücken"

Mir geht es aber um die Erwerbsarbeit an dieser Stelle. Schon bisher ist 
einfach falsch, wenn Spehr schreibt, "formale Arbeit" leiste nur eine 
Minderheit. Wenn alle Zugang zu formaler Erwerbsarbeit mit allen ihren 
"Privilegien" haben, zerfällt Spehrs Kritik, dass darauf Herrschaft über 
informelle Arbeit beruht.

Viele grüße

Ralf Krämer
Fresienstr. 26
44289 Dortmund
Tel. 0231-3953843
Fax 0231-3953844
[2  <text/html; ISO-8859-1 (quoted-printable)>]

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT03604 Message: 26/47 L1 [In index]
Message 03634 [Homepage] [Navigation]