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[ox] Autorenverguetung



Hallo, Thomas !

Du schreibst 

   Bitte dreh mir nicht das Wort im Munde um. Du interpretierst
   da Sachen in meine Äusserungen, die absolut nicht in meinem
   Sinne sind.

Das Kompliment gebe ich gern zurück. Offensichtlich verstehst Du
nicht, wovon ich geschrieben habe und willst es wahrscheinlich
auch nicht verstehen.  Du kannst natürlich gern in diesem Garten
- sprich dieser Gesellschaft - in eine beliebige Ecke gehen und
meckern "Scheiß Unkraut hier überall - wo ist die Sense".  Ob Du
so was von den Keimen merkst, die hier allgemein beschworen
werden, wage ich zu bezweifeln.  Aber in der Ecke "VG Wort"
vermutest Du, wie ich schon länger kapiert habe, keine solchen
Keime.  Deshalb das Folgende wenigstens für die anderen auf der
Liste.

Wie Thomas richtig recherchiert hat, ist VG Wort ein
rechtsfähiges Subjekt (wenn ich recht weiß, ein Verein,
jedenfalls haben sie Satzung, Vorstand und Verwaltungsrat - habe
ich nicht genau recherchiert und interessiert mich hier auch nur
nachrangig; mehr sicher unter www.vgwort.de), das einen
_öffentlichen Auftrag_ wahrnimmt, der durch einen gesetzlichen
Rahmen gegeben ist, wobei VG Wort diesen Rahmen durch einen von
Zeit zu Zeit überarbeiteten "Wahrnehmungsvertrag" ausgestaltet.
Letzterer ist kein individuelles Konstrukt, sondern wird von der
Mitgliederversammlung für _alle_ verbindlich festgelegt.  Es geht
also um ein _pauschalierendes Verfahren_, Autoren etwas für ihre
Arbeit zukommen zu lassen.  Dass dies klitzekleine Beträge sind,
von denen man nicht leben, geschweige denn eine Familie ernähren
kann, sei dahingestellt. Eben ein Keim.  Das Interessante ist die
Vergesellschaftung dieses Prozesses, auch wenn es formal
juristisch vielleicht so ist, dass VG Wort "für mich" tätig wird.
Sie _verwalten_ (nicht exklusiv!) meine geistigen Ergüsse, die
ich durch Publikation (Kriterium ist ISBN bzw. ISSN) der
Allgemeinheit zur Verfügung gestellt habe.  Also _kein_
Widerspruch zu Gemeineigentum an Wissen.  Und sie fordern von
jedem, der dieses Gemeineigentum _nutzt_, eine Nutzungsgebühr.
Eintrag in dieses und Nutzung des Gemeineigentums sind so kausal
voneinander getrennt.  Das ist auch der Punkt von   

	contribute nothing - expect something
	contribute nothing - expect nothing
	contribute something - expect nothing
	contribute something - expect something

Contribute und Expect haben eben kausal _nichts_ miteinander zu
tun und es ist sinnlos, für kap. Verhältnisse aber gleichwohl
notwendig, auf der Verwertungsschiene einen solchen Zusammenhang
zu konstruieren.

Nochmal Thomas:

   Mandrake hat zunächst, was in der Computerindustrie durchaus
   üblich ist, ein ausschließliches Nutzungsrecht (quasi
   "sämtliche Rechte") an dem Programm gegen eine einmalige
   Abfindung erworben. Danach hat Mandrake mittels eines
   rechtsgültigen Lizenzvertrages jedem einzelnen "member of the
   public" (davon gibt es ca. 6 Mrd.) ein einfaches Nutzungsrecht
   erteilt. Dabei räumt der Vertrag dem Lizenznehmer unter
   anderem das Recht ein, weitere Exemplare anzufertigen. Eine
   finanzielle Gegenleistung ist für diese Handlung NIRGENDWO IM
   VERTRAG VORGESEHEN! Damit unterscheidet sich diese Form von
   "Gemeingut" in einem wesentlichen Punkt von dem, was du weiter
   unten genauso nennst: Man muß nicht für das Wahrnehmen des
   Benutzungsrechts zahlen.

Ich kenne den Fall nur aus Deiner Beschreibung.  Und die verstehe
ich (noch immer) so: Mandrake hat in Phase 1 genau dasselbe aus
irgendwelchen privaten Gründen getan, was VG Wort macht: Sie
haben dem Autor was für seine Aufwendungen gezahlt. Und dann
haben sie, für ein kap. Unternehmen sehr generös, das Ganze der
GPL unterstellt, also zu Gemeineigentum erklärt.  Dass Du nicht
für das Wahrnehmen des Benutzungsrechts zahlen musst, hat zwei
Gründe.  Erstens ist offensichtlich auch ohne Deinen Obolus was
in Mandrakes Büchse drin, um den Autor zu bezahlen. Und zweitens
haben sie, im Gegensatz zu VG Wort, dazu keinen _öffentlichen
Auftrag_.

Thomas:

   Wessen Anspruch? Und Gegen wen?
   
Ralf Krämer:
 
   Der Anspruch professioneller UrheberInnen, die ihre Werke eben
   nicht Frei an die Welt geben, auf angemessenes Entgelt, der
   letztlich gegen alle besteht, die ihre Werke nutzen. Ich sehe
   das Problem, dass die Pauschalen auch Leute mit heranziehen,
   die sie nicht nutzen, aber das sind bisher Ausnahmen und wenn
   man das vermeiden will, muss man eben bessere Verfahren
   finden, kann sie aber nicht einfach ersatzlos streichen.

Auch die, die ihre Werke Frei weggeben, haben mE Anspruch "auf
angemessenes Entgelt", sprich Ersatz ihrer Aufwendungen.  Allerdings
nicht gegen die Nutzer, sondern gegen die Gesellschaft, der sie ihre
Werke als Gemeineigentum über_eignen_.  In einem _solchen_ Verständnis
sollte linke Argumentation (wieder) stärker den Eigentumsbegriff
besetzen.

Es ist nett, dass sich bisher ein solcher Ersatz von Aufwendungen
im Bereich FS "von selbst" ergab, weil zuerst über die
Hardwarschiene und jetzt im Internetfieber immer genug Geld "in
die Büchse" geflossen ist, so dass man öffentliche Aufforderungen
a la VG Wort nicht brauchte. Aber ich warne davor, die Krumen,
die da vom Tisch der derzeitigen Finanzspielchen (UMTS-Poker
etc.) fallen, als ewigen Springquell für Freies Leben zu
betrachten.  Es bleibt immer eine _Alimentation_ nach dem
Gutdünken der jeweiligen Alimentierer. 

Hans-Gert Gräbe

_________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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