Message 02095 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT01993 Message: 43/46 L4 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Kooperation und Konkurrenz (was [ox] Unser verschwendeter Reichtum)



Hallo Franz und Liste,

On Tue, Apr 17, 2001 at 01:16:20AM [PHONE NUMBER REMOVED], Franz Maria Tabei wrote:
ich möchte da kurz eine bemerkung einschieben:
es ist jetzt einigemale von konkurrenz die rede gewesen. wir haben ja als 
einen teil unseres wahlspruches:
KOOPERATION statt KONKURRENZ

Kurze Zwischenfrage: Ist das ein Oekonux-Wir oben oder ein anderes
"wir"?

nun denke ich, müßte man zwei arten der konkurrenz auseinanderhalten. es gibt 
produktive konkurrenz und destruktive konkurrenz. 

:-) Naja, bösartig könnte man jetzt wieder mit "schaffend" und
"raffend" anfangen. Aber das heben wir uns mal für den anderen
aktuellen Thread auf.

der kapitalismus hat die 
"destruktive" konkurrenz als ein grundcharakteristikum. jeder gegen jeden. um 
den arbeitsplatz, um den kunden, ... wird von klein auf eingeübt. im 
kindergarten, in der schule. sport und gesellschaftsspiele SIND derartige 
gewöhnungswerkzeuge! 

Auf diese Meinung muss ich leider schon fast reflexartig reagieren.
Für die es nicht wissen, ich bin manchmal als Spieleerfinder tätig
und auch sonst ein grosser Zocker, so dass mich sowas persönlich
betrifft und ehrlich gesagt auch ziemlich aufregt.

Zunächst mal allgemein: Kooperation und Konkurrenz widersprechen
sich nicht, im Gegenteil sie bedingen sich. Reine Konkurrenz
existiert genausowenig wie reine Kooperation.

Konkurrenz ist nur möglich in einem kooperativ abgesteckten Rahmen.
Im Falle eines Spieles sind das die Spielregeln auf die man sich
vorher einigt im Falle des Kapitalismus sind das die staatlich
durchgesetzten Bedingungen des Marktes, die ja auch nur so lange
funktionieren, wie die Masse der Leute kooperiert, eben "mitspielt".

Für den umgekehrten Fall möchte ich mal wieder auf Christoph Spehrs
Theorie der "freien Kooperation" verweisen. Dort wird sehr genau
deutlich, dass gerade die prinzipielle Möglichkeit zur Konkurrenz
nämlich des jederzeit aussteigen Könnens, eine Bedingung der
Kooperation ist.

Das Problem ist also nicht Kooperation oder Konkurrenz an sich und
auch nicht Produktivität oder Destruktivität sondern die Modi ihrer
Aushandlung und vor allem die Tatsache, dass dieser Modus immer
verhandelbar bleibt.

Gerade beim Spielen wird jedoch so sehr deutlich, wie sonst
nirgendwo, dass die Regeln Teil der Aushandlung sind und nicht
naturgesetzmaessig vorgegeben. Gäbe es mehr Spieler, hätten wir den
Kapitalismus schon längst abgeschafft. Oder auch mit Schiller
gesagt: Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.

gerade da kann man die destruktivität dieser form von 
konkurrenz sehr schön aufzeigen. der gipfel des ganzen erschien mir - der ich 
normalerweise nicht fernsehe - das "robinsonspiel", das ich zufällig, als ich 
wo auf besuch war, im fernsehen sah. es ging um zwei teams, die auf einer 
insel wettkämpfe austrugen. in gewissen abständen gab es eine wahl, wobei die 
- vom eigenen team - gewählte person auszuscheiden hatte. eine grausliche 
angelegenheit, das war mein eindruck.

Ich bin ein grosser Fan dieser Sendungen. Allerdings noch mehr von
Big Brother. Diese Sendungen decken ziemlich schonungslos die
Funktionsweisen des postfordistischen Kapitalismus auf. Natürlich
muss man sie richtig "lesen" können. Aber das wäre wieder ein neuer
Thread und gehört vielleicht wirklich nur am Rande hier hin.

KONSTRUKTIVE konkurrenz findet man meines erachtens in der arbeitsweise bei 
der produktion und weiterentwicklung von Freier Software. da laufen 
verschiedene varianten nebeneinander her, ohne sich gegenseitig zu schaden 
oder zu bekämpfen. es hat jedes seine vorteile, die anwendenden haben ihre 
vorlieben, und solange es genügend menschen brauchen, wird die variante 
gepflegt und weiterentwickelt. wenn es sich in eine sackgasse bewegt, und 
sich niemand mehr dafür interessiert, dann wird es aufgegeben. und so können 
auch neue formen entstehen.

Hast Du jemals eine dieser Auseinandersetzungen aus der Nähe
miterlebt? Ich glaube nicht, sonst würdest Du nicht so reden. Gegen
die in der FS-Szene üblichen Glaubenskämpfe ist Dein Miele-Beispiel
ziemlich harmlos. Natürlich nach ein paar Monaten bis Jahren hat
sich der Rauch meist wieder etwas gelegt, so dass es für den
Aussenstehenden alles wie eitel Sonnenschein aussehen mag.

Wenn man Kooperation als das Gute an sich ansieht und Konkurrenz als
das Böse an sich, oder zwischen produktiver und destruktiver
Konkurrenz unterscheidet, wirkt das für mich immer wie
Blümchenutopismus. Heile Welt.

Auf die richtige Mischung zwischen Kooperation und Konkurrenz kommt
es an. Man muss anerkennen, dass es immer Interessenkonflikte geben
wird. Interessant ist, wie sie gesellschaftlich vermittelt werden.

Beide, Kooperation und Konkurrenz haben ihre destruktiven und ihre
konstruktiven Seiten. Auch im Kapitalismus gibt es ja Kooperation
und die kann durchaus auch mal destruktiv sein, zB. bei
Grossfusionen.

Grüße, Benni

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


[English translation]
Thread: oxdeT01993 Message: 43/46 L4 [In index]
Message 02095 [Homepage] [Navigation]