Re: [ox] Artikel zur Debatte um Urheberrecht
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Fri, 16 Feb 2001 00:59:20 +0100
Am Don, 15 Feb 2001, zitierte Ulrich Leicht Bernd F. Lunkewitz:
Um diese Kreativität zu fördern, soll es daher neben der
vertraglich vereinbarten Bezahlung noch einen abstrakten Anspruch
auf "angemessene" Vergütung geben(1). Ausserdem werden der Rückfall
der Verwertungsrechte nach dreissig Jahren und einige andere
einseitig die Interessen der "Kreativen" begünstigenden
Bestimmungen eingeführt(2).
Man müßte sich mal den genauen Wortlaut des Gesetzesentwurfs zu
Gemüte führen. Vermutlich ist dieser gemeint:
Vorschlag für einen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der
vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern
http://www.bmj.bund.de/ggv/ggv_i.htm
Ich habe den eben erst rausgesucht, wenn er das überhaupt ist, aber
noch nicht reingeguckt.
Die bisherige Situation ist erstmal die:
1.
Das Urheberrecht regelt genau, welche Vorgänge vergütungspflichtig
sind. Dabei handelt es sich IIRC um solche, die der Gesetzgeber für
bestimmte Zwecke auch ohne Einwilligung des Urhebers erlaubt, z.B.
Vervielfältigung für Schule und Gottesdienst, nicht aber um Fälle, in
denen der Urheber oder von diesem dazu ermächtigte ein Nutzungsrecht
erteilt hat.
2.
Eine automatisierte Begrenzung der Laufzeit eines eingeräumten
Nutzungsrechtes gibt es nicht. Es gibt lediglich Situationen, in
denen der Urheber einem Verleger ein eingeräumtes *ausschließliches*
Nutzungsrecht entziehen kann. Dies ist so im
Urheberrechtswahrnehmungsgesetz festgelegt.
Was ich aus dem gequoteten Absatz zunächst entnehme ist folgendes:
1.
Unter der "vertraglich vereinbarten Bezahlung" verstehe ich bei
Software das Geld, das im Nutzungsvertrag (Lizenz) vereinbart wurde.
Räumt dieser nur Rechte ein, ohne eine Gegenleistung zu erwähnen, ist
die "vereinbarte Bezahlung" 0,-- DEM. Dies ist z.B. bei der
Windows-EULA der Fall. Es ist zwar eine Zahlung vorausgegangen, es
werden jedoch keine weiteren Zahlungen im Nutzungsvertrag vereinbart.
Ebenso werden in der GPL keine weiteren Zahlungen für die Nutzung
oder Vervielfältigung vereinbart.
Nach bisherigem Recht hätte der Nutzer oder Weiterverbreiter freier
Software also keine Verpflichtungen gegenüber dem Urheber für Nutzung
oder Weiterverbreitung.
Wenn ich Bernd L. richtig verstanden habe, soll sich dies ändern. Daß
Software so unverknappt verfügbar und kostenlos wie Luft sein kann,
wird dann nicht mehr möglich sein.
2.
Sollte es zukünftig nicht mehr möglich sein, zeitlich unbefristete
Nutzungsverträge, wie die GPL einer ist, abzuschließen, wird es kein
Copyleft mehr geben. Eine GPL, die der Urheber nach 30 Jahren
aufheben und den Anwendern das Nutzungsrecht entziehen kann, wäre
Schwachsinn! Und ob es nach deutschem Recht möglich ist, etwas "in
die Public Domain zu geben", ist mir auch nicht klar.
Ich habe als Beispiel für die Folgen freie Software gewählt, weil
dies sehr anschaulich ist. Das soll aber nicht heißen, daß die
Auswirkungen eines solchen Urheberrechts für freie Texte oder freie
Musik weniger fatal seien.
Ob ich mit meiner Einschätzungen richtig liege, weiß ich nicht; ich
bin schließlich kein Jurist. Falls aber, so sollten wir uns mal
überlegen,
o wie man das Gesetz aufhalten kann und
o wenn das unmöglich ist, was man in der Situation hinterher noch
machen könnte.
Tschüß,
Thomas
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