Re: [ox] Internet und Macht
- From: Hans-Gert Graebe <graebe informatik.uni-leipzig.de>
- Date: Tue, 7 Nov 2000 17:22:31 +0100 (MET)
Stefan Merten am Sun, 05 Nov 2000 als Antwort auf Annette Schlemm
> Zuerst: Eine perfekte Welt voller harmonisch-glücklicher Menschen wirds
> wohl nicht werden.
Ich denke worauf wir uns einigen können: Eine konfliktfreie Welt wird
es nicht geben. Die wäre bestimmte auch stinklangweilig ;-) . So
gesehen ist Macht sicher nicht weg.
...
> - alle Beteiligten frei sind, die Kooperation zu verlassen, ihre
> Kooperationsleistung einzuschränken oder unter Bedingungen zu stellen,
> und dadurch Einfluss auf die Regeln der Kooperation zu nehmen;
... De facto: Ich habe Mitwirkungsrechte nur dann, wenn ich auch
was einzubringen habe. Nur wenn ich drohe zu gehen, kann ich
Einfluß nehmen.
Nee, nee, nee so kann's nicht gehen. Da steckt ja das ganze "Wer nicht
arbeitet soll auch nicht essen" des Kapitalismus in verbrämter Form
drin. Das ist das, was auch in der Selbstverwaltungsszene bekannt ist
und was ich wohl im Senfeimer schon mal angegangen bin.
Das muß offener laufen. Wer kommt, kommt, wer geht, geht. Ohne Druck
auszuüben. Diese Sorte Psychodruck ist doch voll kotzig und macht
bestimmt kein gutes Klima. Wenn ein Mensch sich entscheidet zu
Kommen/Gehen, dann weil sie das aus freien Stücken macht und nicht
weil sie ihre Leistung als Druckmittel einsetzen will.
Ich verstehe die Aufregung nicht. _Wenn_ ich was einbringe, dann hänge
ich in der Sache doch ganz anders drin als wenn ich nichts einbringe.
Dann darf ich wohl auch das Recht beanspruchen, mehr mitzureden als
andere (soll übrigens bei FS nicht anders sein). Und wenn ich sage,
ich mach das und das, dann wollen sich andere auch drauf verlassen
können (eine der wichtigen Regeln, die Raymond für FS aufgeshrieben
hat: Ich kann mich drauf verlassen, dass wichtige Projekte
weitergehen). Also ist doch selbst (Drohung mit) Ausstieg
Psychodruck.
Du schreibst an anderer Stelle
> Wenn die EntwicklerInnen die Macht haetten, waere das ja so eine Art
> Meritokratie, wo man Einfluss und Status nach Verdiensten erhaelt.
Interessanter Gedanke. So könnte es vielleicht genannt werden.
Das wird man hier mit reindenken müssen. Die Ausstiegsmöglichkeit als
_Option_, die eine intensive begleitende kommunikative
Auseinandersetzung über und WERTung der Gründe für diesen
unfreundlichen Akt (wie bei ECGS) erfordert.
Viele Grüße, Hans-Gert Gräbe
----------------------
http://www.oekonux.de/