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Re: [ox] Die Anwendbarkeit der Werttheorie in der Informatik



Hi,

Danke, Ralf und Uli, für Eure Erläuterungen! (Exegeten ist kein
Schimpfwort!)

RalfKrae aol.com schrieb:
 - allgemeine Arbeit

in meiner Interpretation: Arbeit, insb. Entdeckungen und Erfindungen, deren
Resultate allen mehr oder minder frei zur Nutzung zur Verfügung stehen.

 - general intellect

m.E. kein defnierter theoretischer Begriff, etwa zu übersetzen mit: das
gesellschaftlich zur Verfügung stehende Wissen.

 Nehme ich deine Beschreibung, dann ist das, was Freie Softwarehacker
 betreiben, allgemeine Arbeit. Die GPL hat sie sozusagen der
 Verwertung entzogen, in dem sie das Produkt entknappt und
 verallgemeinert.

Wenn die Freie Software gesellschaftlichen Gebrauchswert hat und der
Gesellschaft zur Verfügung steht, m.E. ja.

Das durchzieht deine Beiträge und ist IMHO falsch: FS hat _keinen_
Gebrauchswert, weil sie keinen Wert hat! Gebrauchswert und Wert ist
ein analytisches Begriffspaar, sie existieren _nie_ als
eigenständige Entitäten. FS ist nützlich, aber sie ist aus der
Verwertung faktisch draussen, weil sie unknapp ist (mal von dem
knappen Drumherum abgesehen) und damit _wertlos_, eben auch
_gebrauchswertlos_.

 Ja, sie dürfen auch Geld dafür kriegen, aber das
 ist kein Lohn, sondern Spende (Hans-Gerts Büchse?).

M.E. dürfen sie auch Lohn dafür kriegen, z.B. als angestellte Wissenschaftler
in Forschungseinrichtungen, die ihre Ergebnisse frei zur Verfügung stellen,

Frei i.S.d.FSF sind sie nicht, meistens nicht. Die Tendenz geht
sogar massiv in die andere Richtung: Die "Leistungsfähigkeit" von
Wissenschaft wird an der Menge der unfreien Produkte gemessen:
Patente, Veröffentlichungen mit Copyright, Nichtveröfflichungen als
Betriebsgeheimnis der Startup-Firma etc.

oder auch als Publizisten, die ihre Bücher verkaufen. Hauptsache, die
Resultate stehen öffentlich zur Verfügung und ihre Nutzung ist nicht durch
irgendwelche Eigentumsrechte beschränkt. Dabei reicht es m.E. bei
wissenschaftlichen Erkenntnissen aus, wenn die in Bibliotheken etc. verfügbar
sind, das Recht, sie anderweitig zu publizieren, kann meinetwegen ruhig
eingeschränkt sein.

Meinetwegen nicht - eine wichtige Differenz.

 Das bestätigt das, oder? Diese allgemeine Hackerarbeit ist reich
 aber wertlos.

Korrekter wäre wohl: Sie schafft Reichtum bzw. Gebrauchswert, aber keinen
(ökonomischen) Wert.

Korrekter wäre wohl: Sie schafft Reichtum, aber keinen
Gebrauchswert, weil sie keinen (ökonomischen) Wert schafft.
"Wertlos" ist ein Wortspiel, natürlich, aber ich benutze es sehr
gerne, um die Verknüpfung zum (ökonomischen) Wert zu zeigen:
Wertvoll sei nur das, was (Geld-)Wert hat. Das muss erstmal
durchbrochen werden...

 Freie Softwarearbeit - wenn ich mal weiter von "Arbeit" rede - ist
 also unproduktiv, wertlos und reich.

Lieber: ist unproduktiv für das Kapital (weil im allgemeinen, nicht
marxistisch informierten  Diskurs wird das sonst garantiet mißverstanden),
schafft keinen (ökonomischen) Wert, aber Reichtum bzw. Gebrauchswert.

Klaro, auch so eine Wortspielerei, die die Missverständnisse
garantieren sollen;-) (nur nicht GW s.o.)

Mal folgenden Gedanken gedacht, nun auf stoffliche Produkte bezogen:
 Wenn der der eigentlichen stofflichen Realisierung vorausgehende
 nichtstoffliche Anteil der Produktion "verwertlost" und
 "verunproduktiviert" wird - zum Beispiel in dem es als Freies
 GPL-Wissen hergestellt wird - dann steht dieser dann allen
 weltweiten stofflichen Realisierern zur Verfügung. Angenommen, das
 passiert effektiv und durchgreifend und erfolgreich, dann wird das
 Kostenniveau allein durch die stoffliche Realisierung bestimmt.
 Platt gesagt: Ein aus einer Freien Wissensproduktion hervorgehendes
 stoffliches Ding ist "wertloser" sprich "billiger" als das
 proprietär hergestellte. Wenn nun das Verhältnis von
 nichtstofflichem wertlosem Wissen und stofflichem werthaltigem Ding
 sich zu Gunsten des Letzterem verschiebt, dann gehen tendenziell
 alle proprietären Produzenten pleite. Die Kapitalverwertung entzieht
 völlig immanent ihre eigene Substanz - den Wert.

Na ja, der Kapitalverwertung immanent ist GLP ja wohl gerade nicht. Außerdem,
selbst wenn die nicht sehr realistischen Prämissen angenomen werden, würden
"nur" die Produzenten proprietärer Software dabei pleite gehen. Die
materielle Produktion und das weite Spektrum an Dienstleistungen, die nicht
einfach durch "Freies Wissen" erledigt sind, geben weiterhin hinreichend Raum
für kapitalistische Produktion als die Gesellschaft dominierende.

Nicht GLP oder NLP oder LPG: _G_P_L_ - oder ist GLP ein Freudscher
Vertipper?

Und es müssten, wenn die Prämissen annähernd realistisch sein soll, sehr viel
mehr als heute GLP-ProduzentInnen tätig sein, die wohl auch davon leben
können müssten, sonst gingen die meisten von denen lange vor den
Softwareproduzenten pleite.

Wie wahrscheinlich das Szenario ist, interessiert mich erstmal nicht
(ich halte es für wahrscheinlich, du nicht - egal). Wichtig ist:
GPL-basierte Firmen gehen nicht _eher_ pleite, sondern haben einen
Wettbewerbsvorteil nach immanenten Kriterien - das hat Graham
geschildert. Sie überleben also _länger_. Allerdings tritt dieser
Effekt erst ein, wenn die Freistellung (i.S.d. GPL etc.) des Wissens
schon sehr flächendeckend ist. Auch DESWEGEN hat das Klammern an den
proprietären Charakter des Wissens einen so zentralen Stellenwert
für die proprietären Firmen. Deswegen der Stress mit den
Softwarepatenten, die eigentlich eine Absurdität darstellen.

Also die von mir mehrfach gestellte Frage nach
der gesellschaftlichen Organisation des Entgelts für diese Tätigkeiten.

Diese (berechtigte) Frage erscheint einem ganz anderen Licht, wenn
man vom o.g. Szenario ausgeht. "Verwertungsgesellschaften" (was für
ein Wort!), deren Charakter Thomas sehr gut herausgehoben hat (kein
Vertrag zwischen Nutzer und VG etc.) sind anachronistisch. Das kann
ich nur konstatieren - ohne jetzt eine Lösung für die o.g.
berechtigte Frage habe. Es sind Fragen des _Übergangs_.

Ciao,
Stefan

-- 
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