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Re: [ox] Artikel zur Debatte um Urheberrecht



Am Don, 15 Feb 2001, zitierte Ulrich Leicht Bernd F. Lunkewitz:

Um diese Kreativität zu fördern, soll es daher neben der
vertraglich vereinbarten Bezahlung noch einen abstrakten Anspruch
auf "angemessene" Vergütung geben(1). Ausserdem werden der Rückfall
der Verwertungsrechte nach dreissig Jahren und einige andere
einseitig die Interessen der "Kreativen" begünstigenden
Bestimmungen eingeführt(2).

Man müßte sich mal den genauen Wortlaut des Gesetzesentwurfs zu 
Gemüte führen. Vermutlich ist dieser gemeint:
 
Vorschlag für einen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der 
vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern
http://www.bmj.bund.de/ggv/ggv_i.htm

Ich habe den eben erst rausgesucht, wenn er das überhaupt ist, aber 
noch nicht reingeguckt.

Die bisherige Situation ist erstmal die:

1.
Das Urheberrecht regelt genau, welche Vorgänge vergütungspflichtig 
sind. Dabei handelt es sich IIRC um solche, die der Gesetzgeber für 
bestimmte Zwecke auch ohne Einwilligung des Urhebers erlaubt, z.B. 
Vervielfältigung für Schule und Gottesdienst, nicht aber um Fälle, in 
denen der Urheber oder von diesem dazu ermächtigte ein Nutzungsrecht 
erteilt hat.

2.
Eine automatisierte Begrenzung der Laufzeit eines eingeräumten 
Nutzungsrechtes gibt es nicht. Es gibt lediglich Situationen, in 
denen der Urheber einem Verleger ein eingeräumtes *ausschließliches* 
Nutzungsrecht entziehen kann. Dies ist so im 
Urheberrechtswahrnehmungsgesetz festgelegt.

Was ich aus dem gequoteten Absatz zunächst entnehme ist folgendes:

1.
Unter der "vertraglich vereinbarten Bezahlung" verstehe ich bei 
Software das Geld, das im Nutzungsvertrag (Lizenz) vereinbart wurde. 
Räumt dieser nur Rechte ein, ohne eine Gegenleistung zu erwähnen, ist 
die "vereinbarte Bezahlung" 0,-- DEM. Dies ist z.B. bei der 
Windows-EULA der Fall. Es ist zwar eine Zahlung vorausgegangen, es 
werden jedoch keine weiteren Zahlungen im Nutzungsvertrag vereinbart. 
Ebenso werden in der GPL keine weiteren Zahlungen für die Nutzung 
oder Vervielfältigung vereinbart.

Nach bisherigem Recht hätte der Nutzer oder Weiterverbreiter freier 
Software also keine Verpflichtungen gegenüber dem Urheber für Nutzung 
oder Weiterverbreitung. 

Wenn ich Bernd L. richtig verstanden habe, soll sich dies ändern. Daß 
Software so unverknappt verfügbar und kostenlos wie Luft sein kann, 
wird dann nicht mehr möglich sein.

2.
Sollte es zukünftig nicht mehr möglich sein, zeitlich unbefristete 
Nutzungsverträge, wie die GPL einer ist, abzuschließen, wird es kein 
Copyleft mehr geben. Eine GPL, die der Urheber nach 30 Jahren 
aufheben und den Anwendern das Nutzungsrecht entziehen kann, wäre 
Schwachsinn! Und ob es nach deutschem Recht möglich ist, etwas "in 
die Public Domain zu geben", ist mir auch nicht klar.

Ich habe als Beispiel für die Folgen freie Software gewählt, weil 
dies sehr anschaulich ist. Das soll aber nicht heißen, daß die 
Auswirkungen eines solchen Urheberrechts für freie Texte oder freie 
Musik weniger fatal seien.

Ob ich mit meiner Einschätzungen richtig liege, weiß ich nicht; ich 
bin schließlich kein Jurist. Falls aber, so sollten wir uns mal 
überlegen,

o wie man das Gesetz aufhalten kann und

o wenn das unmöglich ist, was man in der Situation hinterher noch
  machen könnte.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#

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